Nach einem verkorksten ersten Jahr beim 1. FC Köln hat sich Linksverteidiger Leart Pacarada stabilisiert.
Leart Pacarada kämpft um seine Chance beim FCDer lange Weg zurück zum Erfolg
Neulich wurde Leart Pacarada mit einer beeindruckenden Zahl konfrontiert. Beim 5:0 über Eintracht Braunschweig hatte der gebürtige Aachener sein 250. Zweitligaspiel absolviert. „Eine Wahnsinnsnummer“, sagte der 29-Jährige. Sich derart lange im Profifußball behauptet zu haben, ist Beleg für eine vorbildliche Einstellung. Pacarada darf zufrieden sein mit seiner Karriere, doch er ist es nicht ganz. „Ich hätte gern ein paar Erstligaspiele mehr, bin aber trotzdem sehr stolz darauf“, sagt er.
Allein sechs Jahre spielte er beim SV Sandhausen, wo er 152 Zweitliga-Einsätze sammelte. Ein ambitionierterer Karriereplan hätte den Linksverteidiger wohl früher aus der fußballerischen Provinz ins Rampenlicht geführt. Doch nach seiner Ausbildung bei Bayer 04 Leverkusen war es ihm gut ergangen im Rhein-Neckar-Kreis, zu gut womöglich. „Rückblickend war ich vielleicht etwas zu lange da“, sagte Pacarada vor der vergangenen Saison im Gespräch mit dieser Zeitung.
Bundesligadebüt mit 28 Jahren
Im Jahr 2020 wechselte er zum FC St. Pauli, wurde dort später Kapitän und überzeugte die Scouts des 1. FC Köln, wo ein Nachfolger für Jonas Hector gesucht wurde. So kam es, dass Pacarada im Alter von 28 Jahren sein Debüt in der Bundesliga gab. Doch sein erstes Jahr in Köln entwickelte sich fürchterlich. Während St. Pauli aufstieg, stürzte Pacarada mit den Kölnern ins Bodenlose. Am Ende stand der Abstieg – und schlimmer noch: Mit nur elf Startelf-Einsätzen erlebte er auch persönlich eine bittere Spielzeit. Als in der Rückrunde Max Finkgräfes Stern aufging, war es um die Aussichten des 27-maligen kosovarischen Nationalspielers geschehen.
Dann zog sich Finkgräfe im Test gegen St. Truiden einen Innenband-Anriss zu und musste operiert werden. Sechs Wochen ist das nun her, Finkgräfe trainiert mittlerweile wieder auf dem Platz, wenngleich noch nicht mit der Mannschaft. „Max liegt deutlich vor dem Zeitziel“, sagte Trainer Gerhard Struber unlängst. Es wird nicht mehr lange dauern, bis der 20-Jährige wieder ins Mannschaftstraining eingegliedert wird. „Jetzt geht es für mich darum, dem Trainer zu zeigen, was ich kann. Ich fühle mich so gut wie lange nicht mehr“, sagte Pacarada zuletzt.
Der Linksverteidiger ist der einzige Kölner Feldspieler neben Jan Thielmann, der in dieser Saison alle Zweitligaminuten absolviert hat. Zwar fehlte ihm auch in dieser Spielzeit hier und da die Konstanz, was ein Thema ist, das Pacarada durch seine gesamte Karriere begleitet. Beim chaotischen 2:2 in Elversberg etwa zeigte er defensiv eine lausige Leistung. Doch rettete er auch einen Ball auf der eigenen Torlinie und breitete den Ausgleich per Ecke vor.
Pacaradas Einfluss auf das Spiel ist enorm. Kein Profi der Zweiten Liga hat an den ersten vier Spieltagen mehr Pässe gespielt als der Kölner, der Strubers Stil schon früh verinnerlicht hat. Allerdings spielt er mit hohem Risiko, auch das fordert sein Trainer. Nur 76,1 Prozent seiner Pässe kommen an, besonders die langen Bälle gehen oft verloren. Von 54 Versuchen gingen 31 zum Gegner, doch ist das offenbar eingepreist ins Spiel der Kölner.
Denn mit seinen Pässen fügt Pacarada den Gegnern großen Schaden zu. Das zeigt die Zahl der „Shot Creating Actions“ (SCA). Eine solche Aktion bekommt gutgeschrieben, wer den letzten oder vorletzten Pass vor einem Abschluss spielt. Auch in dieser Kategorie kommt in der Zweiten Liga kein Spieler an Leart Pacarada heran. 27 Schüsse löste er aus dem offenen Spiel oder per Standard aus, damit ist er einsame Spitze. Am Sonntag beim Sieg auf Schalke gab er vor dem 3:0 seine zweite Vorlage der Saison.
Dennoch war der Kölner Start in die Spielzeit holprig. Der FC punktete unter Wert, verlor den Auftakt 1:2 gegen den HSV, es folgte das 2:2 in Elversberg, weil die Mannschaft ihre Leistung nicht stabilisieren konnte. Nun aber hat der FC zwei überzeugende Siege nacheinander gelandet, dem 5:0 gegen Braunschweig folgte am Sonntag das 3:1 bei Schalke 04. Er wisse, dass „diese Stadt und dieser Verein eine Welle reiten können“, sagte Pacarada nach dem Erfolg gegen Braunschweig. Die Mannschaft entwickelt nun ein Selbstverständnis. „Einfach mal in der Kabine zu sitzen und sich nicht blöd anzugucken und zu fragen wieso, weshalb“, das war „genau das Gefühl, das wird gebraucht haben“.
Für Struber wächst in den kommenden Wochen ein Luxusproblem auf der linken Abwehrseite heran. Pacarada will sich dem Konkurrenzkampf stellen und seine Statistiken weiter ausbauen. 251 Zweitligaspiele sind es seit Sonntag. „Ich habe noch ein paar Jahre, vielleicht greife ich ja die 300 an“, sagt er, und dann: „Obwohl – eigentlich ja nicht! Bitte rausschneiden!“