1. FC Köln bekennt sich zu seinem Spielsystem und will künftig nur noch für diese Art Fußball ausbilden und verpflichten.
Fußball-Konzept1. FC Köln hat kaum Geld – einheitliche Spielidee soll Problem lösen
Steffen Baumgart soll noch viele Jahre beim 1. FC Köln bleiben, jedenfalls wünscht sich das Christian Keller, der FC-Geschäftsführer und Vorgesetzte des Trainers. Sollte es jedoch eines Tages einen Wechsel geben, wird es nach Kellers Vorstellungen einen geordneten Übergang geben. Denn in Zukunft will der 1. FC Köln insgesamt unabhängiger werden von Personen und stattdessen Strukturen schaffen, in die neue Verantwortliche sich leicht einfinden können.
Das Gerüst eines fußballerisch stabilen 1. FC Köln soll eine klar bestimmte Spielidee bilden, die der 1. FC Köln im neuen Jahr niederschreiben und verbindlich im gesamten Verein etablieren will. Die Spielidee solle künftig nicht der Trainer mitbringen, sondern seitens des Vereins vorgegeben sein. Das soll den FC unter anderem davor schützen, dass wie in der Vergangenheit wechselnde Trainer jeweils den Kader nach ihren Vorstellungen umgestalten und damit neben allerlei Unruhe vor allem für finanzielle Verheerungen sorgen.
Und zwar zweimal: Bei ihrer Ankunft ebenso wie zum Zeitpunkt ihres Abschieds, wenn der nächste kommt, der mit den Spielern nichts anzufangen weiß. Nie wieder soll es passieren, dass ein neuer Trainer nach der ersten Einheit erklärt, sein Kader passe nicht zu seiner Fußballidee. Denn die Idee des Trainers, das will man künftig sicherstellen, soll sich decken mit der des 1. FC Köln.
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Die aktuelle Konstellation ist ein Glücksfall für den Verein, denn Keller sagt, er stimme zu beinahe 100 Prozent mit Baumgarts Spielidee überein. Unter Steffen Baumgart erlebten die Kölner eine herausragende erste Saison und brachten vor allem die Begeisterung zurück nach Müngersdorf. Das will Keller verstetigen. Nun gilt es, den Kölner Fußball in Worte zu fassen, um eine Erfolgsformel zu formulieren.
„Da der finanzielle Rahmen beim 1. FC Köln begrenzt ist, müssen wir uns in anderen Bereichen Wettbewerbsvorteile erarbeiten“, sagt Christian Keller: „Ein zentrales Element ist dabei eine eindeutig definierte Spielidee. Ein Beleg dafür ist die erfolgreiche vergangene Saison 2021/22, die unter anderem auf die von Steffen Baumgart eingeführte Spielidee zurückzuführen ist. Diese werden wir ab der kommenden Saison nun altersgerecht angepasst in allen FC-Teams etablieren.“
Der Verein werde vorerst nicht „im obersten Regal einkaufen können“, beschreibt der 44-Jährige: „Die Einführung und konsequente Umsetzung über alle Altersbereiche hinweg erhöht aber die Wahrscheinlichkeit, dass Spieler aus dem eigenen Nachwuchs den Sprung zur Profimannschaft schaffen.“ So soll sportlicher Erfolg auch ohne große Investitionen in die Mannschaft möglich sein.
Klare Definition der fußballerischen Prinzipien
Wichtiger als die Formation wird die Philosophie sein. Das ist in diesem Fall kein vager Begriff. Es geht um eine konkrete Anleitung, was auf dem Platz passieren soll. „Kernelement ist die Ausrichtung an klar definierten Spielprinzipien für alle vier Spielphasen. Ein Prinzip für die Spielphase gegen den Ball könnte zum Beispiel lauten: »FC-Mannschaften verteidigen hoch«. Aufbauend muss dann durch Subprinzipien klar hinterlegt sein, was das bedeutet“, erklärt Keller.
Die Niederschrift des Kölner Fußball-Codes wird keine Regalmeter am Geißbockheim füllen. Ein paar Seiten sollen genügen. Der Fußball bestehe aus vier Spielsituationen: Man hat den Ball. Der Gegner hat den Ball. Man schaltet nach Ballgewinn um. Man schaltet nach Ballverlust um. Für jede dieser Spielsituationen sollen Prinzipien formuliert werden: Wohin bewegen sich die Spieler, wohin richten sie ihren Blick? Kein Fußballer im FC-Trikot wird sich künftig rausreden können, indem er sagt, er habe nicht gewusst, was der Trainer von ihm wollte.
Vier Seiten mit den Hauptprinzipien sowie ein paar Sub-Prinzipien zu formulieren, wird keine wissenschaftliche Arbeit sein. Tatsächlich beginnt der eigentliche Aufwand erst danach: Dann müssen die einzelnen Teile der Spielidee in Übungs- und Spielformen übertragen werden, um sie vom Junioren- bis in den Profibereich zu trainieren.
Die Arbeit gerade im Nachwuchs soll weniger an Ergebnissen und dem nächsten Gegner orientiert sein. Lieber will man sicherstellen, dass ein Spieler aus der U19, der als Gast bei den Profis trainiert, seit Jahren mit den Abläufen vertraut ist. „Die Spielidee bildet auch die Grundlage für die Ausbildungsphilosophie. Durch sie wird der rote Faden für die Trainingsgestaltung im Nachwuchs vorgegeben“, beschreibt Keller: „Wenn die Jungs aus dem Nachwuchsbereich zu den Profis hochkommen und Steffen Baumgart beispielsweise hohes Ansprinten einfordert, muss im Idealfall jeder ohne zusätzliche Erläuterungen exakt wissen, was damit gemeint ist.“
Gemeinschaftlich verteidigen und attackieren
Der Kölner Fußball ist enorm laufintensiv und basiert auf einem System des gemeinschaftlichen Verteidigens und Angreifens mit einem klaren Flankenfokus. Dazu bedarf es einer Mentalität, die über den gesamten Klub etabliert werden soll. Vieles am Kölner Spiel sind taktische Momente. Es geht um Synchronität, das Erkennen allgemeingültiger Zeitpunkte, in denen der Ball zu jagen ist. Faktoren also, die zum Großteil erlernbar sind und vergleichsweise wenig mit dem zu tun haben, was gemeinhin als fußballerisches Talent gilt.
Dennoch soll vor allem in den jüngsten Altersklassen die Ausbildung am Ball weiter im Vordergrund stehen, kein Achtjähriger wird das Anlaufen im Schwarm üben, bis er den Spaß am Fußball verliert. Auch in Zukunft wird der 1. FC Köln nach Ausnahmefußballern suchen. Aber das taktische Fundament soll gestärkt werden, wenn über alle Abteilungen hinweg derselben Philosophie gefolgt wird. Keller ist optimistisch: „Es kann nicht mehr jeder machen, was er will. Aber wenn sich alle kulturell öffnen und aus vielen Einzelsilos ein großes machen, werden alle davon profitieren.“