Köln – Als die Emissäre des 1. FC Köln einst bei Familie Thielmann in Föhren an der Mosel vorsprachen, hatten sie einiges mitgebracht, um den damals 15-Jährigen von einem Wechsel zum FC zu überzeugen. Die Tradition des dreimaligen Deutschen Meisters, das Flair der Millionenstadt und natürlich eine der besten Jugendabteilungen im Land. Und ja: Sollten die Eltern ihren Sohn zu sehr vermissen, habe man sich etwas überlegt: Man werde Vater und Mutter Thielmann eine Bahncard zur Verfügung stellen; Erste Klasse, versteht sich. Die Geste kam an, auch wenn sie nicht allzu sehr beeindruckte. Denn kurz zuvor hatten schon Verantwortliche von RB Leipzig ihr Interesse hinterlegt. Und zwar keine Freifahrten mit der Deutschen Bahn angeboten. Dafür aber ein Privatflugzeug, sollte die Sehnsucht einen Besuch verlangen.
Bahncard statt Jet
Die Thielmanns entschieden sich für das Angebot aus Köln, drei Jahre und mittlerweile 20 Bundesligaspiele später erspielte sich Jan Thielmann einen Podestplatz in der Kölner Vereinsgeschichte, den er sich allerdings mit Lukas Podolski teilen muss: Beim 2:2 (2:1)-Unentschieden gegen den VfL Wolfsburg erzielte der Angreifer in der 18. Minute sein erstes Tor in der Bundesliga und war damit auf den Tag genau so alt wie Podolski bei seiner Premiere am 13. Dezember 2003 in Rostock. Allerdings war der spätere Weltmeister ein wenig später dran, er traf wie Thielmann im Alter von 18 Jahren, sechs Monaten und neun Tagen. Allerdings erst in der 34. Minute und damit 16 Minuten später als Thielmann. Jüngster Kölner Erstliga-Torschütze bleibt Pierre Littbarski, der bei seinem 1:0 gegen Fortuna Düsseldorf im September 1978 fünf Wochen jünger war als Thielmann und Podolski. Auf Rang zwei der Rangliste steht der gebürtige Bonner Klaus Kößling, dem im August 1976 gegen Eintracht Frankfurt sein einziges Tor für die FC-Profis gelang, 18 Jahre, fünf Monate und elf Tage alt war er da.
Nicht schön, aber besonders
Ein historischer Treffer also, wenn auch keine Schönheit, das fand sogar der Schütze selbst. Dennoch: „Ich habe es eben gesehen und bin sehr glücklich darüber“, sagte er. Er wird sich wohl noch ein paarmal anschauen, wie Salih Özcan auf der rechten Seite einen Sprint anzieht und nach innen passt wo sich der 18-jährige Angreifer Jan Thielmann aus Föhren an der Mosel ein wenig aus dem Deckungsschatten gestohlen hat, den Ball stoppt und in Richtung langes Eck schießt, wobei ihm sehr hilft, dass Wolfsburgs Lacroix noch abfälscht. „Ich kann das Tor ganz gut einordnen“, kommentierte Thielmann sachlich, während aus seinen Augen das Glück sprühte.
Sein Trainer war zufrieden. „Ich freue mich, dass ich mit Jungs arbeiten kann, die so einen klaren Kopf haben“, sagte Markus Gisdol, der die jüngste Kölner Mannschaft seit 53 Jahren aufgestellt hatte – und zwar, ohne es zu merken.
Historisch jung
Er habe nach Qualität aufgestellt, nicht nach Alter, bekundete Gisdol, der noch nicht auf der Welt war, als Willi Multhaup am 25. Februar 1967 zuletzt eine Mannschaft aufstellte, die jünger war als die am Samstag im Schnitt 23,3 Jahre alten Kölner.
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Zweimal hatte der FC geführt gegen eine Wolfsburger Elf, die auch nach dem zehnten Spieltag ungeschlagen ist. Köln kämpfte verbissen, es war ein spannendes Spiel, in dem Maximilian Arnold nach einer knappen halben Stunde durch einen selbst geschundenen und dann sehenswert verwandelten Freistoß der Ausgleich geglückt war. Ondrej Duda mit einem ebenfalls sehr ansehnlichen Direktschuss aus elf Metern in den Winkel hatte das 2:1 besorgt, ehe Wolfsburgs erstaunlicher Stürmer Wout Weghorst der erneute Ausgleich (47.) gelungen war. „Ich hatte zwischendurch das Gefühl, dass wir das Spiel ganz gewinnen können. In der zweiten Halbzeit hat uns der Gegner aber Schwierigkeiten bereitet mit mehr Tempo und Verlagerungen. Unter dem Strich war es ein sehr verdientes Unentschieden“, befand Gisdol.
Dudas starker Auftritt
Duda, dem am Samstag sein bislang stärkster Auftritt im Kölner Trikot gelungen war, gab sich hinterher extrem gelassen. Er sei froh über sein Tor, zumal an seinem Geburtstag. Lieber wären ihm jedoch drei Punkte gewesen, obwohl man zufrieden sein muss mit dem, was man hat: „Wenn wir heute verloren hätten, dann hätte der Sieg gegen Dortmund deutlich weniger gut geschmeckt. Ich hätte es trotzdem vorgezogen, beide Spiele zu gewinnen“, sagte der nun 26-jährige Slowake.
Für einen Sieg waren die Wolfsburger jedoch zu stark, Köln musste einen gewaltigen Aufwand betreiben, um nicht auseinandergespielt zu werden. Für präzise vorgetragene Konter fehlte da die Energie: „Wolfsburg hat mehr Ballbesitz, da machen wir viel mehr Meter. Da lassen am Ende vielleicht auch mal die Kräfte nach, um die Konter sauber auszuspielen“, kommentierte Ismail Jakobs, der mit seinen Gewaltsprints die personifizierte Kölner Kontertaktik ist.
Heldt zufrieden
Horst Heldt durfte sich vorerst bestätigt fühlen, auf personelle Konsequenzen aus der Serie von 18 Partien ohne Sieg verzichtet zu haben. Auch der Kölner Sportchef wollte nicht klagen über die verspielten Führungen. „Ich hätte die vier Punkte in acht Tagen vor dem Spiel in Dortmund unterschrieben und ein Siegel draufgemacht. Es war eine sehr gute Leistung. Wir sind froh, gegen einen so starken Gegner einen Punkt geholt zu haben.“
Die Mannschaft hat sich den Punkt verdient. Schon glücklich, wir wussten, dass es bis zur letzten Minute ein schwieriges Spiel sein wird. Sie haben individuell eine enorm hohe Qualität. Wir haben alles reingeworfen und den Punkt verdient. Das hilft uns auch in der Tabelle weiter.