Für den 1. FC Köln und den Erzrivalen Borussia Mönchengladbach steht im Derby am Samstag ungemein viel auf dem Spiel.
1. FC Köln in GladbachEin Derby zwischen Überlebenskampf und Revanche-Gelüsten
Timo Schultz, der Trainer des 1. FC Köln, und Gerardo Seoane, der Coach von Borussia Mönchengladbach, sind keine Lautsprecher ihrer Zunft, keine Freunde der markigen Sprüche. Sie sind die Anti-Baslers oder -Hamanns, eher zurückhaltend, analytisch, dennoch klar in der Sprache. Seoane könnte sich sogar fließend in Spanisch, Französisch, Italienisch, Englisch, Portugiesisch und eben Hoch- und Schweizerdeutsch artikulieren – wenn er denn wollte oder es notwendig wäre.
Der 45-jährige Schweizer im Dienst des VfL und der ein Jahr ältere Ostfriese sind eben keine Fußballlehrer, die ein ohnehin schon so brisantes Spiel zweier jahrzehntelanger Erzrivalen noch einmal anheizen müssten. Die Luft wird am Samstag (15.30 Uhr, Sky) im Borussia-Park auch ohnehin brennen – und dies hoffentlich nur durch ein packendes Duell auf dem Rasen und stimmungsvoll auf den Rängen. Denn für beide Vereine steht im Duell der Erzrivalen enorm viel auf dem Spiel.
Man muss nur einmal die Punkte der beiden Klubs addieren, dann wird sofort deutlich, dass sie deutlich hinter ihren eigenen Ansprüchen zurückgeblieben sind. Von 144 möglichen Punkten holten der FC und Borussia zusammen gerade einmal 43. Ziemlich ärgerlich ist für die Kölner indes, dass die bisher recht lahme Fohlenelf immerhin noch neun Zähler mehr holte. Köln ist folglich mit 17 Punkten Tabellen-16. und in akuter Abstiegsgefahr, Gladbach befindet sich mit 26 noch gerade so im Niemandsland des Tableaus. Und wäre für den FC sogar in Reichweite, hätte Borussia nicht das bis dato letzte Heimspiel gegen den VfL Bochum (5:2) gewonnen – übrigens war dies der einzige Sieg aus den vergangenen sieben Spielen. Die Kölner haben nach 24 Bundesliga-Spieltagen nur zwei Erfolge mehr und insgesamt drei auf dem Konto, weniger waren es zu diesem Zeitpunkt nie. Also ist das historisch, historisch schlecht.
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1. FC Köln: Borussia wurmt die klare Hinspiel-Niederlage noch immer
Einer davon gelang dem FC allerdings gegen die Borussen. Und dies überzeugend. Mit 3:1 gewann der FC nicht nur völlig verdient, die Kölner hätten die Gäste sogar mit einer Packung auf die kurze Heimreise schicken können. Borussia haderte über eine seiner schwächsten Saisonleistungen – und sinnt auf Revanche. „Vom letzten Derby nehmen wir das Gefühl mit – diesen Stachel –, dass uns an dem Tag überhaupt keine gute Leistung gelungen ist“, sagte Seoane. Das sei zwar irgendwie „Schnee von gestern“, aber: „Wir nehmen das negative Erlebnis mit als Zusatzmotivation, um unseren Zuschauern einen hoffentlich erfreulichen Nachmittag und einen Sieg schenken zu können.“
Auch wenn dem FC an diesem Wochenende wohl unabhängig des eigenen Resultats nicht der Sturz auf den ersten Abstiegsplatz droht, da Konkurrent Mainz 05 zeitgleich beim FC Bayern gastiert, geht es für das Schultz-Team um Big Points im Abstiegskampf. Schließlich benötigt der zuletzt viermal sieglose FC im Rennen um den Klassenverbleib jeden Zähler. Und der Trainer verspricht das, was eigentlich ohnehin Grundvoraussetzung sein sollte: „Wir werden eine Kölner Mannschaft sehen, die bis in die Haarspitzen motiviert ist und den ersten Auswärtssieg holen will dieses Jahr.“ Ähnlich kämpferisch klang Lizenzfußball-Leiter Thomas Kessler: „Das ist nicht nur für unsere Spieler, sondern auch für das Umfeld einfach ein brutal wichtiges Spiel.“
Dem FC bietet sich an diesem Spieltag im Abstiegskampf eine Chance
Mit einem Sieg könnte der FC den Rivalen vom Niederrhein vielleicht doch noch einmal ins Schlamassel zurückholen. Und was noch wichtiger ist: Zudem hätte er die große Chance, den Abstand auf einen direkten Abstiegsplatz auf bis zu vier Punkte zu vergrößern. Der FC muss am viertletzten Spieltag noch in Mainz antreten, ein gewisser Vorsprung wäre da nicht nur willkommen, vielleicht sogar verpflichtend. Trainer Schultz muss allerdings neben den langzeitverletzten Mark Uth und Luca Waldschmidt sowie Lazarett-Neuzugang Justin Diehl auch auf Jan Thielmann und Dejan Ljubicic verzichten, die nach dem Platzverweis beziehungsweise der fünften Gelben Karte bei der Heim-Niederlage gegen Leverkusen (0:2) gesperrt sind.
Schultz legt sich fest: Kapitän Kainz wird in die Startelf zurückkehren
Steffen Baumgart, Schultz' Vorgänger im FC-Amt, war dafür bekannt, keinen Poker um seine Aufstellung zu machen. In der vergangenen Saison verriet er einmal sogar seine komplette Startelf für das Bremen-Heimspiel. Auch Schultz ist nicht der Geheimniskrämerei verdächtig und legte sich schon mal auf eine Personalie fest, die am Geißbockheim in den vergangenen Tagen und Wochen rauf und runter diskutiert worden war: Kapitän Florian Kainz, obwohl zuletzt anhaltend formschwach, wird in die Startelf zurückkehren: „Er wird starten“, sagte Schultz. Eben nordisch direkt. Im Hinrunden-Spiel war Kainz mit zwei Elfmetertoren so etwas wie Kölns Matchwinner. Etwas anders verhält es sich bei Davie Selke.
Zwar konnte der mit fünf Toren treffsicherster Kölner Spieler in dieser Woche komplett und nicht nur dosiert am Mannschaftstraining und wird auch in den Kader zurückkehren, doch was einen Startelf-Einsatz angeht, da zeigte sich Schultz zurückhaltend: „Wir brauchen ihn auf dem Platz. Es bringt aber nichts, wenn wir ihn zu früh reinschmeißen und er noch gar nicht bereit ist.“ Schultz steht vor einer Risiko-Nutzen-Abwägung. Die Gladbacher, die am kommenden Dienstag im Nachholspiel des Pokal-Viertelfinals in Saarbrücken klarer Favorit sind, müssen dagegen definitiv auf ihren besten Torschützen Alassane Pléa verzichten.
Appell für ein stimmungsvolles, aber friedliches Derby
Damit es rund um die brisante Partie friedlich bleibt, ist mehr Polizei im Einsatz als bei etlichen anderen Bundesliga-Spielen. Und es besteht in beiden Lagern die Hoffnung, dass es nur stimmungsvoll und emotional bleibt. Oder wie es Schultz ausdrückte: „Das sind Spiele, wo es knistert, allein schon, wenn man bei der Anreise die Massen sieht. Ich hoffe, dass alles friedlich bleibt. Familien sollen keine Angst haben. Gerne mit offenem Visier, aber sportlich fair auf dem Platz – im Idealfall mit einem Gewinner: 1. FC Köln!“ Das würde sicherlich wohl jeder im Vollbesitz seiner geistigen Kräfte stehende FC-Fan sofort so unterschreiben.