Das Pokalspiel am Dienstagabend gegen Kiel könnte Folgen haben, die über das Sportliche hinausgehen.
1. FC Köln vor Pokalspiel gegen KielStruber braucht die Wende und bringt Schwäbe für Urbig
Pünktlich zu Halloween stellt sich beim 1. FC Köln wieder einmal die Frage, was im Falle einer weiteren Niederlage passieren könnte. Sportlich liegen die Dinge vor dem Pokalspiel am Dienstag (20.45 Uhr) in Müngersdorf eindeutig: Scheitert der 1. FC Köln an Holstein Kiel, ist nach der zweiten Runde Schluss. Allerdings sind die Kölner nach dem schwächsten Saisonstart ihrer Zweitligageschichte und nur zwölf Punkten nach zehn Spielen in eine Situation geraten, in der es nach einer weiteren Enttäuschung grundsätzlich werden könnte.
Gerhard Struber wundert es nicht, dass es in Köln längst eine Trainerdebatte gibt. „Wir sind grundsätzlich nicht naiv – und ich schon gar nicht. Wenn du in der Welt des FC ins Verlieren kommst, wird diskutiert. Das ist normal, in der Welt des Fußballs grundsätzlich normal“, sagt der Coach.
Nach 2:7 Toren und null Punkten aus den beiden jüngsten Zweitligaspielen ist die Mannschaft vorerst im Mittelfeld der Tabelle gestrandet, allerdings dem Abstieg näher als dem Aufstieg. Eine bittere Zwischenbilanz nach einem Sommer der Hoffnung und einem verheißungsvollen Saisonstart. „Wir haben einiges zu besprechen gehabt, um die Dinge, die uns starkmachen, wieder in den Vordergrund zu bringen“, sagte Struber am Montag.
Trainer und Mannschaft haben zuletzt den Faden verloren; haben im Versuch, die Defensive zu stabilisieren, ihre Offensivkraft verloren. Beim 1:2 gegen Paderborn am Freitag fehlte der Mannschaft jede Richtung.
Er werde weiter „klar in den Inhalten“ bleiben, erklärte der Trainer. Und verblüffte ein wenig, als er einen Trend zum Guten zu skizzieren schien: „Es hat oft an den Ergebnissen gemangelt. Aber wenn man tief in die Leistungen geschaut hat, hatte man nach vielen Spielen das Gefühl, dass sich da etwas entwickelt und vieles auf einem guten Weg ist“, beschrieb der 47-Jährige – merkte dann aber offenbar selbst, dass er womöglich ein wenig an der Realität vorbeisprach. „Um nochmals für Klarheit zu sorgen: Wir sind alle nicht zufrieden. Gleichzeitig wäre es auch jetzt total falsch, Tabula Rasa zu machen und alles auf links zu drehen. Wir müssen bei den Inhalten bleiben, die uns starkgemacht haben.“
Thomas Kessler war die Unzufriedenheit noch etwas deutlicher anzumerken, als dem Trainer. „Der Fokus der Mannschaft war zu defensiv, wir haben mit dem Ball keine guten Entscheidungen getroffen“, beschrieb der Leiter Lizenz beim FC. Die Balance ist ein Leitmotiv der Kölner in dieser Spielzeit, doch weniger Balance als zuletzt war nie seit dem Abstieg. Die jüngsten Anpassungen haben der Mannschaft endgültig ihre Mitte genommen. Nichts ist mehr im Gleichgewicht, auch emotional steckte die Mannschaft zuletzt in Schwierigkeiten. „Dann spüren die Jungs eine gewisse Unsicherheit. Das Stadion kann eine Wucht für uns entwickeln, für die Jungs aber auch mal grausam sein. Es war ein Zusammenspiel aus allen Faktoren“, sagt Kessler.
Einen Totalschaden hat zumindest der Trainer noch nicht ausgemacht, er sieht nur leichte Reparaturarbeiten angezeigt: „Wir haben eine Delle, jetzt müssen wir versuchen, eine gute Politur zu finden, um die wieder auszubügeln“, sagt Struber, was angesichts der aktuellen Entwicklung eine gefährlich relativierende Metaphorik sein könnte. Ein Pokal-Aus ließe sich jedenfalls nicht mal eben wegpolieren.
Zwar räumte auch Kessler ein, dass die Mannschaft in dieser Saison mehrfach besser gespielt als gepunktet habe. Doch von diesem Thema hat Kessler offenbar genug. „In den letzten beiden Wochen haben die Ergebnisse zu den Leistungen gepasst, nur leider im negativen Trend“, stellte er lakonisch fest, während Struber ein paar Meter entfernt saß.
Die Mannschaft müsse nach den intensiven Debatten der letzten Tage ein anderes Gesicht zeigen, sagte Kessler noch. Und forderte damit die Nachfrage heraus, was denn wohl passierte, sollte es wieder nichts werden mit der nicht nur gefühlten, sondern tatsächlichen Wende zum Guten. „Das werden Sie heute von mir nicht hören“, sagte Kessler nur.
Struber baute bereits vor und empfahl, den Gegner nicht zu unterschätzen. „Es kommt ein Bundesligaverein auf uns zu, der klarer Favorit ist“, erklärte er und betonte den „Klassenunterschied: „Da steht Kiel drauf, aber es ist Bundesliga drin.“ Der Aufsteiger, nach acht Spieltagen in der ersten Liga siegloser Tabellen-17., sei allerdings zu packen. „Wenn wir uns viel zutrauen, kompakt und als Mannschaft wachsam sind, können wir überraschen.“
Struber bringt frische Gesichter
Eine umfassende Rotation kündigte der Trainer zwar nicht an, dennoch wird es Veränderungen in der Kölner Mannschaft geben. Eine teilte er am Montag auf Nachfrage mit: Marvin Schwäbe wird Jonas Urbig im Tor ersetzen. Vor der ersten Pokalrunde hatte Struber noch ausgeschlossen, Kölns entthronter Nummer eins die Pokalspiele zu überlassen, was allerdings auch daran gelegen haben dürfte, dass Schwäbe in jenen Tagen im August noch intensiv auf der Suche nach einem neuen Arbeitgeber war. Man wolle sich stabilisieren, sagte Struber vor dem damals dritten Pflichtspiel der Saison.
Ein Argument, das heute zwar mehr denn je gilt. Offenbar denkt man nach den jüngsten Resultaten jedoch vorerst weniger an den 21-jährigen Urbig, wenn man sich stabilisieren will. Struber begründete Schwäbes Rückkehr allerdings nicht mit Urbigs Leistungen. Vielmehr liege es daran, dass Schwäbe „so professionell unterwegs ist und uns im Training immer wieder zeigt, wie wichtig er für die Mannschaft ist“.
An Urbigs Qualitäten bestehe dennoch kein Zweifel. „Ich habe in meiner Zeit als Fußballtrainer schon mit sehr guten Torhütern zusammenarbeiten dürfen. Aber Jonas Urbig bringt ein Profil mit, das ich so noch nicht gesehen habe“, sagt Struber. Interessant würde sein, welche Auswirkungen ein Erfolg der Kölner am Dienstag auf die Torwarthierarchie in der Bundesliga haben würde. Schließlich ist auch Schwäbe ein Keeper, der jederzeit zu großen Abenden in der Lage ist.
Nicht beim Abschlusstraining waren am Montagnachmittag Damions Downs und Max Finkgräfe, die „kränkeln“, wie Struber beschrieb. Auch Mark Uth fehlte bei der nicht-öffentlichen Einheit im Franz-Kremer-Stadion. Sargis Adamyan hat sich beim Spiel gegen Paderborn verletzt.
Köln: Schwäbe – Thielmann, Hübers, Pauli, Pacarada – Huseinbasic, Martel – Ljubicic, Maina – Lemperle, Waldschmidt; Kiel: Weiner – Ivezic, Erras, Geschwill – Becker, Knudsen, Gigovic, Porath – Skrzybski – Machino, Pichler; Schiedsrichter: Dankert (Rostock).