Der 1. FC Köln liefert beim 0:4 gegen Dortmund einen weiteren Beleg seiner Mittellosigkeit.
Nach 0:4 gegen DortmundDem 1. FC Köln bleibt nichts als Mitleid des Gegners
Es war beinahe rührend, wie Edin Terzić nach dem Sieg seiner Mannschaft nach aufbauenden Worten für seinen Kollegen suchte. „Ich drücke dir, Timo, und dem 1. FC Köln, alle Daumen. Ich glaube, dass ihr in die Bundesliga gehört, deshalb drücke ich euch da wirklich die Daumen“, sagte der Dortmunder Trainer nach dem 4:0 (1:0) seiner Mannschaft am Samstag in Müngersdorf und klang dabei glatt betroffener als Schultz, der sich nach dem zweiten Spiel seiner Amtszeit als Kölner Chefcoach noch immer den Optimismus erhält, der jedem Anfang innewohnt.
Terzić hat mit der hoch ambitionierten Borussia seit der Beinahe-Meisterschaft im vergangenen Frühjahr eigentlich selbst genug zu tun, nicht wenige im Dortmunder Umfeld sind grundsätzlich der Ansicht, man hätte niemals mit Terzić in die neue Saison gehen dürfen. Und tatsächlich wird auch der Sieg in Köln den Schleier der Unzufriedenheit nur bis zum nächsten Rückschlag heben können. Terzić scheint mit Dortmund immer nur eine schwache Leistung entfernt von einer sehr grundsätzlichen Debatte um seine Person. Dennoch fand der 41-Jährige offenbar, er könne den Kollegen jetzt nicht einfach so sitzen lassen mit seinem Elend.
Es war eine Geste voller Mitgefühl; Terzić hatte selbst einen nur in Teilen glücklichen Nachmittag erlebt. Denn die Dortmunder überzeugten nur zeitweise im Rhein-Energie-Stadion, obwohl das Resultat einen anderen Schluss zulässt.
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Timo Schultz ist erst am Ende einer kurzen Winterpause in Köln angekommen. Er hat schlicht keine Zeit gehabt, seine Ideen mit dem Kölner Kader praxisnah auszuprobieren. Daher muss der Trainer nun eine Experimentierphase bei laufendem Betrieb durchziehen. Nach den Eindrücken des Samstags konnte man beispielsweise festhalten, dass die Kölner ohne Mittelstürmer nicht gefährlicher sind als mit.
Davie Selkes Fußverletzung hatte Schultz ins scheinbare Dilemma gestürzt, sich zwischen Florian Dietz und Steffen Tigges entscheiden zu müssen. Doch dem hatte sich der Trainer entzogen und eine Aufstellung ohne klassische Spitze gewählt – Tigges blieb 90 Minuten auf der Bank, Dietz stand erst gar nicht im Kader.
Thielmann beginnt im Sturmzentrum
Stattdessen begann Köln mit Jan Thielmann im Zentrum, der sich womöglich noch daran erinnerte, wie er Nico Schlotterbeck einmal in Müngersdorf spektakulär davonlief und ein Tor vorbereite. Fast genau zwei Jahre sind seitdem vergangen. Schlotterbeck verteidigte damals noch für Freiburg, bei Köln stürmte Anthony Modeste und traf zum 1:0-Endstand.
Am Samstag stellten die Kölner den Gegner zwar ebenfalls vor Schwierigkeiten. Doch ohne Mittelstürmer half alles nichts. „Die Kölner haben es sehr mutig versucht. Durch die Flexibilität im Zentrum war es schwer, sie vom eigenen Tor wegzuhalten“, beschrieb Terzić freundlich. So habe man den Gastgebern unnötig lange „das Gefühl gegeben, da geht noch was“.
Die Variante ohne Mittelstürmer war vor der Partie intensiv besprochen worden. Vor allem bei den Standards könnte ein großer Mann fehlen, hieß es in den öffentlichen Überlegungen des Kölner Cheftrainers. Und tatsächlich fiel der Dortmunder Führungstreffer durch eine Eckball-Variante. Allerdings war diese flach gespielt: Der FC wurde nicht in der Luft überwunden, sondern durch den 1,76 Meter großen Donyell Malen, der in einen flach gespielten Ball sprintete und vor allem deshalb ins lange Eck versenkte, weil Linton Maina zwar mittendrin war. Aber wie vor einer Woche beim Treffer des 1. FC Heidenheim in Müngersdorf nicht wirklich dabei. Da hätte auch ein kopfballstarker Mittelstürmer nicht geholfen.
Am anderen Ende des Spielfeldes hätte ein Stürmer dagegen seine Möglichkeiten erhalten. 13 Ecken erspielten sich die Kölner und damit mehr als doppelt so viele wie üblich. Doch nie wurde es gefährlich. Dennoch hielt sich nach dem 0:1 der Eindruck, Köln sei nicht ohne Chance im Duell mit dem um Lichtjahre stärker besetzten Dortmunder Kader.
Kurz nach der Pause schien die Flexibilität im Angriff sogar für diesen einen Moment in einem Erfolg zu münden. Doch als Dejan Ljubicic Jan Thielmann mit einer seiner wenigen geglückten Aktionen freispielte, zögerte der junge Stürmer einen Moment zu lange und ließ damit Kobel im Dortmunder Tor die Chance zur Glanztat.
Das war gleich nach dem Seitenwechsel, und für weitere zehn Minuten blieb Köln im Spiel. Dann aber setzte Rasmus Carstensen im eigenen Strafraum den Arm gegen Jadon Sancho ein, statt den Engländer weiter in Richtung Torauslinie laufen zu lassen. Füllkrug versenkte den Strafstoß (58.). Drei Minuten später verlor Carstensen auf der rechten Seite den Ball an Maatsen, der einen perfekten Pass in Malens Lauf spielte, dessen Sprintgewalt der wieder ordentlich auftretende Max Finkgräfe nichts entgegenzusetzen hatte.
Zwei individuelle Patzer Carstensens, zuvor Mainas Fehler beim 0:1. Die Qualitätsfrage stand am Samstag erneut über Müngersdorf, zumal die Kölner Verteidiger auch beim 0:4 kein Mittel fanden gegen Reyna, Bynoe-Gittens und den Torschützen Moukoko.
Florian Kainz wirkte nach dem Schlusspfiff schwer getroffen. „Es waren einige Sachen heute, wo wir nicht clever genug sind und daraus lernen müssen. Es ist sehr enttäuschend, wenn man eine gute erste Halbzeit spielt und dann mit 0:4 nach Hause geht“, beschrieb der Österreicher, der zwar oft am Ball gewesen war, jedoch in 75 Minuten keinmal aufs Tor geschossen hatte. Auch das war zu wenig.
Timo Schultz hatte das Spiel gegen Dortmund vorab zu einer Partie auf Augenhöhe erklärt und damit für Erstaunen gesorgt. Inhaltlich war seiner Mannschaft tatsächlich ein ordentlicher Auftritt gelungen, doch in den Details hatte es am Ende deutlich nicht gereicht. Wobei es angesichts einer 0:4-Heimklatsche schwierig ist, von Details zu sprechen. Es war eine letztlich doch eher umfassende Niederlage.
„Wir stellen uns in den entscheidenden Situationen zu naiv an. Da müssen wir lernen, noch brutaler das eigene Tor zu verteidigen“, befand Schultz: „Wir können und müssen in dem Bereich schnell große Schritte machen. Rein fußballerisch habe ich viele gute Sachen gesehen.“