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Samstag der FC-AbschiedeNach dem Schlusspfiff wird’s emotional in Müngersdorf – spätestens

Lesezeit 5 Minuten
1.FC Köln vs. Hertha BSC Berlin, 32. Spieltag, 12.05.2023, 20.30 Uhr, Geburtstagsständchen für Timo Horn (1. FC Köln), Bild: Herbert Bucco

Timo Horn und Jonas Hector (l.) werden am Samstag Abschied nehmen vom 1. FC Köln.

Trainer Steffen Baumgart hat noch einmal bekräftigt, dass FC-Keeper Timo Horn am Samstag gegen den FC Bayern nicht starten wird.

Aus aktuellem Anlass blickte Steffen Baumgart schon am Donnerstag auf die Saison zurück, die sogar nach den Maßstäben des 1. FC Köln eine außergewöhnlich intensive war. Wegen der Teilnahme an der Conference League und der Herbst-WM in Katar war die Terminhatz in der komprimierten Hinrunde beispiellos. Doch ging Baumgarts Blick im vergangenen Sommer bereits voraus – und zwar auf das Bundesliga-Finale. „Ich habe den Spielplan bekommen und am letzten Spieltag gesehen: Bayern München zu Hause. Glauben Sie mir, dass ich drei Kreuze mache, dass das für uns jetzt kein Endspiel ist. Mein erster Gedanke damals war: Hoffentlich haben wir dann mit nichts mehr was zu tun“, beschrieb der FC-Trainer.

Baumgarts Wunsch ist erfüllt worden. Während an beiden Enden der Tabelle noch größte Aufregung herrscht, segeln seine Kölner sportlich sorgenfrei den Ferien entgegen. Baumgart richtete vor der Partie gegen den Rekordmeister am Samstag (15.30 Uhr) bereits einen Dank an seine Mannschaft, die trotz kleinerer Ergebnisdellen, einem unglücklichen Pokal-Aus beim damaligen Zweitliga-Spitzenreiter Jahn Regensburg und einer wegen zweier Niederlagen gegen Partizan Belgrad verpassten K.o.-Phase in der Conference League auf ein sportlich erfolgreiches Spieljahr zurückschaut: „Bin ich froh, dass ich 42 Punkte habe“, seufzte der Coach.

Obwohl die Kölner ihre Ziele längst erreicht haben, wird Müngersdorf einen außergewöhnlichen Samstag erleben. Denn die Bayern haben noch immer die Möglichkeit, die Meisterschaft zu gewinnen. DFL-Präsidiumsmitglied Steffen Schneekloth wird mit einer Kopie der Meisterschale nach Köln reisen, um im Fall der Fälle den Rekordmeister ehren zu können.

Erlebt Müngersdorf eine Meisterfeier?

Ob nach einer Münchner Meisterehrung oder gleich nach dem Schlusspfiff: Es wird emotional werden im Stadion, denn die FC-Größen Jonas Hector, Timo Horn und Ellyes Skhiri sollen noch angemessen verabschiedet werden. „Nach Abpfiff der Partie beginnt der Abschied auf dem Rasen, bleib bitte auf deinem Platz. Sollte der FC Bayern die Meisterschaft holen, folgt der Abschied auf die Meisterehrung“, teilte der 1. FC Köln seinen Fans bereits am Donnerstag mit.

Ob es noch während des Spiels zu Abschiedsszenen kommen wird, ließ Baumgart offen. Klar ist, dass Timo Horn im Gegensatz zu seinen Kollegen Hector und Skhiri nicht beim Anpfiff auf dem Rasen stehen wird. „Wir werden mit der aus unserer Sicht stärksten Aufstellung auflaufen. Timo ist unsere Nummer 2, daher wird Marvin im Tor stehen. Wir konzentrieren uns darauf, das Spiel erfolgreich zu gestalten. Daher klar: nein“, bekräftigte Baumgart.

Die Situation müsse passen. Tatsächlich wünscht sich der Trainer für sich und seine Mannschaft, dass Horns Einwechslung wegen anhaltender Dramatik ausgeschlossen ist. „Ich hoffe, dass es am Ende so spannend ist, dass wir nicht in diese Situation kommen.“ Angesichts von zwei Punkten Rückstand der Bayern auf Dortmund wäre jedoch auch denkbar, dass der BVB im Heimspiel gegen Mainz in der Schlussphase uneinholbar hoch führt und es auf das Ergebnis in Köln gar nicht mehr ankommt. Doch die Kölner skizzieren für sich kein Szenario. „Unser einziger Plan ist, wie wir spielen wollen. Und nicht, wie und wann wir auswechseln“, sagte Baumgart – schob allerdings nach: „Aber wir werden sehen.“

Timo Horn hält sich ebenfalls zurück. „Ich hätte lieber die letzten anderthalb Jahre gespielt. Deswegen habe ich auch die Entscheidung getroffen, wie sie jetzt ist. Ob ich dann noch einmal ein paar Minuten bekomme, ist mir nicht wirklich wichtig“, sagte der 30-Jährige in dieser Woche im FC-Podcast bei Radio Köln: „Die Wertschätzung der Fans, die Jonas Hector und mich nach den Spielen zuletzt immer gefeiert haben, ist viel mehr wert. Ein paar letzte Spielminuten – das wäre für mich eher zweitrangig“, erklärt der Rondorfer, dessen Zeit im FC-Trikot nach 21 Jahren am Samstag enden wird.

Ich habe ursprünglich den Gedanken gehabt, mein Leben lang beim FC zu bleiben. Aber das musste ich anpassen, wie es im Fußball eben so ist
Timo Horn im FC-Podcast von Radio Köln

Neun Jahre lang war Horn die Nummer 1 im Kölner Tor, doch nach einer Verletzung im Dezember 2021 verlor er seinen Platz an Marvin Schwäbe. Nach 329 Pflichtspielen für den FC ist nun Schluss für den Silbermedaillen-Gewinner von Rio. Horn ist unlängst Vater geworden, sein Leben verändert sich derzeit ohnehin. Es scheint, als verlasse er den Klub durchaus desillusioniert. Aber bei weitem nicht bitter. „Ich habe ursprünglich den Gedanken gehabt, mein Leben lang beim FC zu bleiben. Aber das musste ich anpassen, wie es im Fußball eben so ist“, sagt der Keeper lakonisch.

Horn sorgte damals für Aufsehen, als er sich trotz des Abstiegs im Frühjahr 2018 entschied, in Köln zu bleiben. Er habe damals den Kopf weitgehend ausgeschaltet. „Ich wollte meinen Heimatverein nicht mit einem Abstieg verlassen. Das konnte ich nicht übers Herz bringen.“ Nach dem Wiederaufstieg war der Torwart angesichts schwankender Leistungen immer wieder in die Kritik geraten, die Öffentlichkeit ging Horn auch persönlich an. „Klar tat das weh, inzwischen habe ich das verarbeitet und kann damit umgehen.“

Nun sucht der Torwart eine neue Herausforderung. Sein Berater sondiert den Markt im In- und Ausland, doch bislang ist nichts entschieden, Horn zeigt sich offen. Hauptsache, die sportliche Seite seines Jobs ändert sich. Es sei schwierig gewesen, zu merken, „das bringt alles nichts, was ich hier täglich zeige. Ich habe mich in vielen Trainingseinheiten sehr gut gesehen und auch jederzeit in der Lage, zu spielen. Dann denkt man: Ich bin im besten Torwartalter, ich bin gesund, ich bin fit. Dann will man auch spielen.“ Seine Ambitionen seien unverändert. „Daher ist die Zeit noch nicht gekommen für mich, zu sagen, dass ich mich mit der Rolle als Nummer 2 zufriedengebe.“ Es war nicht leicht, den Kollegen in seinem Tor zu sehen – und nichts dagegen tun zu können. Horn will sich zurück in eine Stammformation kämpfen. „Ich versuche, wieder eine Herausforderung zu finden, wo ich einen fairen Zweikampf habe.“