Nie startete Köln schlechter in die Saison, Steffen Baumgart wirkte am Samstag nach der erneuten Pleite ratlos.
Nach 0:2 gegen StuttgartDie Zuversicht beim 1. FC Köln ist erschüttert
Die Kölner Südtribüne gab sich trotzig am Samstagnachmittag in Müngersdorf. Der 1. FC Köln hatte das fünfte von sechs Spielen der Saison verloren, diesmal 0:2 (0:0) gegen den VfB Stuttgart. Doch diese Niederlage hatte eine neue Qualität. In den vergangenen zwei Jahren hat sich beim FC eine Kultur entwickelt, die auf dem tiefen Glauben fußt, dass Steffen Baumgarts Mannschaft jederzeit zurückkommen kann. Doch nach dem 0:2 leerten sich die Tribünen in ungekannter Geschwindigkeit. Der Glaube ist nachhaltig erschüttert.
Es war ein Bild der schwindenden Hoffnungen. Doch die Fans auf der Südtribüne blieben stark. Sie blieben und riefen den FC-Profis ihre Parolen zu. Nach den Erfolgen der jüngeren Vergangenheit ist man nun offenbar bereit, auch die Misserfolge gemeinsam durchzustehen.
Deniz Undav hatte in der 68. Minute das 1:0 für den VfB erzielt, sechs Minuten zuvor war der 27-Jährige ins Spiel gekommen. 20 Minuten später ließ der Niedersachse, der vor zwei Jahren Torschütze der belgischen Liga war und derzeit von Premier-League-Klub Brighton nach Stuttgart ausgeliehen ist, das 2:0 folgen. Wohl dem, der einen solchen Torjäger auf der Bank hat.
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Köln hatte sich zuvor als die klar unterlegene Mannschaft präsentiert. Schwächere Passquote, kaum Ballbesitz, weniger und deutlich harmlosere Abschlüsse. Nur die Laufleistung sprach einmal mehr für Steffen Baumgarts Mannschaft. Es bedurfte keiner tieferen Datenanalyse, um zu erkennen, dass Stuttgart mit den besseren Spielern den besseren Fußball bot. „Wir haben mit großem Aufwand gespielt. Stuttgart hat in den entscheidenden Situationen den Ball an den Mann gebracht und ihn dann reingemacht. Diese Präzision hat uns gefehlt“, beschrieb Christian Keller.
Erinnerungen an das Jahr 2017
Der Sportchef skizzierte damit das Bild einer Mannschaft, die mit gutem Plan und viel Einsatz auftritt. Die aber gegen die überlegene Qualität des Gegners an ihre Grenzen stößt. Den Befund gab es aufseiten des FC nicht zum ersten Mal in dieser Saison. Und doch bedeutete das 0:2 zu Hause vor 50.000 Zuschauern eine Zäsur. Denn mit nun einem Punkt aus sechs Spielen steht fest: Schlechter als in diesem Jahr ist der 1. FC Köln noch nie in eine Bundesligasaison gestartet. Zuletzt stand diese Ausbeute im September 2017; damals holten die Kölner unter Peter Stöger am sechsten Spieltag den ersten Punkt durch ein 0:0 bei Hannover 96.
Köln hatte damals die Vorsaison auf Rang fünf beendet, war jedoch nach Anthony Modestes Abschied nicht mehr in der Lage, torgefährlich zu werden. Am Ende stand ein Abstieg mit vollen Kassen: Für das Geschäftsjahr 2017/18 präsentierte Geschäftsführer Alexander Wehrle trotz gewaltiger Investitionen einen Gewinn von 17,2 Millionen Euro. Auch damals hatte der 1. FC Köln eine schwache Sommer-Transferphase hingelegt, Sportchef Jörg Schmadtke war im Oktober gegangen – und damit noch vor Peter Stöger, der zwei Monate länger durchhielt. Im Winter hatte der FC dann zwar personell nachgelegt, aber nicht bedarfsgerecht und auch nicht konsequent genug.
Wegen der drohenden Transfersperre kann es in diesem Jahr sein, dass die Kölner erst gar nicht die Gelegenheit erhalten, ihre Versäumnisse zu korrigieren. Doch am Geißbockheim hält sich ohnehin die Überzeugung, der Kader sei stark genug. „Die Qualitätsfrage können wir gerne nach 34 Spieltagen stellen. Aber nicht nach sechs“, sprach Keller, ebenfalls recht trotzig.
Angesichts des historischen Fehlstarts kam glatt zu kurz, dass Davie Selke nach überstandener Verletzung am Samstag erneut durchspielte und zwar nur sehr wenige Ballkontakte hatte, jedoch viele ordentliche Aktionen verzeichnete. Dass der Mittelstürmer vor dem 0:1 den Ball verlor, traf ihn schwer. „Wir verlieren wegen eines individuellen Fehlers von mir. Es tut mir sehr leid für die Mannschaft“, sagte der 28-Jährige.
Steffen Baumgart scheint derzeit an die Grenzen seines Kaders zu stoßen. Es drängt sich der Eindruck auf, dass die entscheidenden Bessermacher beim FC in den vergangenen Jahren Ellyes Skhiri und Jonas Hector waren, die ihren Kollegen auf dem Platz stets eine Hilfe waren. Die Fragilität der Kölner Auftritte resultiert nun vor allem daher, dass die Mannschaft Substanz verloren hat, die bei weitem nicht ausgeglichen wurde.
Steffen Baumgart könnte somit ein Déjà-vu seines letzten Jahres in Paderborn erleben, als sein Fußball zwar ebenfalls funktionierte, er aber vor allem deswegen als Tabellen-Letzter wieder abstieg, weil der Verein nicht ausreichend in eine Bundesliga-taugliche Mannschaft investiert hatte. „Ich will nicht jede Woche dasselbe erzählen. Es ist eine beschissene Situation, gerade wenn man jede Woche diesen Aufwand betreibt und sich nicht annähernd belohnt“, sagte der Trainer. „Es fällt im Moment nicht leicht, die richtigen Worte zu finden. Es nützt uns nichts, dass wir in allen Spielen ein bisschen gut waren.“