Köln – Um 22.20 Uhr gab es Blumen und Glückwünsche, der Vorstand des 1. FC Köln war für drei weitere Jahre im Amt bestätigt: 662 der 827 anwesenden Mitglieder gaben Werner Wolf, Eckhard Sauren und Carsten Wettich ihre Stimme, 59 votierten dagegen, 68 Mitglieder enthielten sich. Das entsprach einer Zustimmungsquote von rund 92 Prozent – ein fulminantes Ergebnis. Im Jahr 2019 hatten 2809 Mitglieder über Werner Wolf und seine damaligen Vizepräsidenten Sauren und Jürgen Sieger abgestimmt, 78 Prozent hatten dem Vorstand damals ihr Vertrauen ausgesprochen. Das Votum nach drei Jahren im Amt war deutlich stärker, wenngleich Wolf zuvor bedauert hatte, dass nur so wenige Mitglieder erschienen waren. „Ich bin mehr als überwältigt. Danke für dieses Vertrauen. Ich hoffe, wir können es mit harter Arbeit und guten Ergebnissen zurückzahlen. Danke schön.“ Es war der versöhnliche Höhepunkt eines Abends, der zwar einen ruhigen Verlauf genommen, aber mit schlechten Nachrichten begonnen hatte.
Für Philipp Türoff war es die erste Mitgliederversammlung als Geschäftsführer des 1. FC Köln, und wie jeder Mensch, der sich auf ungewohntes Terrain begibt, ging auch Türoff mit leichter Aufgeregtheit in den Dienstag. Doch hatte der 46-Jährige wenig zu befürchten. Angesichts der soliden sportlichen Lage der Profis geriet die Veranstaltung in der Lanxess-Arena eher ruhig. Zudem war sie mit zunächst 913 stimmberechtigten Mitgliedern dürftig besucht. Der neue Geschäftsführer hatte üble Zahlen mitgebracht. Mit 148,4 Millionen Euro Umsatz und einem Verlust von 15,7 Millionen Euro legte der FC eine Bilanz vor, die „wie im Vorjahr stark unter dem Einfluss der Pandemie“ steht, wie der Verein mitteilte. Türoff ordnete die Zahlen für die Mitglieder ein – und zeigte sich dabei schonungslos. „Wir haben es geschafft, den FC durch ein weiteres Corona-Jahr zu bringen“, sagte er, wies aber darauf hin, dass der Verein „ein finanzwirtschaftlicher Sanierungsfall“ bleibe.
Hohe Schulden, kaum Eigenkapital
Auf dem 1. FC Köln lasten Verbindlichkeiten von 66 Millionen Euro, den Verlust fingen die Kölner überwiegend mit dem Eigenkapital auf, das im Vorjahr noch bei 16,9 Millionen Euro lag. Und nun mit noch 3,2 Millionen Euro beinahe aufgezehrt ist. Allerdings war nicht alles schlecht am Geschäftsjahr 2021/22. Die Liquidität sei jederzeit gesichert gewesen, der FC habe die Spiellizenz der Deutschen Fußball-Liga ohne Auflagen erhalten. Außerdem sei das Eigenkapital zwar nun fast vollständig fort – aber weiterhin positiv. Ein nicht zu unterschätzender Faktor, schließlich hat das Eigenkapital entscheidenden Einfluss auf die Kreditwürdigkeit des FC.
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Insgesamt sei das zurückliegende Geschäftsjahr trotz geringerer Corona-Einschränkungen „nicht mehr oder weniger dramatisch“ gewesen als das davor. Damals hatte der Klub den Verlust zwar auf 3,9 Millionen Euro begrenzt. Allerdings vor allem durch bilanzielle Maßnahmen – zum Beispiel, indem man Sponsoring-Einnahmen in Höhe von rund elf Millionen Euro vorzog, „um das Bild zu stabilisieren“, wie Türoff beschrieb. Dabei handele es sich letztlich um „Verschuldung im weiteren Sinne“, schließlich fehlt diese Einnahme in der Bilanz der vergangenen Saison.
Drastische Worte von Christian Keller
Christian Keller wählte ebenfalls drastische Worte. „Der FC ist seit Jahren strukturell defizitär. Ausgeglichene Ergebnisse gingen nur über Sondererlöse, also in der Regel über Transfers. Man muss aber so aufgestellt sein, dass Transfers Wachstum auslösen und nicht Lücken schließen“, sagte der Sportchef. Dennoch ist die Perspektive durchaus freundlich, das liegt vor allem am sportlichen Erfolg der Profis. Durch das gute Abschneiden in der abgelaufenen Saison erhalten die Kölner um rund sieben Millionen Euro gestiegene TV-Einnahmen. Hinzu kommen mindestens sieben Millionen Euro aus der Qualifikation für die Gruppenphase der Conference League. Und weil der Verein in diesem Sommer Salih Özcan und Anthony Modeste für zunächst insgesamt zehn Millionen Euro nach Dortmund transferierte und zudem viele Millionen Euro Gehalt spart, rechnet Türoff für das nächste Geschäftsjahr mit einem positiven Ergebnis. „Wir können stolz sein, weil wir einen gemeinsamen Weg gegangen sind. Wir ziehen an einem Strang, das zeichnet uns als Verein aus. Darum haben wir Erfolg, und ich hoffe, dass alle so viel Spaß haben wie ich. Wir gehen diesen Weg, von dem wir immer reden. Der wird nie zu Ende sein, aber wir gehen jeden Tag einen Schritt weiter“, sagte Cheftrainer Steffen Baumgart.
Mitglieder und Fans wolle man nur für Infrastrukturprojekte um Geld bitten, das operative Geschäft des Profibetriebs werde man nicht mit dem Geld der Mitglieder bestreiten. In Steine investieren – das bedeutet beim 1. FC Köln vor allem die Finanzierung eines Leistungszentrums. Allerdings habe der FC zunächst keine soliden Zahlen zu bieten – man wird auf den Faktor Vertrauen setzen. Türoff spricht von „Effizienz- und Einsparpotenzialen“, die in allen Abteilungen gesucht werden.
Neue Kölner Bescheidenheit
Der Geschäftsführer setzt einigen Ehrgeiz in das Vorhaben, bescheidener aufzutreten und die Mitglieder vom Kölner Weg zu überzeugen. „Wir wollen unseren Kurs im Jahr eins unter Beweis stellen.“ Allerdings sei der Verein nicht gelähmt, auch im Sommer habe man Spieler verpflichtet, bevor die Abgänge feststanden. „Der Gesundungskurs ist ein konstruktiver“, sagte Türoff, merkte aber an: „Wir wollen ganzheitlich heilen.“