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FC bei Doublesieger BayerPokal-Duell mit „deutschem Messi“, klaren Vorzeichen und dennoch viel Spannung

Lesezeit 6 Minuten
COLOGNE, GERMANY - 3 MARCH, 2024: Florian Wirtz during The football match of Bundesliga 1. FC Koeln vs Bayer 04 Leverkusen at Rhein Energie Stadion PUBLICATIONxNOTxINxRUS Copyright: xVITALIIxKLIUIEVx

3. März 2024: Leverkusens Florian Wirtz (l.) im Duell mit Kölns Denis Huseinbasic. Damals gewann der spätere Meister Bayer 04 mit 2:0 beim späteren Absteiger FC.

Der 1. FC Köln, gerade von Bayer 04 Leverkusen in der Ewigen Tabelle der Bundesliga überholt, geht als klarer Außenseiter ins Viertelfinale.

Am Mittwochabend, im mit Spannung erwarteten direkten Duell der Nachbarn, deren Stadion nur rund 20 Kilometer Luftlinie trennen, spielen Statistiken keine oder höchstens eine untergeordnete Rolle. Beim Pokal-Viertelfinal-Duell zwischen Bayer 04 Leverkusen und dem 1. FC Köln (20.45 Uhr, ARD und Sky live) werden Emotionen im Vordergrund stehen.

Und es wird sich zeigen, ob der Doublesieger aus Leverkusen seiner eindeutigen Favoritenrolle gerecht werden kann. Oder aus Kölner Sicht: Ob der Zweitligist in der Lage sein wird, als Außenseiter der Werkself mit einem großen Kampf Paroli zu bieten, um dann womöglich die Sensation zu schaffen – und das wäre ein Sieg und der erstmalige Halbfinal-Einzug im Cup-Wettbewerb seit März 2002. Damals, als der FC erst in der Vorschlussrunde die Segel streichen musste. Nach großem Kampf und nach Verlängerung (1:3) — ausgerechnet in Leverkusen.

Doch wie es der Zufall so wollte, trat pünktlich vor dem Duell am Mittwoch ein tabellarischer Rollentausch zwischen den Nachbarn ein, den die Kölner einst noch für völlig utopisch gehalten hatten, der sich aber in den vergangenen Jahren deutlich angebahnt hatte: Bayer 04 Leverkusen hat den 1. FC Köln in der Ewigen Tabelle der Bundesliga überholt. Durch den 3:1-Sieg am Sonntagabend gegen die TSG Hoffenheim kommt der Werksklub nun auf 2486 Zähler. Damit verdrängte er den rheinischen Rivalen (2484) von Platz neun. Für eine ähnliche Punktzahl benötigte Leverkusen 1554 Bundesliga-Spiele, 210 Partien weniger als der FC (1765). Am Tausch der Plätze wird sich vorerst auch nichts ändern, da die Kölner nach dem Abstieg mal wieder in der 2. Bundesliga spielen, diese allerdings anführen und ihnen somit die direkte Bundesliga-Rückkehr gelingen könnte.

1. FC Köln: Bayer 04 in der Ewigen Bundesliga-Tabelle jetzt vor dem FC

Beim FC will man das Thema nicht zu hoch hängen. Eben auch, weil es am Mittwoch nicht relevant sei, wie Thomas Kessler, der Leiter der Kölner Lizenzspielerabteilung, zurecht anmerkte. Aber registriert hat man die Statistik dann doch. „Wir sind abgestiegen und Leverkusen ist Meister geworden. Das kann man ja nicht wegdiskutieren. Das haben wir uns selbst eingebrockt. Aber wir schauen auf unsere Themen. Da haben wir am Mittwoch ein sehr wichtiges und interessantes Spiel am Mittwoch. Und wir haben natürlich immer unsere Zweitliga-Saison im Blick. Die einzige Möglichkeit für uns, um Punkte wieder aufzuholen, ist die Rückkehr in die Bundesliga. Und daran arbeiten wir“, sagte Kessler.

Als Ur-Kölner weiß er natürlich wie fast kein Zweiter am Geißbockheim um die Rivalität – auch wenn für viele immer noch das Duell gegen die Borussia aus Mönchengladbach das einzig wahre Derby ist. Und Kessler weiß auch um die Verschiebung der Kräfteverhältnisse. Während für seinen FC der Abstieg im vergangenen Sommer nach dem erstmaligen Sündenfall im Jahr 1998 bereits der siebte in der Vereinsgeschichte war, spielt der einst in Köln eher müde belächelte Werksklub mittlerweile seit 1979 ununterbrochen in der Bundesliga.

Die Frage, ob Bayer 04 mittlerweile auch ein Traditionsverein sei, umschiffte Kessler recht elegant und lieferte dafür eine Anekdote, an die er sich auch nach über einem Vierteljahrhundert erinnert: „Bayer ist auf jeden Fall lange in der Bundesliga dabei. Als junger Kerl wurde ich mal vom Nachbarn ins Stadion nach Leverkusen mitgenommen, da er noch eine Karte übrighatte. Da war die Bay-Arena aber natürlich noch nicht so wie jetzt.“

An die Partie konnte sich Kessler allerdings genau erinnern – weil sie am 7. Februar 1998 eine ungemein kuriose und eine mit einem Skandal war. Ein aus dem Bayer-Fanblock geworfener „Snickers“-Schokoriegel hatte in der 61. Minute Werder Bremens Torhüter Oliver Reck am Hals getroffen. Der Keeper war kurz benommen. Ersatzspieler Uwe Harttgen eilte Reck zur Hilfe, fand den Riegel und hielt ihn Schiedsrichter Lutz-Michael Fröhlich als Beweis entgegen. Der erkannte Harttgen offenbar nicht, war irritiert und schickte ihn auf die Tribüne. Bayer 04 gewann mit 4:1, am Ende sah auch noch Reck völlig unbegründet die Ampelkarte, der vorher nicht einmal verwarnt worden war.

Struber über Leverkusens Wirtz: „Der deutsche Messi, der aus Köln kommt“

Ein Stück Bundesliga-Geschichte, auf das Kessler vor dem Derby kurz zurückblickte. Vor diesem waren die Ausgangsvoraussetzungen noch nie so unterschiedlich. Gerhard Struber, der Kölner Trainer, geriet am Montag gar ins Schwärmen, als er auf den amtierenden Meister und Pokalsieger angesprochen wurde. Leverkusen gehöre derzeit eben zu den „besten Teams Europas“. Der Österreicher war beim 3:1 von Bayer 04 gegen Hoffenheim vor Ort dabei und hat bleibende Eindrücke mitgenommen. „Es ist schon toll, was Xabi Alonso für Lösungen für alle Situationen parat hat. Es ist egal, ob im Angriff, bei Standardsituationen, wo auch immer“, sagte der FC-Coach. Zudem hätte jeder Bayer-Spieler Klasse und „eine eigene Story mit eigenen Qualitäten“. Florian Wirtz bezeichnete er als „deutschen Messi, der hier aus Köln kommt“ und Woche für Woche sämtlichen Gegnern Probleme bereite. Mit Überzahl und Aggressivität müsse man dem 21-Jährigen begegnen. „Er ist außergewöhnlich, aber es gilt, ihn in Überzahl zu bändigen. Wir werden alles in die Waagschale werfen, um so einen Spieler aus der Balance zu bringen. Wir haben Respekt.“

Struber zeigte sich beinahe fasziniert von dem Duell am Mittwoch. Doch trotz des großen Lobs für den Gegner will er die Partie nicht devot angehen. Im Gegenteil. Sein Plan jedenfalls: „Wir wollen aggressiv sein, frei aufspielen und wir wissen natürlich, wer da auf uns zukommt. Wir sind krasser Außenseiter, aber kommen mit der totalen Vorfreude. Wir wollen uns in das Spiel reinarbeiten und hochmotiviert angehen“, sagte der Kölner Trainer, der neben den bekannten Ausfällen auch weiterhin auf Torjäger Tim Lemperle verzichten muss und noch um den Einsatz von Florian Kainz bangt. Der Ex-Kapitän war am Samstag beim 2:1-Sieg in Braunschweig nach einem Schubser von Ermin Bicakcic unglücklich auf dem Rasen gelandet und benommen mit Verdacht auf Gehirnerschütterung ausgewechselt worden. Die zuletzt angeschlagenen Linton Maina, Denis Huseinbasic und Luca Waldschmidt wiederum dürften aber mittlerweile wieder in einem besseren Fitnesszustand sein.

Neue Rolle für den 1. FC Köln

Während Strubers Mannschaft in der 2. Bundesliga in nahezu jedes Spiel als klarer Favorit geht, ist der FC in der Bay-Arena nun der Underdog. „Das ist eine neue Rolle. Das ist das erste Mal in dieser Saison, dass wir krasser Außenseiter sind“, befand Struber, „aber wir versuchen frei von der Leber weg Fußball zu spielen. Wir wollen unangenehm sein. Dass wir die Chance haben auf die Leverkusener zu treffen und unsere Möglichkeiten zu zeigen, das ist pure Freude.“ Sollten die Kölner am Ende ebenfalls großen Grund zur Freude haben, dann hätten sie die Pokal-Sensation geschafft. Und ihnen wäre dann auch der Blick auf die Ewige Tabelle herzlich egal. Zumindest für ein paar Tage und Wochen.