Die Saison steuert auf ihr Ende zu. Der 1. FC Köln könnte am letzten Spieltag eine entscheidende Rolle spielen.
Kolumne zum 1. FC KölnUm ein bisschen was geht’s immer
In der Bundesliga geht es nie um nichts, und gerade der 1. FC Köln kann jeden Sieg gut gebrauchen. Es ist noch ein Sprung in jener Tabelle möglich, nach der die Einnahmen aus der TV-Vermarktung verteilt werden. Zudem besteht weiterhin die Möglichkeit, erneut eine Saison vor Borussia Mönchengladbach abzuschließen, was dann langsam kein Ausrutscher mehr wäre. Außerdem spielt der FC am Samstagnachmittag noch eine Rolle im Abstiegskampf. Denn Werder Bremen ist rechnerisch noch nicht gerettet, wenngleich extrem viel schiefgehen müsste, damit der Aufsteiger gleich wieder zum Absteiger wird.
7:1 endete die Begegnung in der Hinrunde im Januar für den FC, damals war ich mir relativ sicher, dass Baumgarts Mannschaft noch in den Kampf um die europäischen Plätze würde eingreifen können. Die Belastung durch die Conference League war damals vorüber, Steffen Tigges schien seinen Durchbruch im FC-Trikot zu erleben. Doch dann folgten eine Frühjahrsmüdigkeit und die Torflaute, und am Ende darf man festhalten: Der FC hat die Klasse gehalten und das Saisonziel von 40 Punkten übertroffen, damit muss die Bilanz positiv ausfallen. Dennoch haben wir in dieser Saison auf den ganz großen Knalleffekt verzichten müssen. Jedenfalls bisher.
Denn selbstverständlich blickt der 1. FC Köln bereits über Werder Bremen hinaus auf den letzten Spieltag. Mein persönliches Szenario ist dieses: Borussia Dortmund geht mit einem Punkt Rückstand auf die Bayern ins letzte Spiel der Saison, gewinnt 3:0, Schlusspfiff. In Köln führt der FC Bayern 1:0, fünf Minuten Nachspielzeit werden angezeigt. Und dann heißt es in der Sky-Konferenz: „In Köln wird noch gespielt …“ Den Rest können wir uns dann ausmalen.
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Ich erinnere mich noch, wie damals Sebastiaan Bornauw den FC mit seinem Tor in der 86. Minute gegen Schalke in die Relegation rettete. Diese Rettung wäre aber beinahe ausgefallen, weil Schalkes Torhüter Ralf Fährmann in der Nachspielzeit noch einmal in den Kölner Strafraum lief. Die Schalker waren damals längst abgestiegen, es ging um nichts mehr für sie. Aber Fährmann wollte offenbar ein weiteres Drama auslösen. Ich war fasziniert und will gar nicht darüber nachdenken, was los gewesen wäre, hätte der Keeper den letzten Standard der Saison noch ins Kölner Tor gedrückt. Vielleicht frage ich bei Schalke 04 eines Tages einen Interview-Termin mit Fährmann an, um ihn zu fragen, was er sich damals ausgemalt hat.
Der Tag, an dem Ralf Fährmann Geschichte zu schreiben versuchte
Es stellt sich also die Frage: Wird der Kölner Torhüter in der Nachspielzeit des letzten Saisonspiels im Münchner Strafraum auftauchen, um die Meisterschaft zu entscheiden? Und, fast ebenso wichtig: Wer wäre das? Timo Horn, Kölns langjährige Nummer 1, wird den 1. FC Köln in diesem Sommer nach mehr als 20 Jahren im Verein verlassen. Die Partie am letzten Spieltag wird sein letztes Pflichtspiel für den FC sein, allerdings wird er auf der Bank sitzen, sollte es noch um etwas gehen und Marvin Schwäbe spielfähig sein.
In Bremen wird Horn nicht starten, Steffen Baumgart hat sich klar festgelegt. „Wir brauchen nicht darüber zu reden, dass er sich einen vernünftigen Abschluss verdient hat. Aber Bremen ist noch nicht zu 100 Prozent durch, wir wollen dieses Spiel mit aller Macht gewinnen. Das heißt nicht, dass wir mit Timo nicht gewinnen. Aber aus meiner Sicht kann man das nicht machen“, erklärte der Trainer, selbst ausgebildeter Torwart.
Auch für das letzte Spiel in Müngersdorf kann Baumgart dem Keeper nur bedingt Hoffnung machen. „Wenn aus irgendeinem Grund die Deutsche Meisterschaft am Wochenende entschieden ist, wird er auflaufen. Ist sie nicht entschieden, wird er nicht auflaufen“, sagt Baumgart. Mit Horns Fähigkeiten hat das alles wenig zu tun, die beiden Kölner Torhüter spielen auf sehr ähnlichem Niveau. Doch ist die Torhüter-Position besonders fehleranfällig – und Torwartfehler haben in der Regel größere Folgen als ein Fehlpass im Mittelfeld. Daher wäre es wohl besser, den über die Meisterschaft entscheidenden Torwartfehler machte die etatmäßige Nummer 1 und nicht Timo Horn in seinem Abschiedsspiel. Die Mechanik dahinter leuchtet ein. Allerdings wehrt sich Baumgart ein wenig gegen den Eindruck, der 1. FC Köln entscheide in dieser Saison darüber, wer nun Meister wird. „Die Mannschaften hatten dann 33 Spieltage Zeit“, merkte der Coach in diesen Tagen an, und Baumgart hat recht: Das Titelrennen werden Dortmund und Bayern schön selbst entscheiden, und sei es am letzten Spieltag.
Für die Kölner bleibt in jedem Fall ein Platz in der ersten Reihe. Und die Chance, aller Welt zu zeigen, was eine Mannschaft noch zu bieten in der Lage ist, für die es scheinbar um nichts mehr geht.