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FC-VeranstaltungDFB-Präsident Bernd Neuendorf und seine „krasse Erfahrung“

Lesezeit 3 Minuten
Podiumsdiskussion im deutschen Sport- und Olympiamuseum im Kölner Rheinauhafen; der 1. FC Köln hat zum Thema „Was folgt nach Katar“ geladen. Auf dem Podium sitzenBernd Neuendorf, Werner Wolf, Sonja Fuss, Markus Beeko und Politikwissenschaftler Jürgen Mittag (v.l.).

Bernd Neuendorf, Werner Wolf, Sonja Fuss, Markus Beeko und Politikwissenschaftler Jürgen Mittag (v.l.) im Olympiamuseum

Bei der Podiumsdiskussion zum Thema „Was folgt nach Katar?“ des 1. FC Köln im Olympiamuseum berichtet der DFB-Präsident von seinen Erfahrungen mit der Fifa.

Bernd Neuendorf hat offenbar erst verstehen müssen, an wen er da geraten war. „Ich hatte in der Vergangenheit nicht so viel mit der Fifa zu tun. Das war eine krasse Erfahrung“, sagte der DFB-Präsident am Donnerstagabend im Kölner Sport- und Olympiamuseum, als er über seine Erfahrungen mit dem Fußball-Weltverband in den Stunden vor dem Gruppenauftakt der deutschen Nationalelf gegen Japan berichtete.

Dramatische Entwicklungen vor dem Spiel gegen Japan

DFB-Kapitän Manuel Neuer hatte die sogenannte „One Love“-Binde tragen wollen, mehrere europäische Verbände hatten sich mit den Deutschen darüber abgestimmt. Doch am Morgen vor dem ersten Spiel der englischen Elf hatten Fifa-Funktionäre das Quartier der Engländer aufgesucht und „Unlimited Sanctions“ in Aussicht gestellt.

Das hatte die Europäer erschreckt. Bis dahin war auch Bernd Neuendorf davon ausgegangen, dass allenfalls eine Geldstrafe drohte. Nicht weiter definierte Sanktionen, also auch sportliche, hatte man nicht kommen sehen. „Unsere Entscheidung war, es nicht auf dem Rücken der Mannschaften auszutragen. Wir waren in Katar, um Weltmeister zu werden“, beschrieb Neuendorf auf der Veranstaltung „Was folgt nach Katar?“, die der 1. FC Köln vor 250 Zuschauern ausrichtete.

Das war mir auch eine Lehre. In Zukunft werde ich die Dinge früher klären
DFB-Präsident Bernd Neuendorf

Der neue DFB-Präsident beschrieb Abläufe, wie man sie aus Unrechtsregimen kennt: Die Fifa ließ nicht nur bis zum letzten Moment offen, was verboten war und was erlaubt. Auch Art und Umfang möglicher Strafen blieben ungeklärt. „Wir brauchen künftig eine Klarheit darüber, was geht und was nicht. Es hat keine verbindliche Aussage. Das war mir auch eine Lehre. In Zukunft werde ich die Dinge früher klären“, merkte Neuendorf selbstkritisch an.

Die deutsche Mannschaft hatte sich letztlich zur „Mund zu“-Geste entschieden und nach dem frühen Turnier-Aus auch Häme dafür einstecken müssen. Der DFB habe kein gutes Bild abgegeben, indem der Verband deutsche Interessen vertreten habe, hieß es anschließend. Dem widersprach jedoch Markus Beeko. „Wenn wir über Menschenrechte sprechen, geht es um internationale Interessen“, sagte der Generalsekretär von Amnesty International in Deutschland.

FC-Präsident Werner Wolf sieht die gesellschaftliche Verpflichtung

Überhaupt sei der kritische Blick auf Katar kein deutsches Phänomen gewesen. International etwa habe es große Zustimmung in der Frage gegeben, ob die Arbeitsmigranten zu entschädigen seien, berichtete Beeko. Das habe Amnesty in Befragungen ermittelt. „Es ist wichtig, dass es Verbände und Staaten gibt, die das Thema auf der Agenda halten“, sagte Beeko, und Neuendorf stimmte dem zu: „Es darf nicht passieren, dass die Kolonne weiterzieht und sich niemand mehr dafür interessiert, was gewesen ist. Diesen Anspruch haben wir auch als Europäer, daher fragen wir auch weiterhin, was aus Gianni Infantinos Aussagen wird.“

FC-Präsident Werner Wolf appellierte an die Zivilgesellschaft. „Bei uns in Köln heißt es: Arsch huh, Zäng ussenander – wir müssen uns auch als 1. FC Köln äußern. Es gibt Menschen, die sagen, wir sollten das lassen, denn Fußball habe nichts mit Politik zu tun. Ich bin allerdings dezidiert anderer Meinung. Sport war immer auch Teil der Politik. Wir müssen unsere Strahlkraft nutzen. Aber wir werden einen langen Atem brauchen.“

Eine Studentin der Deutschen Sporthochschule bekam großen Applaus aus dem Publikum für ihre Frage an Neuendorf, ob es nicht angesichts des Auftretens der Fifa angezeigt wäre, weniger diplomatisch aufzutreten. Doch Neuendorf setzt vorerst weiter auf Dialog. „Wir brauchen Mehrheiten, um etwas zu verändern, und Mehrheiten muss man organisieren. Ich weiß nicht, ob eine Fundamentalopposition denjenigen hilft, für die wir kämpfen wollen. Man muss seine Meinung vertreten, auch wenn man nur in kleinen Schritten vorankommt. Aber ich komme lieber in kleinen Schritten voran, als am Ende aus der Fundamentalopposition gar nichts zu erreichen. Wir müssen unsere Interessen vertreten, indem wir mit den Akteuren reden. So mühsam das ist.“