Jens Castrop wurde mit der FC-Jugend Deutscher Meister – Am Sonntag spielt er mit dem 1. FC Nürnberg in Köln
Deutscher Meister mit dem 1. FC KölnDie Rückkehr des Kartensammlers Jens Castrop
Das mit dem Kartensammeln, das sei schon früher „extrem“ gewesen, sagte Jens Castrop neulich in einem Interview seines Klubs 1. FC Nürnberg. „Match Attax“, Fußballkarten also, habe er in seiner Kindheit gesammelt, erzählte er und musste lachen. Denn Karten sammelt er noch immer. In der vergangenen Saison war der Mittelfeldspieler der Kartenkönig der Zweiten Liga, sah elfmal Gelb und zweimal Rot. Fünf Spiele verpasste er wegen Sperren und trug damit einen guten Teil dazu bei, dass der FCN die Saison auf dem letzten Platz der Fairplay-Tabelle abschloss.
Zur neuen Saison das alte Bild: Schon am achten Spieltag hatte der 21-Jährige seine erste Gelbsperre abzusitzen, fünf Verwarnungen in sieben Partien zeigten Castrop klar auf Rekordkurs. Doch dann veränderte sich sein Spiel: In den vergangenen sechs Partien verzeichnete er nur eine weitere Karte – dafür aber zwei Tore. Am Sonntag (13.30 Uhr) gastiert er mit den Nürnbergern in Müngersdorf. Und wird gegen den 1. FC Köln eher auf Tore als auf Karten aus sein.
Überhaupt wäre es falsch, Jens Castrop auf seine Karten zu reduzieren. Im Gegenteil hat der ehemalige FC-Jugendspieler eine sagenhafte Erfolgsquote in direkten Duellen: 82 Prozent davon gewinnt der in Düsseldorf geborene Deutsch-Koreaner, damit ist er der effizienteste Zweikämpfer der Liga. Kölns erfolgreichster Verteidiger ist Dominique Heintz mit einer Erfolgsquote von 75 Prozent. Eric Martel, der wie Castrop im defensiven Mittelfeld spielt, kommt auf 49 Prozent.
Vor fünf Jahren gewann Castrop mit dem 1. FC Köln im Finale gegen Borussia Dortmund (3:2) die Deutsche Meisterschaft der B-Junioren, wurde in der 49. Minute eingewechselt. Seine damaligen Mitspieler Jan Thielmann und Marvin Obuz stehen derzeit im Kölner Profikader, auch Tim Lemperle war damals Teil der späteren Meistermannschaft, wurde aber nach der Hinrunde zur U19 befördert. Florian Wirtz dagegen nahm seine Profikarriere in Leverkusen auf. Und auch Castrop verließ Köln, wechselte im Winter 2022 für zunächst anderthalb Jahre als Leihspieler zum 1. FC Nürnberg.
Zu einem Einsatz für die Kölner Profis hatte es nicht gereicht. In Steffen Baumgarts Bundesligateam hatte sich kein Platz für den Nachwuchsmann gefunden, der zwar sowohl Rechtsverteidiger als auch im Mittelfeld spielen kann. Dem jedoch auch nachgesagt wurde, auf keiner dieser Positionen das Zeug zum Bundesligaspieler zu haben. Doch nach einem schwierigen ersten Halbjahr in Franken wurde Castrop von der Saison 22/23 an zum Stammspieler.
Die Nürnberger hatten eine Kaufoption über 450.000 Euro vereinbart und zögerten nicht, sie zu ziehen. Allerdings hatten die Kölner wiederum die Möglichkeit, diese Option gegen einen geringen Aufpreis zu kontern, um den Spieler zurückzuholen. Doch der FC verzichtete und verpflichtete stattdessen Jacob Christensen für das defensive Mittelfeld und Rasmus Carstensen als Rechtsverteidiger. Und ist nun wieder auf der Suche nach Personal für beide Positionen.
Mittlerweile wäre Castrop wohl eine gute Ergänzung für den Kölner Zweitligakader, der seit 2022 zahlreiche Leistungsträger verloren und nur wenige hinzugewonnen hat. Doch Castrop hat mittlerweile seinen Preis. Das sagt jedenfalls Joti Chatzialexiou, Sportvorstand der Nürnberger. „Bei uns klopfen Gott sei Dank gerade viele an, das ist ein gutes Zeichen dafür, dass unsere Spieler interessant sind“, sagte er unlängst bei Sky.
Auch über Castrop würden Erkundigungen eingezogen, berichtet Chatzialexiou, „weil er es sehr gut macht und sich stetig entwickelt hat. Nicht nur in den letzten Wochen, sondern seitdem er beim Club ist.“ Castrop habe Rückschläge erlebt, sei aber mittlerweile „viel seriöser im Training“ und bestätige seine Qualität auch im Wettkampf. Im November spielte er zweimal für die U-21-Nationalmannschaft des DFB. Noch hat er sich nicht entschieden, ob er seine Zukunft in der koreanischen oder in der deutschen Nationalelf sieht.
Nürnberg hofft auf Millionen-Ablöse
Ab drei Millionen Euro Ablöse wäre Nürnberg wohl zu Verhandlungen bereit, bis 2026 steht Castrop noch am Valznerweiher unter Vertrag. Bis zum Jahr 1987 waren die Nürnberger deutscher Rekordmeister, doch seit dem Abstieg im Jahr 2019 tut sich der Club schwer mit der Rückkehr ins Oberhaus. Castrops Abschied würde allerdings niemandem das Herz brechen, Chatzialexiou gibt sich realistisch: Jeder Profi wolle früher oder später in der ersten Liga spielen, und „wenn wir es nicht selbst schaffen, müssen die Jungs auch mal wechseln“, sagt der 48-Jährige. Es sei Teil des Geschäftsmodells, junge Spieler in den Profifußball zu führen und Ablösesummen zu kassieren. „Wir sind ein Ausbildungsverein, wir müssen Spieler ausbilden, um Geld zu verdienen“, sagt er. Und zitiert damit den Plan, den eigentlich auch die Kölner verfolgen wollen.