AboAbonnieren

Trübes 2:1 in Braunschweig1. FC Köln krampft sich zurück an die Tabellenspitze

Lesezeit 5 Minuten
Damion Downs feiert seinen Treffer zum 2:1, die Kollegen eilen zum Gratulieren herbei.

Damion Downs feiert seinen Treffer zum 2:1, die Kollegen eilen zum Gratulieren herbei.

Beim 2:1 gegen den Vorletzten Braunschweig beweisen die Kölner erneut vor allem ihre Widerstandsfähigkeit

Die Kölner Spieler hatten nach dem Schlusspfiff in Braunschweig gleich einen Kreis gebildet und die Ansichten ihres Trainers zu hören bekommen. Gerhard Struber übernahm die Deutung des trüben Kicks lieber selbst, statt sie seinen Spielern zu überlassen. Denn die wären trotz der Freude über den 2:1 (2:1)-Sieg und die Rückkehr an die Tabellenspitze womöglich ins Grübeln geraten. Denn erneut hatte der FC einen arg verkrampften Auftritt hingelegt.

Nicht schön, aber enorm effektiv und für Zuschauer wie Gegner frustrierend – so lässt sich das Kölner Spiel dieser Tage zusammenfassen. „In der zweiten Halbzeit sind wir ziemlich geschwommen, haben das aber überlebt. Das sind Situationen, die man überstehen muss“, sagte etwa Eric Martel, Torschütze zum 1:1 und einmal mehr Kölns Bester. Damion Downs, der noch in der ersten Halbzeit den 2:1-Siegtreffer erzielt hatte, war trotz der spielerischen Armut gelassen. „Jeder wusste, dass es ein ekliges Spiel werden könnte. Es gehört dazu, so ein Spiel über die Runden zu bekommen“, befand der 20-Jährige, der nun bei acht Saisontoren steht und mit dem weiterhin verletzten Tim Lemperle gleichgezogen hat.

Auch Steffen Tigges blieb realistisch. Der Mittelstürmer, im Herbst wochenlang aus dem Kölner Kader gestrichen, erlebte am Samstag erstmals in dieser Saison den Anpfiff eines Spiels auf dem Rasen und zeigte eine Leistung, die man ihm kaum mehr zugetraut hatte. Der 25-Jährige war laufstark und durchaus spielfreudig, wenngleich auf wenig torgefährlichem Niveau.

Für Tigges persönlich war es dennoch eine gute Gelegenheit, noch einmal auf sich aufmerksam zu machen, zumal seine Aussichten auf Spielzeit mit der Ankunft des Bosniers Imad Rondic nun erneut sinken werden. „Wir waren am Ball nicht so gut, haben viele Bälle nur nach vorn geschlagen und hatten arge Probleme“, beschrieb der Stürmer, zitierte aber ebenfalls das Lob, das Gerhard Struber der Mannschaft mit auf den Weg in die Kölner Kurve gegeben hatte: „Es zeichnet uns aus, dass wir durch so eine Phase durchkommen. Wir stehen zusammen, müssen uns aber am Ball deutlich verbessern.“

Bereits in der ersten Minute war Braunschweig nach einem Standard in Führung gegangen, als Joel Schmied das Abseits aufgehoben hatte und der Ball durch den Kölner Fünfmeterraum getrudelt war, bis Braunschweigs Abwehrchef Ermin Bicakcic aus unmittelbarer Tornähe abgeschlossen hatte.

Braunschweig steht mit dem Rücken zur Wand. Wir hatten wenig Kontrolle und brauchten hier und da auch etwas Glück. Der Sieg tut unserem Selbstvertrauen gut
FC-Trainer Gerhard Struber

Die Kölner erholten sich schnell. Martel besorgte in der 13. Minute nach einer Energieleistung den Ausgleich. Eine halbe Stunde war gespielt, als Downs mit einem Linksschuss ins entfernte Toreck das Spiel endgültig drehte – und damit bereits entschied. Denn die folgenden 60 Minuten blieben vor 21.864 Zuschauern im eiskalten Eintracht-Stadion torlos.

Die Kölner freute das mehr als ihre Gastgeber. „Wir haben gezeigt, dass wir reifer sind, stabiler sind und uns auch durch einen Rückstand nicht aus der Spur bringen lassen“, kommentierte Struber, der die Schwierigkeit der Aufgabe betonte: „Braunschweig steht mit dem Rücken zur Wand. Wir hatten wenig Kontrolle und brauchten hier und da auch etwas Glück. Der Sieg tut unserem Selbstvertrauen gut.“ Selbstvertrauen und Gelassenheit im Umgang mit Rückschlägen könnte seine Mannschaft bald dringend benötigen. Am Mittwoch reist der FC zum Pokal-Viertelfinale bei Bayer 04 Leverkusen.

Fans und Spieler stimmten sich nach dem Schlusspfiff auf das Pokalduell am Mittwoch in Leverkusen ein.

Fans und Spieler stimmten sich nach dem Schlusspfiff auf das Pokalduell am Mittwoch in Leverkusen ein.

Thomas Kessler bestätigte den Eindruck einer wehrhaften Kölner Elf. „Auch wenn es spielerisch nicht das war, was wir uns vorgenommen hatten, muss ich der Mannschaft ein Kompliment machen. Sie hat brutal intensiv verteidigt. Es war ein unangenehmes Auswärtsspiel, bei dem die Vorzeichen klar waren: Wir waren zum Siegen verdammt, dann ist es immer schwierig. Die Jungs haben sich mit allem dazwischengeworfen und drei Punkte geholt. Das zählt für mich.“

Daniel Schernings Perspektive auf das Spiel war eher umgekehrt. „Ich will heute mal zwischen Leistung und Ergebnis deutlich unterscheiden“, sagte der Braunschweiger Trainer. Angesichts einer zweiten Halbzeit, in der die Braunschweiger fast 70 Prozent Ballbesitz und 8:2 Eckbälle erspielt hatten, wirkte der 41-Jährige zwar stolz. Aber durchaus ratlos. „Wir haben gegen eine Top-Mannschaft gespielt, die in den vergangenen Wochen dem Gegner nur sehr wenig gegeben und sehr Ergebnis-orientiert gespielt hat. Wenn man dann sieht, wie viele Möglichkeiten wir hatten, ist die Leistung okay. Wenn man aber sieht, wie viele Chancen wir hatten, ist das Ergebnis doch enttäuschend“, sagte der frühere Mittelstürmer.

Blick auf die Tabelle hilft über die fußballerische Armut hinweg

Die Kölner fremdelten zwar mit dem eigenen Auftreten. Doch seit dem Systemwechsel Ende Oktober hat Strubers Team von sechs Auswärtsspielen fünf gewonnen – und zwar jeweils mit einem Tor Vorsprung. Mit Glück hat diese Ausbeute dann nur wenig zu tun, wobei es nicht des ganz großen Glücks bedarf, um als Aufstiegskandidat beim Vorletzten in Braunschweig zu bestehen. Dass die Kölner dennoch aussahen, als seien sie extrem vom Glück abhängig, spricht nicht für ihre aktuelle fußballerische Qualität. Doch der Blick auf die Tabelle zeigt, dass Gerhard Struber ein Erfolgsmodell geschaffen hat, zumindest für die Zweite Liga. Denn Köln ist auch nach dem 20. Spieltag Tabellenführer.

Braunschweig: Hoffmann - Ivanov (74. Conteh), Bicakcic (82. Baas), Ehlers - Rittmüller (62. Ba), Köhler, Di Michele Sanchez - Gómez (74. Kaufmann), Tempelmann - Polter (62. Szabo), Philippe; 1. FC Köln: Schwäbe - Hübers, Schmied, Heintz - Gazibegovic (89. Thielmann), Ljubicic, Martel, Pacarada - Kainz (41. Huseinbasic, 69. Maina) - Downs (89. Schmitt), Tigges; Schiedsrichter: Erbst (Gerlingen); Tore: 1:0 Bicakcic (1.), 1:1 Martel (13.), 1:2 Downs (30.); Zuschauer: 21.864.