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Offener Konfikt beim 1. FC KölnMitgliederrat erhebt in Newsletter Vorwürfe gegen Klubvorstand

Lesezeit 5 Minuten
Werner Wolf und Ho-Yeon Kim bei einem Besuch um Neven DuMont Haus im November 2021.

Werner Wolf und Ho-Yeon Kim bei einem Besuch um Neven DuMont Haus im November 2021, mittlerweile ist das Verhältnis der Gremien weit weniger herzlich.

Der 1. FC Köln schien zuletzt zur Ruhe zu kommen, doch nun bricht der offene Konflikt zwischen Mitgliederrat und Vorstand aus.

Der Mitgliederrat des 1. FC Köln hat sich in einem Newsletter an die Mitglieder des Vereins gewandt und Vorwürfe gegen den Klubvorstand erhoben. Die Aufarbeitung der vergangenen Saison, insbesondere der Vorfälle, die zur Transfersperre gegen den FC und zum Abstieg führten, sei nicht zur Zufriedenheit des Gremiums ausgefallen.

Vorstand und Geschäftsführung hatten im Juni einen Mitgliederstammtisch abgehalten, um das Gutachten der Kanzlei Hengeler Mueller vorzustellen, das die Verantwortlichkeiten der desaströsen Saison 2023/24 zuordnen sollte, jedoch letztlich zu der Erkenntnis gekommen war, es habe nur seitens der damals amtierenden Geschäftsführung "leichte Pflichtverletzungen" gegeben.

Zuvor hatte sich die Klubführung bereits in einer Podcast-Serie um Transparenz bemüht. Das jedoch hatte dem Mitgliederrat nicht genügt, der beschlossen hatte, ein eigenes Gutachten in Auftrag zu geben, das auf dem des Vorstands aufsetzt. Denn während die Debatten um Vorstand und Geschäftsführung in den vergangenen Wochen merklich abgekühlt waren, hatte sich ein Teil der öffentlichen Kritik in Richtung des Mitgliederrats verschoben.

Mitglieder von Vorstand, Geschäftsführung und Mitgliederrat des 1. FC Köln beim Mitgliederstammtisch im Januar

Mitglieder von Vorstand, Geschäftsführung und Mitgliederrat des 1. FC Köln beim Mitgliederstammtisch im Januar

Dass der Mitgliederrat eine eigene Aufarbeitung plante, war seit einer Mail an die Mitglieder vom 24. Mai öffentlich bekannt. Man wolle nach dem Mitgliederstammtisch „das Ergebnis unserer eigenen Analyse und Einschätzung offen und transparent kommunizieren“, hieß es da.

Der Auftrag an die Gremien sowie Mitarbeitenden ist klar: Es sind alle Maßnahmen zu ergreifen, um solche Fehler für die Zukunft auszuschließen. Die Schwachstellen sind bekannt, hier gibt es keine Ausrede mehr.
Aus dem Schreiben des Mitgliederrats

Allerdings hatte sich das Gremium mit seiner Ankündigung zeitlich unter Druck gesetzt. Denn die Fertigstellung des Gutachtens dauerte länger als erwartet – tatsächlich liegt es noch immer nicht vor. Das bedeutet auch, dass sich der Mitgliederrat in der Sache im Verlauf des Sommers ein weiteres Mal zu Wort melden wird. „Das finale Ergebnis werden wir spätestens auf der kommenden Mitgliederversammlung kommunizieren“, hieß es im Schreiben des Gremiums.

Als Zwischenstand teilten die Mitgliederräte um ihren Vorsitzenden Ho-Yeon Kim am Samstag mit, dass sie grundsätzliche Versäumnisse seitens des FC sehen. So sei schon die Wahl der Kanzlei Hengeler Mueller keine gute gewesen. „Die Entscheidung, ein externes Gutachten zur Aufarbeitung des Sachverhalts einzuholen, begrüßten wir ausdrücklich. Allerdings empfahlen wir dem Vorstand, aufgrund der Tatsache, dass Vizepräsident Dr. Carsten Wettich in der Vergangenheit bei Hengeler Müller tätig war, diese Kanzlei nicht zu mandatieren. Wir sahen das Risiko, dass dadurch das Ergebnis des Gutachtens in der öffentlichen Wahrnehmung entwertet wird", teilte der Mitgliederrat mit.

Man habe sich der juristischen sowie der vereinspolitischen und strukturellen Ebene gewidmet und die daraus gewonnenen Erkenntnisse einer auf Vereinsrecht spezialisierten Kanzlei aus Frankfurt übergeben.

Im Zuge der Analyse sei man zu der Ansicht gelangt, dass „eine gravierende Lücke in den Kontrollmechanismen des FC besteht. Unterhalb der Zustimmungsgrenze des Gemeinsamen Ausschuss kann die KGaA theoretisch ohne weitergehende Kontrolle nach Belieben agieren. Zu diesem Fazit kommt auch die beauftragte Kanzlei", schrieb der Mitgliederrat.

Das Risikomanagement sei nach wie vor untauglich, zudem gehöre die Zustimmungsgrenze, jenseits derer der Gemeinsame Ausschuss und damit auch die Vorsitzenden des Mitgliederrates in Entscheidungen eingebunden werden müssen, auf den Prüfstand gestellt. Bislang galt eine monetäre Grenze. Künftig müsse man etwa auch für Entscheidungen, wegen derer die Reputation des FC Schaden nehmen könnte, die Gremien ins Boot holen.

Gremien waren nicht über Potocniks Verpflichtung informiert

Tatsächlich entscheiden beim 1. FC Köln weniger Menschen mit, als es in der Öffentlichkeit manches Mal dargestellt wird. Damit der Verein in der Bundesliga überhaupt zu managen ist, wird der Gemeinsame Ausschuss bislang nur bei Maßnahmen und Geschäften von besonderer wirtschaftlicher Bedeutung aktiv. Vor der Verpflichtung des slowenischen Stürmertalents Jaka Potocnik, die zur Transfersperre führte, wurden die Gremien weder informiert noch gefragt. Das möchte der Mitgliederrat nun neu überprüfen.

Den Vorstand freut das alles naturgemäß nicht. „Nach dem guten Austausch mit vielen Mitgliedern des 1. FC Köln beim Stammtisch am 12. Juni, bei dem wir nach langer Aussprache gemeinsam den Blick nach vorn gerichtet haben, tut es uns als Vorstand sehr leid, dass nun rund um die Transfersperre ein inhaltlicher Dissens mit dem Mitgliederrat öffentlich ausgetragen wird. Wir haben dem Mitgliederrat in den letzten Tagen mehrfach die Hand gereicht, haben zu Gesprächen eingeladen, um strittige Punkte intern zu klären. Leider hat der Mitgliederrat unsere Angebote ausgeschlagen“, teilte Präsident Werner Wolf am Samstag mit.

Am 24. September steht die Mitgliederversammlung des Vereins an, in diesem Jahr wird der Mitgliederrat neu gewählt, der Wahlkampf ist spätestens mit dem Versand des Newsletters eröffnet. Nach der Verpflichtung des Trainers Gerhard Struber und dem Beginn der Saisonvorbereitung waren Abstieg und Transfersperre aus der öffentlichen Debatte verschwunden. Offenbar glaubten Mitglieder des Gremiums nun, ihre Wiederwahl sei in Gefahr, sollten sie die Gelegenheit einer Wortmeldung auslassen und damit dazu beitragen, dass sich die Diskussionen rund um den Klub weiter abkühlen.

Grundsätzlich hat der Mitgliederrat als gewähltes Kontrollgremium die Möglichkeit, ohne weitere Absprache mit dem Vorstand ein Gutachten zu beauftragen. Die Kosten trägt der Verein. Der Mitgliederrat will sein Vorgehen auch als Weckruf verstanden wissen. „Der Auftrag an die Gremien sowie Mitarbeitenden ist klar: Es sind alle Maßnahmen zu ergreifen, um solche Fehler für die Zukunft auszuschließen. Die Schwachstellen sind bekannt, hier gibt es keine Ausrede mehr."

Nach dem guten Austausch mit vielen Mitgliedern des 1. FC Köln beim Stammtisch am 12. Juni, bei dem wir nach langer Aussprache gemeinsam den Blick nach vorn gerichtet haben, tut es uns als Vorstand sehr leid, dass nun rund um die Transfersperre ein inhaltlicher Dissens mit dem Mitgliederrat öffentlich ausgetragen wird
FC-Präsident Werner Wolf

Trotz des Ärgers über den Vorstoß des Mitgliederrats hielt der Vorstand an seiner neuen Strategie fest und nutzte die Gelegenheit, ein Gesprächsangebot abzugeben. „Der Vorstand wird weiterhin die Türe geöffnet lassen. Was wir aber nie tun werden: uns auf die Austragung von Differenzen in der Öffentlichkeit einzulassen. Das Wohl des 1. FC Köln steht über allem und darf nicht durch Gremienkonflikte beschädigt werden. Der FC gehört den Mitgliedern und in ihrem Sinne handelt der Vorstand. Wir geben weiterhin alles, damit unser Verein endlich nachhaltig und gestärkt in die Zukunft blicken kann“, hieß es in einem Statement von Präsident Wolf am Samstag.