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Nach dem 4:4 des FC gegen KarlsruheGerhard Struber mahnt seine Mannschaft zu mehr Fleiß

Lesezeit 5 Minuten
Trainer Gerhard Struber reagierte beim 4:4 gegen den KSC mit wachsender Ungeduld auf das Auftreten seiner Mannschaft.

Trainer Gerhard Struber reagierte beim 4:4 gegen den KSC mit wachsender Ungeduld auf das Auftreten seiner Mannschaft.

Keine Mannschaft der Zweiten Liga hat so viele Führungen verspielt wie der 1. FC Köln, dem offenbar in vielerlei Hinsicht die Ausdauer fehlt

Gerhard Struber beklagte nach dem 4:4 gegen den Karlsruher SC, seiner Mannschaft habe der Spielgestalter gefehlt. Diesmal meinte der Trainer des 1. FC Köln allerdings nicht Mark Uth, der in diesen Tagen zwar Vater wurde und privat ausschließlich zu beglückwünschen ist. Beruflich aber einmal mehr damit befasst ist, sich beim 1. FC Köln wenigstens zurück ins Teamtraining zu kämpfen. Nein, Struber sprach nicht von abwesenden Spielern, als er sich an einen ersten Versuch begab, das Unfassbare zu erklären. 3:0 hatte seine Mannschaft nach einer Viertelstunde geführt, zur Pause immerhin noch 4:2. Zu einem Sieg hatte es jedoch wieder nicht gereicht, zum dritten Mal nacheinander. Die klare Führung hatte den Kölnern keinen Schwung gegeben, im Gegenteil. „Wir haben nach dem 3:0 einen Gang zurückgeschaltet“. Damit hatte sich die Mannschaft ihre Grundlage genommen. „Die Intensität macht uns stark, davon leben wir“, beschrieb Struber: „Das Gegenpressing ist unser Spielgestalter.“

Julian Pauli (M.) zeigte noch die solideste Leistung in einer extrem sprunghaften Kölner Mannschaft.

Julian Pauli (M.) zeigte noch die solideste Leistung in einer extrem sprunghaften Kölner Mannschaft.

Nicht einzelne Akteure tragen die Leistung beim Absteiger. Es ist die gemeinschaftliche Anstrengung, ohne die das Spielsystem des österreichischen Trainers nicht funktioniert. Für die Kölner Fans ist das nichts Neues. Schon Steffen Baumgarts Fußball war anfällig – und zwar nicht nur gegen das Wirken des Gegners. Man war vor allem sich selbst ausgeliefert: Wenn einer nicht mitmachte, brach alles zusammen.

Daran hat sich nichts Entscheidendes geändert, wieder verzeichnet der FC dramatische Spannungsverluste. Obgleich Struber Wert darauf legt, dass sein Pressing-Ansatz eine taktische Tiefe hat, man situativ agiere. Denis Huseinbasic nannte es einmal „Anlaufen mit Kopf“: Es wird nicht alles und jeder gejagt, stattdessen sind klare Pressingauslöser bestimmt: Jede Attacke muss eine Ursache haben.

Das sollte dem Kölner Spiel Kontrolle geben. Doch auch Strubers Fußball kollabiert, wenn die grundlegenden Prinzipien nicht befolgt werden. Nun ist man wieder gelandet, wo man auch unter Baumgart stand. Mit der Einschränkung, dass der FC unter Baumgart zwei Jahre lang in der Bundesliga erfolgreich gewesen war, bevor alles auseinanderfiel.

Alles war angerichtet, viel besser geht es nicht, als 3:0 zu führen nach einer Viertelstunde. Wir hatten aber vorher schon Glück, als die Karlsruher ein paar richtig gefährliche Aktionen hatten
FC-Abwehrchef Timo Hübers

Gegen Karlsruhe funktionierte das Kölner Spiel 15 Minuten lang, wobei auch das nicht ganz stimmt. Nach einer Viertelstunde führte der FC zwar 3:0. Doch selbst in dieser Phase zeigten die Gastgeber das Gegenteil von Stabilität. „Alles war angerichtet, viel besser geht es nicht, als 3:0 zu führen nach einer Viertelstunde. Wir hatten aber vorher schon Glück, als die Karlsruher ein paar richtig gefährliche Aktionen hatten“, beschrieb Timo Hübers nach dem Schlusspfiff.

Der Befund war eindeutig: Die Kölner hatten sich nicht ausreichend bemüht, da musste Struber nicht in die Datenbanken einsteigen. „Wir analysieren das sehr genau. Wir wollen diese Kontrolle, diese Dominanz. Den Gegner weit weghalten vom Tor“, hob er an. Doch was er gesehen hatte, war eindeutig: „Die Gegentore geben uns viel Aufschluss darüber, dass wir zu passiv waren und unsere Intensität nicht unter Beweis gestellt haben.“

Auch Hübers benötigte keine Tiefenanalyse. „Uns hat die allerletzte Konsequenz gefehlt. Wir haben uns das alles selbst zuzuschreiben. Es ist nicht so, dass wir Woche für Woche von übermächtigen Gegnern an die Wand gespielt werden, es ist immer wieder die gleiche Geschichte: Die Konsequenz in den Zweikämpfen, auch um die zweiten Bälle“, sagte der Abwehrchef, der nicht das „große Ganze infrage stellen“ wollte, dafür habe am neu geübten System bereits zu vieles funktioniert. „Wir verfolgen seit drei Monaten einen Plan, der sieht über weite Strecken nicht schlecht aus. Bevor man den kompletten Plan über den Haufen wirft, sollte man zunächst schauen, wo man den noch ausfeilen kann.“ Erst einmal gehe es darum, Zweikämpfe zu suchen, zu finden und zu gewinnen. „Dann schauen wir uns das noch einmal taktisch an“, schlug Hübers vor.

Luca Waldschmidt hatte voller Entschlossenheit die 1:0-Führung erzielt, per Gewaltschuss aus nächster Nähe. In der dritten Minute war das, zuvor hatte er schon eine Chance brillant eingeleitet. Es waren Waldschmidts bisher besten drei Minuten der Saison. Umso ärgerlicher, dass er anschließend das Spielen einstellte. Waldschmidt verschwand aus der Partie: Insgesamt 39 Ballkontakte verzeichnete er bis zu seiner Auswechslung nach 75 Minuten, 20 davon in den ersten 20 Minuten. Noch dramatischer waren die Zahlen bei Damions Downs: Der Stürmer kam in der ersten Viertelstunde auf acht Ballberührungen, drei Schüsse und zwei Tore. Und berührte den Ball in den folgenden 45 Minuten nur noch ein weiteres Mal.

Luca Waldschmidt erzielte gegen Karlsruhe zwar das frühe 1:0, verschwand dann aber aus dem Spiel.

Luca Waldschmidt erzielte gegen Karlsruhe zwar das frühe 1:0, verschwand dann aber aus dem Spiel.

Struber kannte diese Daten, entsprechend gering war seine Überraschung. Welche Lehre er daraus ziehen werde, wurde er gefragt. „Dranzubleiben“, antwortete er postwendend: „Wir müssen den Anspruch haben, fleißig zu bleiben. Das betrifft Damion wie viele andere heute. Wir hatten nicht den Zug, der uns normalerweise auszeichnet – ob wir in Führung sind oder auch mal hinten liegen“, sagte der 47-Jährige. Die fehlende Konzentrations- und Willensausdauer zieht sich durch die Saison. Immer wieder führte Köln; in sechs von sieben Spielen ging der FC in Führung, nur zwei davon gewann Strubers Mannschaft. „Wenn es so häufig passiert, ist es irgendwann kein Zufall mehr“, gestand Waldschmidt: „Gut zu spielen reicht nicht. Chancen zu erspielen, reicht auch nicht. Wir müssen über 90 Minuten bei 100 Prozent sein.“

Die Kölner Schwäche lässt sich längst in der Tabelle ablesen, die Mannschaft ist bereits unter Druck. Struber weiß das. „Wir haben den Anspruch, uns auch tabellarisch ganz woanders zu zeigen. In der gelebten Realität sehen wir aber, dass viele junge Talente Lernmomente erleben. Und da hoffen wir, dass die Lernkurve jetzt steil nach oben geht.“