In einer langen Mail wenden sich Werner Wolf und seine Stellvertreter an die Mitglieder des Klubs und werben für ihren Kurs.
Post des FC-VorstandsPräsidium spricht sich das Vertrauen aus
Der Vorstand des 1. FC Köln hat am Mittwochabend eine lange Mail an die Mitglieder des Vereins geschickt, um sich nach „turbulenten und herausfordernden Wochen“ das Vertrauen auszusprechen. Nach drei Pflichtspielsiegen in Serie wähnt man sich weit genug entfernt von den jüngsten Schrecken, um einen versöhnlichen Blick zurück wie nach vorn wagen zu können. Die Pleiten gegen Darmstadt und Paderborn hätten „einen Sturm der Enttäuschung“ ausgelöst: „Nach anderthalb Jahren der sportlichen Enttäuschung, inklusive Abstieg und Transfersperre, wuchs die Angst, nun in die Bedeutungslosigkeit des Profifußballs abzurutschen“, hieß es.
Die Sorgen der Mitglieder und auch deren Zorn haben den Vorstand nicht überrascht, tatsächlich räumte auch das Präsidium ein, Zweifel gehabt zu haben. „Wir haben in dieser Phase intern sehr deutlich nachgefragt und hinterfragt, ob der FC sportlich noch auf dem richtigen Weg ist“. Ganz grundsätzlich hatte man allerdings nicht werden wollen, das unterstreicht das Wort „sportlich“: Die Zweifel des Vorstands betrafen offenbar nicht den Vorstand, sondern Christian Keller und den Trainer, den Keller ausgewählt hat, Gerhard Struber. Doch all das hat man vorerst hinter sich gelassen. Auf der sportlichen Entscheidungsebene wurden Maßnahmen ergriffen, auf die eine Verbesserung folgte. Wie ursächlich das eine für das andere war, sei dahingestellt. Doch entscheidend sind die Ergebnisse, und die waren positiv.
Das hat Werner Wolf und seine Kollegen zu der Ansicht geführt, nach wie vor „die richtigen Personen an den richtigen Positionen zu haben“, wie es in der Mitteilung hieß. Ob die Bitte um Analyse und Veränderungen ultimativen Charakter hatte, blieb offen. Nach allem, was aus dem Verein zu hören war, hatten die Gremien für den Fall eines Ausscheidens im Pokal gegen Kiel über personelle Konsequenzen beraten. Nun aber sei die Überzeugung wieder bestärkt. „Christian Keller hat die Situation in seiner Funktion als Geschäftsführer Sport klar und objektiv analysiert. Cheftrainer Gerhard Struber hat die Herausforderung der neuen Situation angenommen, neue Lösungen für mehr Stabilität gesucht und gefunden“, schreibt das Präsidium.
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Seit fünf Jahren ist Werner Wolf FC-Präsident, und abgesehen von der kurzen Phase unter Trainer Steffen Baumgart hat er sich überwiegend mit Krisen beschäftigen müssen. Auf die Covid-Pandemie mit ihren Herausforderungen folgte die Phase finanzieller Nöte, deren Überwindung vorerst in der Zweiten Liga geendet ist. Dazwischen ging es um die historische Pleite vor dem Internationalen Sportgerichtshof in Lausanne, und das Thema Geißbockheim begleitet den 68-jährigen Patron wie ein treues Haustier durch die Jahre. Für Wolf und seine Vizepräsidenten bedeutet es daher reine Routine, in den Durchhaltemodus zu schalten. Und einmal mehr das Bild des Kapitäns zu zeichnen, der im Sturm auf der Brücke steht.
Wobei – beim 1. FC Köln durchfährt man auch schlimmste Stürme gelassen. Man habe versucht, „immer Ruhe auszustrahlen, in stürmischen Zeiten voranzugehen und vor allem Kurs zu halten“, heißt es wörtlich, „weil wir als FC-Familie mit Euch gemeinsam den oftmals herausfordernden Lernprozess meistern möchten, uns künftig nicht mehr von den kurzfristigen Emotionen des Tagesgeschäfts leiten zu lassen“.
Was nach dem Sturm bleibt, sind blendende Aussichten. Man räumte zwar ein, dass der Abstieg vielleicht vermeidbar gewesen wäre, hätte man den „knallharten Sparkurs“ angepasst. Aber wer weiß das schon: „Eine Garantie gibt es dafür aber bis heute nicht“, schrieb das Präsidium. Vor der Mitgliederversammlung im September hatte man noch anders gesprochen: „Die Sanierung an sich war alternativlos, das Tempo war zu hoch – das kann man rückblickend so sehen“, hatte Vizepräsident Eckhard Sauren dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ erklärt. Drei Siege in Folge haben ihre Wirkung offenbar nicht verfehlt. Man ist rückwirkend wieder überzeugt.
Das Scouting sei neu aufgestellt, eine einheitliche Spielidee formuliert. Am Geißbockheim hat man nach Jahrzehnten des Stillstands im Bestand renoviert. Die Umsätze in Sponsoring, Ticketing und Merchandising seien „genauso erstligareif wie die ungebrochene Liebe von Euch Fans und Mitgliedern“.
Der Verein sei nun so aufgestellt, dass man „wieder angreifen“ könne: „Viele Ampeln stehen inzwischen auf Gelb oder sogar schon auf Grün!“, teilt der Vorstand begeistert mit, und bevor jemand fragt: Dass es dem Verein so gut geht, liegt zum Großteil am Zukunftskonzept des Präsidiums: „Viele der genannten Fortschritte sind aus den strategischen Zielen entstanden, die wir vor einigen Jahren in unserem Matchplan festgelegt haben.“ Der Klub stehe „kurz davor, dass die Maßnahmen greifen“ und damit „vor der einmaligen Chance, den ganzen Verein nachhaltig in eine bessere Zukunft zu führen. Umso wichtiger ist es aus unserer Sicht, Kontinuität auf möglichst vielen Schlüsselpositionen zu bewahren“, heißt es beinahe rührend.
Der Hinweis auf die Kontinuität darf auch als weitere vorbereitende Maßnahme verstanden werden: Christian Kellers Vertrag läuft offenbar im Februar aus. Der Vorstand würde gern verlängern, doch das ist schwierig. Seit die Mitglieder ihnen im September die Entlastung verweigerten, brauchen Werner Wolf und seine Kollegen kurzfristigen sportlichen Erfolg, um ihre langfristige Strategie fortsetzen zu können. Offenbar ist ein neuer Kontrakt für den Geschäftsführer trotz der problematischen sportlichen Bilanz seiner bisherigen Amtszeit bereits ausgearbeitet, wenngleich noch nicht von den Gremien abgesegnet. Im Gemeinsamen Ausschuss braucht der Vorstand eine Mehrheit, um einen solchen Vertrag schließen zu können. Ein erfolgreicher Endspurt bis zur Winterpause würde die Führung weiter festigen.