Nils Schmadtke wurde am gleichen Tag wie sein Vater Jörg geboren, war ebenfalls Torhüter und ist nun Fußball-Manager. Ein Gespräch über Vorbilder und das Derby gegen den 1. FC Köln.
Interview mit Mönchengladbachs Sportdirektor„In der Bundesliga überrascht mich nichts mehr“
Herr Schmadtke, was für ein Derby erwarten Sie zwischen Borussia Mönchengladbach und Ihrem Ex-Klub 1. FC Köln?
Nils Schmadtke: Ein erfolgreiches für uns. Ich glaube, dass unsere Mannschaft nach dem 1:3 im Hinspiel und den letzten Wochen weiß, was Phase ist. Sie wird alles in dieses Spiel legen.
Was ist denn „Phase“?
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Unsere Mannschaft hat in Mainz (1:1, d. Red.) noch einmal gemerkt, dass wir über die kompletten 90 Minuten hinweg den Kampf annehmen und uns auf unsere Stärken besinnen müssen.
Welche Rolle spielt das 1:3 im Hinspiel?
Das war eines unser schwächsten Saisonspiele. Natürlich spielt das noch eine Rolle. Wir alle geloben Besserung.
Sie waren von Sommer 2016 bis Ende 2018 als Scout beim FC tätig. Sind für Sie Spiele gegen Köln noch etwas Spezielles?
Ich bin jetzt zum dritten Mal bei Borussia, war zuvor Torwart in der U19 und auch schon als Scout für den Klub tätig. Dennoch: Derbys sind brisant und speziell. Ich habe mich nach der Hinspiel-Niederlage gegen den FC sehr geärgert.
Zuletzt drohte Borussia der Abstiegskampf mit einem Kader, der eigentlich zu gut besetzt dafür schien. Hatten Sie die Sorge, dass einige das zu spät realisieren könnten?
Ehrlicherweise nicht. Und die Mannschaft hat beim 5:2 gegen Bochum und in der zweiten Halbzeit in Mainz eine gute Reaktion gezeigt. Wir haben gezeigt, wozu wir imstande sind.
26 Punkte können Sie nicht zufrieden stellen, oder?
Wir haben eine sehr junge Mannschaft, wir haben ligaweit die meisten unter 21-jährigen Spieler eingesetzt. Junge Spieler unterliegen Schwankungen. Wir geben noch zu oft Spiele aus der Hand. Rückschläge sind aber auch Erfahrungen, aus denen die Jungs lernen werden. 26 Punkte ordne ich so ein: Wir hätten gerne ein paar mehr, dennoch sind wir in einer Saison des Umbruchs auf dem richtigen Weg.
Der FC ist nach Platz sieben und elf in dieser Saison abgestürzt. Hat Sie das überrascht?
In der Bundesliga überrascht mich gar nichts mehr. Allgemein wird es für jeden Bundesligisten abseits der Top-vier oder -Fünf immer schwieriger, gute Vorjahresleistungen zu bestätigen. Die Mannschaften sind ungemein eng zusammengerückt. Alle arbeiten äußerst professionell auf allen Ebenen. Man gewinnt gegen keine Spiele mehr mal so im Vorbeigehen. Man muss immer an die Grenzen gehen.
Gladbach wurde 2019 Fünfter und 2020 sogar Vierter – so lange ist das also auch noch nicht her. Kann Borussia da wieder hinkommen – und wenn ja, wie?
Nehmen wir das Beispiel Frankfurt. Der Klub hat durch gute Arbeit den Umbruch bereits vor einigen Jahren gemeistert. Die Eintracht hat sich erst stabilisiert und dann peu à peu weiterentwickelt. Das muss auch unser Ansinnen sein. Wir haben den Umbruch eingeleitet, der wird noch etwas andauern. Wir wollen uns kontinuierlich steigern und dann wieder einen einstelligen Tabellenplatz erreichen. Der Weg von Platz neun weiter nach oben ist dann nicht mehr so weit.
Bringen die Fans die Geduld für den Weg auf?
Absolut. Wir haben sehr früh kommuniziert, was unser Weg ist und wohin der uns führen soll. Die Fans stehen 100 Prozent hinter dieser jungen Mannschaft.
Das ist beim abstiegsbedrohten 1. FC Köln im Gegensatz zu früher ebenfalls der Fall. Ist das Leistungsprinzip praktisch außer Kraft gesetzt?
Nein, aber natürlich wandelt man da auf einem schmalen Grat. Ich glaube, man unterschätzt das Gespür der Fans. Ich spreche mal nur über unsere Fans: Sie haben in der Mehrheit ein gutes Gefühl für das, was gerade im Verein abläuft und dann auch auf dem Platz passiert. Sie wissen: Es bringt nichts, auf die Mannschaft draufzuhauen, sondern dass es zielführender ist, sie zu unterstützen.
Wie empfinden Sie Ihre Aufgabe in Gladbach nach rund einem dreiviertel Jahr?
Sie macht mir großen Spaß, ich fahre jeden Tag gerne zum Borussia-Park. Ich bin sehr nah an der Mannschaft und dem Trainerteam. Aber ich stehe auch mal abseits, dann habe ich eine andere Sicht auf die Dinge und bekomme gewisse Schwingungen und Tendenzen mit. Natürlich ist der Job fordernd, aber es ist nicht so, dass ich abends daheim keine Kraft mehr habe, um mit meinen Kindern zu spielen.
Nerven Sie eigentlich die Vergleiche mit Ihrem Vater Jörg?
Die wird es immer geben. Ich habe mir dieselbe Branche ausgesucht und auch den aktuellen Job selbst ausgesucht. Ich war früher ebenfalls Torwart – leider nicht so gut wie mein Vater. Da kann man sich Vergleichen nicht entziehen, aber die sind auch vollkommen in Ordnung.
Ihr Vater war erst Bundesliga-Torwart, dann über viele Jahre Bundesliga-Manager. Hatten Sie überhaupt eine Chance, sich der Branche zu entziehen?
Ich war fast immer dabei. Erst als Kind bei Heimspielen und Trainingseinheiten, als er noch im Tor stand. Auch als mein Vater Manager wurde, habe ich ihn oft begleitet. Ich hatte früh Kontakt zur Fußballbranche. Natürlich prägt das.
Haben Sie seinen Job im Profifußball überhaupt als etwas Besonderes empfinden können?
Zuerst ist er mein Vater, dann erst der Profi und Manager. Dass der Job meines Vaters etwas Besonderes war, habe ich nie so empfunden.
Sie haben sich auch noch für dieselbe Position entschieden.
Als er beim SC Freiburg war, war mein erster Verein Alemannia Zähringen. Und es war von vornherein klar, dass ich ins Tor gehe. Ganz einfach, weil mir das am meisten gelegen hat – auch, weil ich nicht so viel laufen musste (lacht).
Ihrem Vater eilt der Ruf voraus, im Job auch mal kauzig zu sein. Sind Sie anders?
Mag sein, dass ich offener bin. Das ist für einen selbst schwierig zu beurteilen. Im Allgemeinen denke ich, dass ich ein offener Typ bin, der gerne kommuniziert. Im Familienkreis ist mein Vater allerdings auch sehr offen. Vielleicht hat er sich dieses Kauzige, wie Sie es formulieren, über die Zeit etwas angeeignet.
Es kann auch Vorteile haben, sich selbst eine Persona für die Öffentlichkeit zu konstruieren, die mit dem Privatmenschen wenig bis nichts zu tun hat.
Das wäre doch auch mal was für meine Agenda, eine Rolle für die Öffentlichkeit zu konstruieren (lacht). Spaß beiseite: Aber verhalten Sie sich denn im Arbeitskosmos genauso wie im privaten Kosmos? Ich sage: Das macht man selten. Und das ist völlig normal.
Die Fußballbranche wirkt oft wie eine Blase mit den immergleichen Protagonisten. Da war es sicherlich nicht abträglich, dass Ihr Vater schon dazugehörte.
Natürlich hat mir mein Vater auch beim Aufbau meines eigenen Netzwerkes geholfen. Ich habe viele Leute auch durch ihn kennengelernt. Aber das bringt dir dann auch nichts mehr, wenn du deine Arbeit nicht gut machst. Ich muss durch meine Arbeit überzeugen, für sie werde ich beurteilt.
Sie wurden im vergangenen Sommer Sportdirektor bei Borussia, Ihr Vater Sportdirektor beim FC Liverpool. Klingt gut.
Als der Anruf von Borussia kam, habe ich mich erst geschüttelt und dann ungemein auf die Aufgabe gefreut. Für meinen Vater kam die Anfrage aus Liverpool ziemlich plötzlich, der Urlaub meiner Eltern war schon geplant. Er hatte seine Karriere bereits beendet, aber dann kam diese Anfrage, mit der er selbst nicht gerechnet hatte. Dass er die Chance noch einmal ergriffen hat, darüber war meine Mutter dann auch nicht böse (lacht). Es klingt vielleicht etwas komisch, wenn der Sohn über den Vater spricht: Natürlich macht das einen stolz, wenn dein Vater bei so einem Klub arbeiten kann. Es war auch schön, ihn zu beobachten, wie viel Freude ihm diese Aufgabe bereitet hat. Es war ein super Sommer für uns.
Jetzt hat er mehr Zeit, Sie zu unterstützen. Oder wollen Sie das gar nicht?
Erst einmal haben meine Eltern ein paar Reisen geplant. Sie wollen zuerst nach Ruanda, Gorillas beobachten. Er unterstützt unsere Familie immer – auch als Opa für meine beiden Kinder. Mein Vater geht in der Rolle da sehr auf und macht das schon stark (lacht).