FC-Profi Mathias Olesen sorgt mit seinem Wahlaufruf für Aufruhr – dabei sind die Absichten des Luxemburgers ehrenwert.
„Damit ich hierbleiben kann“Olesens Satz sorgt für Aufsehen – Ex-„Bild“-Chefredakteur Reichelt ärgert sich
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Mathias Olesen ist in die Falle derer gelaufen, die gern Aussagen falsch verstehen, um sie in ihre Agenda einzupassen.
Copyright: IMAGO/Laci Perenyi
Der 1. FC Köln spielt am Wahltag gegen Fortuna Düsseldorf, der Sonntag ist für die Fans beider Vereine somit in mehrfacher Hinsicht von Relevanz. Erst ins Wahllokal, dann ins Stadion – so soll es nach dem Wunsch des FC gehen, der in dieser Woche mehrfach aufruft, wählen zu gehen, auch gemeinsam mit den Düsseldorfer Rivalen.
Am Montag widmete das Social-Media-Team des FC seine „Frage der Woche“ der Bundestagswahl. Zuletzt war es in der Rubrik zum Beispiel darum gegangen, welchen ihrer Kollegen die FC-Profis gern einmal im „Dschungelcamp“ sähen. Eine Bundestagswahl ist da natürlich ein etwas schwierigeres Thema. Doch die FC-Spieler, die auf dem Weg von der Kabine zum Trainingsplatz mit der Frage „Warum gehst du wählen?“ konfrontiert wurden, lösten ihre Sache bemerkenswert gut: „Warum nicht? Das ist doch die eigentliche Frage!“, entgegnete etwa Torhüter Marvin Schwäbe. „Weil sonst andere für mich entscheiden“, sagte Linksverteidiger Leart Pacarada; „um für meine Werte einzustehen!“, ergänzte Luca Waldschmidt. Und Torwarttrainer Peter Greiber fügte an: „Weil es ein Privileg ist.“ Und Kapitän Timo Hübers antwortete im Vorbeigehen: „Um sich ein Miteinander zu bewahren, in dem sich jeder wohlfühlen kann. Ganz egal, wo er herkommt oder wie er aussieht. Wie bei uns in der Mannschaft.“ Das soll mal einer besser sagen.
Um sich ein Miteinander zu bewahren, in dem sich jeder wohlfühlen kann. Ganz egal, wo er herkommt oder wie er aussieht. Wie bei uns in der Mannschaft
Auch ausländische Spieler wurden gefragt, der Österreicher Florian Kainz etwa erklärte, man solle schon allein deshalb zur Wahl gehen, „weil man es darf“. Dann war Mathias Olesen an der Reihe. Der 23-Jährige hat einen dänischen und einen luxemburgischen Pass. Wählen darf er in Deutschland nicht. Aber dazu aufrufen. „Geht bitte zur Wahl, damit ich noch hierbleiben darf“, sagte er. Nun ist Olesen als gut integrierter Facharbeiter aus einem EU-Land der denkbar unwahrscheinlichste Kandidat auf eine Abschiebung. Und das weiß er auch, der Mittelfeldspieler fügt sich gut ein in die bemerkenswert vernünftige Mannschaft, die der 1. FC Köln in dieser Saison beieinander hat.
Auch wollte Olesen keine Angst schüren. 23-jährige Fußballprofis haben Besseres zu tun, zumal montagmorgens auf dem Weg zum Trainingsplatz. Dennoch zeitigte Olesens Aussage auch negative Reaktionen. Vor allem Julian Reichelt, der ehemalige „Bild“-Chefredakteur und derzeitige geschäftsführende Direktor des Portals „Nius“. Reichelt teilte beim Dienst X“ mit: „Sich an links-grüner Angstpropaganda zu beteiligen, wie es der 1. FC Köln hier tut, hat nichts mit gesellschaftlichem Engagement zu tun. Es ist bewusste Irreführung, Verdummung und Aufstachelung der eigenen Anhänger.“ „Nius“ verfolgt eine Linie, die der kulturkämpferischen Rechten zuzuordnen ist. Da lag es offenbar nah, Olesens Satz in eine Richtung zu deuten, die in die Agenda des Portals passt.
Tatsächlich war aus dem Umfeld des Spielers zu erfahren, dass er seine Worte zwar spontan, aber nicht ohne Hintergrund gewählt habe. Offenbar wollte er Sorgen aufnehmen, die zwar nicht direkt seine sind und ihn auch nicht direkt betreffen. Die ihm aber begegnen.
Zahlreiche auch internationale Medien nahmen Olesens Zitat ohne weitere Einordnung auf – und transportierten damit auch das Bild eines Deutschlands, in dem dänisch-luxemburgische Fußballprofis ihre umgehende Ausweisung fürchten. Das ist wiederum ein Problem, weshalb die Welt wohl auch gut ohne Olesens Satz ausgekommen wäre. Wer jedoch nachhorchte, erfuhr: Olesens Absicht war das alles nicht.
Reichelt dagegen befand, die Aussage aus Köln sei „schlicht skrupellos“. Diese Tonlage kennt man vom früheren „Bild“-Chef: Wer so argumentiere, mache sich „mitschuldig an all den Anschlägen, die noch folgen werden“. Was dann endgültig die Frage aufwarf, ob es nicht möglicherweise doch etwas kleiner geht. Unter Demokraten.