Die Erlebnisse der vergangenen Monate haben den Spielern des 1. FC Köln jedes Selbstverständnis genommen. Das wieder herzustellen, sieht Schultz als seine Aufgabe an.
1. FC Köln vor DortmundTimo Schultz will seiner Mannschaft die Angst nehmen
Am vergangenen Samstag zeigte der 1. FC Köln einmal mehr, was anhaltender Misserfolg mit einer Mannschaft macht. Nach ordentlichem Start und der Führung nach einer halben Stunde hätte der FC vor eigenem Publikum eine Position der Stärke einnehmen und die Partie endgültig unter Kontrolle bringen können. Doch das Gegenteil passierte. Plötzlich wackelte die Mannschaft, an allen Enden des Spiels passierten Fehler. Marvin Schwäbe begann, Schwächen mit dem Ball am Fuß zu zeigen und sollte nicht mehr aufhören damit. Ganz vorn sprintete Linton Maina kurz nach dem Seitenwechsel allein auf das Tor zu, schloss aber überhastet mit dem linken Fuß und viel zu zentral ab, statt sich vernünftig zum Ball zu positionieren und mit rechts zu versenken.
Und dann war da noch Rasmus Carstensen, der nach Schwäbes schwachem Ball und Martels Ballverlust klären wollte, jedoch Kleindienst am kleinen Pfosten bediente, der zu überrascht war angesichts eines solchen Fehlers, um freistehend ein einfaches Tor zu erzielen. Stattdessen löffelte Kleindienst den Ball aus nächster Nähe über das Tor, doch Minuten später sollten die Heidenheimer die nächste Gelegenheit erhalten. Diesmal klärte Carstensen ohne große Not zur Ecke, was den Kölnern nur sehr kurzfristig Sicherheit gab. Denn Heidenheim hat den Standard zur Kunstform erklärt und damit für sich eine Waffe gefunden, die dem Aufsteiger zu einer bemerkenswerten Hinrunde mit 21 Punkten verholfen hat. Und auch aus jenem Eckball in der 55. Minute fiel wieder ein Tor, Beck traf zum 1:1.
Der FC hatte damit zum fünften Mal in dieser Saison eine Führung aus der Hand gegeben; von sieben Spielen, in denen Köln in der Hinrunde vorn lag, gewann die Mannschaft nur zwei. Eine schlechtere Siegquote hat nur Mainz 05 (1/5). „Gegen Heidenheim hatten wir mit dem 1:0 wieder etwas zu verlieren. Die Leichtigkeit war plötzlich weg. Erst nach dem 1:1 ist das Spiel wieder in unsere Richtung gekippt, dann hatten wir noch ein paar Halbchancen. Das ist ein Punkt, an dem die Mannschaft arbeiten muss, dabei können wir als Trainerteam ihr aber auch helfen. Vielleicht hilft da ein Spiel gegen Dortmund, in dem man auch Außenseiter ist“, sagte Trainer Timo Schultz am Donnerstag mit Blick auf den Rückrunden-Auftakt am Samstag (15.30 Uhr) gegen den BVB in Müngersdorf.
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Wenn ein Kölner Spieler in diesen Tagen einen Fehler macht, folgt in der Regel bald der nächste und nicht selten auch der übernächste. Die vergangenen Monate haben Kraft gekostet. Von der Gewissheit, die einer Mannschaft zuzutrauen wäre, die derzeit ihr fünftes Erstligajahr nacheinander absolviert, ist nichts mehr übrig. Wäre die Mannschaft ein Patient, der Arzt würde ihr wohl Ruhe verordnen. Ein Mangel an Ruhe ist einer der Faktoren, die zur Trennung von Steffen Baumgart geführt haben dürften. Der 52-Jährige hatte die totale Intensität zur Kölner Hauptwaffe erklärt; und im Positiven war Baumgart tatsächlich ein Trainer, der seine Mannschaft fliegen lassen konnte.
Doch als die Erfolge weniger wurden, schlugen die Emotionen des Trainers immer wieder auch in die andere Richtung aus. Dann erlebten die FC-Profis die dunkle Seite, etwa nach dem 0:6 in Leipzig, das Baumgart seinen Leuten nur schwer verzeihen konnte. Das Auf und Ab der Emotionen, die teils drastischen Ansprachen im Analyseraum sowie während der Trainingseinheiten auf dem Platz – offenbar war das alles zu viel für manchen FC-Profi. Schultz, der nach den Eindrücken der ersten Trainingswochen am Geißbockheim ein Mann ist, dessen Impulse nach oben wie unten gedeckelt scheinen, muss eine verunsicherte Mannschaft wieder aufbauen.
Die Teetasse in der Hand könnte dabei zum Erkennungsmerkmal des Ostfriesen werden. Wer eine volle Tasse in der Hand balanciert, muss sich einigermaßen ruhig verhalten. Die Kultur in der Mannschaft soll sich offenbar ins Kontrollierte verändern. Das mag weniger spektakulär sein, dürfte aber die Nerven aller Beteiligter schonen. „Fehler gehören zum Fußball dazu, genau wie Rückschläge und Widerstände. Es ist die Frage, wie man damit umgeht. Das ist ein Bereich, in dem wir als Mannschaft lernen müssen, und zwar schnell lernen“, erklärt Schultz. „Wir werden immer wieder Rückschläge haben und Situationen, in denen wir Fehler machen, Tore kassieren und Spiele verlieren. Oder auch mal das Gefühl haben, vom Schiedsrichter benachteiligt zu werden. Dann müssen wir lernen, mental stabil zu bleiben. Das ist etwas, woran wir arbeiten werden.“
Ein Wundermittel, das aus den Kölnern im Handumdrehen eine Siegmaschine macht, hat Schultz noch nicht entdeckt. Die Entkrampfung gegen eine Spitzenmannschaft könnte ein Faktor werden, wenngleich der Umstand, eigentlich keine Chance zu haben, nur bedingt befreiend wirken dürfte. Man werde den Gegner bei allen Schwierigkeiten nicht unterschätzen. Dortmund sei „zuallererst eine Mannschaft, die letztes Jahr beinahe Deutscher Meister geworden wäre. Vielleicht war das aber auch ein Grund, warum es in der Hinrunde nicht so gut gelaufen ist für sie. Diese Enttäuschung trägt man mit in die nächste Saison. Sie werden das aber mittlerweile abgehakt haben“, beschreibt Schultz.
Schultz sieht den Faktor Zeit auf Seiten der Kölner
Hoffnung bereiten dem Trainer die zahlreichen Gelegenheiten, die sich ihm und seiner Mannschaft noch bieten werden. „Es ist gerade erst die Hinrunde gespielt, wir haben noch 17 Spiele Zeit und sind weit davon entfernt, die Flinte ins Korn zu werfen. Die Abstände in der Tabelle sind so gering, dass eine gute Serie sofort reicht, um über den Strich zu springen.“