Vor einer Woche erreichte den 1. FC Köln das Urteil der Fifa. Dem Verein droht eine einjährige Transfersperre. Präsident Werner Wolf äußert sich zu Ursachen und den weiteren Maßnahmen.
FC-Präsident Wolf zur Transfersperre„Wir sind gezwungen, mit verschiedenen Szenarien zu arbeiten“
Herr Wolf, der 1. FC Köln hat am vergangenen Mittwoch das Urteil der Fifa im Fall Jaka Cuber Potocnik erhalten und anschließend stundenlang geschwiegen. War der Verein im Schockzustand?
Es war klar, dass wir dazu zeitnah ein Statement herausgeben. Vorab mussten wir aber das Urteil im Detail bewerten und wesentliche Akteure im Innenverhältnis informieren. Wir wussten aber auch, dass jegliche Äußerung unsererseits von allen Beteiligten in diesem Fall gelesen wird und sie deshalb besonders abgewogen und gerichtsfest sein muss.
Wie hart trifft das Urteil den 1. FC Köln?
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Uns sind weder die Hände gebunden noch sind wir ausgeknockt. Es ist wichtig, dass wir uns fokussieren und mit dem Urteil umgehen. Das heißt: Wir wollen eine Aussetzung erreichen und arbeiten an der Berufung, um sie beim Internationalen Sportgerichtshof Cas einzureichen. Wir haben unseren Rechtsbeistand um einen weiteren Spezialisten ergänzt.
Die Nachrichten kamen vier Tage vor dem Derby gegen Gladbach. Hatten Sie Befürchtungen, dass sie Einfluss auf die Leistung der Mannschaft nehmen könnten?
Jein. In einer solchen Situation ist es extrem wichtig, dass es gelingt, alle mitzunehmen. Und das hat Christian Keller (Sport-Geschäftsführer, d. Red.) getan. Es gab Gespräche mit der Mannschaft und dem Trainer- und Betreuerstab. Zudem haben wir eine Videokonferenz mit allen weiteren Mitarbeitern am Geißbockheim abgehalten, um von Anfang an offen und transparent zu sein. Wir haben die Reihen geschlossen und drei wesentliche Fragen beantwortet: Was ist passiert? Wie gehen wir damit um? Und warum sind wir zuversichtlich? Das ist der Führung sehr gut gelungen. Die Mannschaft hat dann im Derby eine überzeugende Antwort gegeben und hätte mit ein bisschen Glück auch gewonnen.
Nach dem Urteil ist dennoch erst einmal Unsicherheit vorhanden.
Wir sind gezwungen, mit verschiedenen Szenarien zu arbeiten. Das tun wir. Die Gespräche mit den Spielern werden weitergeführt, natürlich ist das unter diesen Umständen schwieriger. Doch es gibt die Möglichkeit, dass das Urteil zumindest ausgesetzt wird. Dann können wir normal weiterarbeiten. Wenn das nicht der Fall sein sollte, haben wir einen Plan B.
Der FC hat sich sehr offensiv verteidigt. Christian Keller bezeichnete das Fifa-Urteil als „komplett absurd“, als „Farce“ und wehrte sich mit harten Worten gegen die Darstellung der Verantwortlichen von Olimpija Ljubljana. War das die Strategie des FC vor der CAS-Verhandlung?
Christian Keller, der normalerweise hochkontrolliert ist, hat unsere Position und Reaktion auf das Urteil emotional dargestellt. Wir alle im Fußball sind emotionale Menschen, und man sollte nicht alles auf die Goldwaage legen und sagen, dass da eine Strategie hinter steckt.
Wären Sie in diesem Fall lieber vorab informiert worden, oder waren Sie es sogar?
Unsere Vereinsstruktur und Gremien sind bekannt. Und die funktionieren sehr gut. Zu Interna werden wir uns allerdings nicht äußern.
Der 1. FC Köln soll den Spieler Potocnik und dessen Management bereits im Dezember 2021 kontaktiert haben. Nach den Fifa-Statuten hätten Sie zu dem Zeitpunkt jedoch gar nicht mit dem Spieler reden dürfen.
Alle Verantwortlichen sind so vorgegangen, wie es sich gehört und sehr erfahren.
Wenn aber kein Kontakt zur Seite des Spielers bestanden haben soll, verstehen Sie dann, dass Fragen aufkommen, wenn zwischen der fristlosen Kündigung des Spielers und dessen Vertragsunterschrift beim 1. FC Köln nur ein Tag liegt?
Das kann ich verstehen.
Gibt es eine Erklärung dafür?
Ja, die gibt es, aber Sie werden auch verstehen, dass wir uns dazu nicht äußern werden.
Im Januar 2022 hatte der FC keinen Geschäftsführer Sport. Wäre die Sache anders gelaufen, wenn Sie damals einen Sportchef gehabt hätten?
Nein. Der sportliche Bereich war damals mit Jörg Jakobs, Thomas Kessler und Lukas Berg gut aufgestellt und hat gut funktioniert. Das hatten auch schon die Monate nach der Trennung von Horst Heldt (der Sport-Geschäftsführer wurde am 30. Mai 2021 freigestellt) gezeigt.
Juristische Einschätzung durch Experten
Sie sagten ja schon: Niemand war hier blauäugig.
Und dabei bleibe ich.
Also hat niemand einen Fehler gemacht?
Bei solchen Management-Entscheidungen geht es um die Einschätzung, was man gewinnen kann und was es kostet, wenn man verliert. Diese Einschätzung basiert auf Wissen, das man sich auch durch Experten verschafft, die man hinzuzieht. Und das ist passiert, wir haben auch eine juristische Einschätzung vornehmen lassen.
Juristen sagen allerdings auch: Wenn sich dieses geringe Risiko dann realisiert, hat man dennoch zu hundert Prozent verloren. Sie als Gesellschafter werden am Ende die Aufgabe haben, die Verantwortlichen zu benennen.
Wir werden solche Fragen mit Sicherheit nicht öffentlich diskutieren.
Wie beurteilen Sie im Nachhinein die Chancen, die Angelegenheit vor der Verhandlung bei der Fifa zu lösen?
Es hat ja einen längeren Termin hier im Geißbockheim mit Christian Keller und den Vertretern von Olimpija Ljubljana gegeben, in dem die Forderungen vorgetragen wurden und es auch ein Gegenangebot von unserer Seite gab, das aus unserer Sicht Hand und Fuß hatte. Es war ein vernünftiges Angebot im Versuch, sich zu einigen.
Hätte Sie da nicht mit am Tisch sitzen müssen?
Nein. Das operative Geschäft ist bei unseren Geschäftsführern in guten Händen. Das ist eine Grundsatzentscheidung. Ich weiß, dass man beim 1. FC Köln noch immer von Franz Kremer träumt, der sich um alles gekümmert hat bis zur Hochzeitsfeier der Spieler. Aber diese Zeiten sind vorbei.
Wäre es nicht ein schöner Einstieg gewesen, zu erklären: Guten Tag, ich bin Werner Wolf, ich bin der Präsident des 1. FC Köln – und jetzt gehen wir schön Mittagessen und bringen die Kuh vom Eis?
Das halte ich für naiv, und ich halte es auch grundsätzlich für falsch, so zu arbeiten. Ich habe eine Geschäftsführung, der ich vertraue. Um Atmosphäre zu schaffen, kann man selbstverständlich Mitglieder des Präsidiums zu Verhandlungen dazu holen. Eine solche Initiative müsste aber immer von der Geschäftsführung ausgehen. Am Ende ist es so: Es gab sehr unterschiedliche Vorstellungen.
Die Herren sind ohne Einigung zurück nach München gefahren und haben anschließend die Klage durchgezogen.
Die Klage war zum Zeitpunkt des Gesprächs längst eingereicht. Im Nachgang zum Gespräch folgten Telefonate, an deren Ende unser Angebot für eine gütliche Einigung abgelehnt wurde.
In der ersten Instanz haben Sie verloren, es gibt aber Hoffnung, dass die Berufung positiv ausgeht. Dennoch: Werden Sie für die Zukunft ihre internen Regeln anpassen?
Wenn man aus dem Erlebten keine Lehren zieht, hat man ohnehin verloren. Wir fragen uns permanent, was wir in Zukunft besser machen können. Das ist ein fortlaufender Prozess. Wenn wir uns als Vorstand mit der Geschäftsführung treffen, liegt immer die Frage auf dem Tisch: Was können wir besser machen? Unser Trainer fragt schließlich auch nach jedem Spiel, was hätte man besser machen können. Dann gibt es Analysen, Gespräche. Im Management machen wir das genauso. Und zwar jedes Mal, wenn wir zusammensitzen.
Gibt es denn künftig neue Rote Linien, wenn es darum geht, junge Spieler zu scouten?
Die Frage haben wir für uns noch nicht abschließend beantwortet. Aber klar wird das einen Einfluss haben auf zukünftige Verhaltensweisen.