Köln – Die Hansestadt Rostock hat zwar über 200.000 Einwohner, doch „im Fußball ist Rostock ein Dorf“. Sagt Steffen Baumgart, der gebürtige Rostocker und Cheftrainer des 1. FC Köln. Wie es der Zufall so will, ist auch der neue Trainer des kommenden Gegners in diesem „Dorf“ geboren.
Marco Kostmann, der bisherige Torwarttrainer von Arminia Bielefeld, der am Mittwoch überraschend die Nachfolge des entlassenen Frank Kramer antrat, hat in seiner Vita als Spieler und Trainer zudem einige Vereine aufzuweisen, für die auch Baumgart spielte oder die er trainierte: SG Dynamo Rostock, Hansa Rostock, Union Berlin, SC Paderborn. Doch der 50-jährige Baumgart und der sechs Jahre ältere Kostmann haben keinen Bezug zueinander. Fußball-Dorf Rostock hin oder her. „Wir kennen uns nicht. Wir haben uns immer verpasst. Ist so“, erklärt Baumgart.
Am Samstag (15.30 Uhr) werden sie sich kennenlernen. Zwar nicht intensiv, aber sie werden sich mit ihren Mannschaften im ausverkauften Rhein-Energie-Stadion gegenüberstehen.
Baumgart von Trainerwechsel überrascht
Mit dem Trainerwechsel beim Vorletzten hat Baumgart nicht gerechnet. „Das hat mich überrascht“, sagte der Coach und erklärte, warum: „Ich war beim Spiel gegen Bayern, das sah nicht so schlecht aus. Aber ich will mir da kein Urteil erlauben. Für Bielefeld ist es vielleicht der letzte Strohhalm, um die Mannschaft wachzurütteln und um den Klassenerhalt zu schaffen. Sie werden ihre Spielweise aber nicht in drei Tagen komplett über den Haufen werfen. Wir wollen uns ohnehin so wenig wie möglich nach dem Gegner richten. Wir wollen das Heimspiel gewinnen – mit allem, was wir haben.“ Kostmann zur Seite gestellt wurde Michael Henke, ein Haudegen und langjähriger Assistent von Ottmar Hitzfeld, der auch in Köln kein Unbekannter ist. Von Juni 2009 bis Oktober 2010 war der 64-Jährige Co-Trainer von Zvonimir Soldo. Der Erfolg blieb damals allerdings aus.
Baumgart, so hatte es am Donnerstag den Anschein, will sich rein auf die kommende Aufgabe konzentrieren und weniger auf Begleitumstände, die er ohnehin nicht beeinflussen kann. Das heißt aber nicht, dass er zu diesen nichts zu sagen hätte. Nach den Halbfinal-Spielen im DFB-Pokal reicht aller Voraussicht nach Platz sieben, um in der kommenden Saison am Europapokal teilzunehmen. Baumgart war allerdings sogar etwas enttäuscht, dass insbesondere Union Berlin so dramatisch in Leipzig verlor. „Ich war jetzt nicht so erfreut über das Ergebnis am Mittwoch, da hängt mein Herz woanders“, sagt der FC-Coach, der zu seinem Ex-Klub bekanntlich weiter eine besondere Beziehung pflegt.
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Auch von Rechenspielen vier Spieltage vor Saisonende hält der 50-Jährige nicht viel: „Ich würde gerne vor Union kommen und vor Hoffenheim bleiben. Wie schwer das wird, ist jedem klar. Ob jetzt Platz sieben reicht, ist aber nicht mein Fokus. Ich will mit den Jungs weiter erfolgreich sein. In erster Linie müssen wir unsere Hausaufgaben machen.“ Die nächste dieser Problemstellungen ist das Duell gegen einen Gegner, der seit sieben Bundesliga-Spielen sieglos ist, nur einen Punkt holte und nur ein Tor erzielte. Der aber stets einen großen Aufwand betreibt. Denn ligaweit legte die Arminia die größte Laufdistanz zurück, im Schnitt 118,8 Kilometer pro Partie. Der FC ist nicht minder laufstark und kommt auf die meisten intensiven Läufe (im Schnitt 756 pro Partie).
Im Gegensatz zu Bielefeld hat der FC nach dem Comeback-Sieg gegen Mainz (3:2 nach 0:2) und dem Triumph im Derby in Gladbach (3:1) aber viel Selbstvertrauen. Doch nicht vergessen ist, dass in der Hinrunde nach dem hohen Derbysieg (4:1) eine Punkteteilung in Bielefeld und eine Heimpleite gegen Augsburg folgten. „Bielefeld hat uns im Hinspiel sehr gefordert, so dass wir keine Lösungen hatten. Wir rechnen mit einem Spiel, das wenige Chancen bietet“, meint Baumgart. Seine Mannschaft sei ohnehin in keiner Partie der klare Favorit.
Höherer Druck durch Erfolge
Doch die Erwartungshaltung ist in Köln aufgrund der Ergebnisse und Leistungen zuletzt gestiegen, das weiß er: „Natürlich ist man mit Erfolgen besser drauf als mit schlechten Ergebnissen. Ich habe hier aber noch nie erlebt, dass die Jungs mal wirklich schlecht drauf waren. Sie haben Spaß am Arbeiten. Der Druck ist gerade nicht raus, der wird sogar noch höher. Den haben wir uns aber selbst gemacht. Wir müssen jedes Wochenende unseren Mann stehen. Aber es ist bestimmt ein Lächeln mehr da als im vergangenen Jahr.“
Vor genau zwölf Monaten stand der FC ungefähr dort, wo sich auch Arminia Bielefeld aktuell befindet: Mit dem Rücken zur Wand. Jetzt träumen die Kölner auf einmal von Duellen auf der internationalen Bühne. Mit dem dritten Sieg in Folge könnten sie am Samstag den nächsten entscheidenden Schritt dahin machen.
FC-Personalien
Steffen Baumgart vertraut den Derby-Siegern. Der FC-Chefcoach wird gegen Bielefeld im Vergleich zum 3:1-Sieg in Gladbach seine Startelf wohl nur auf einer Position verändern.
Benno Schmitz dürfte für Kingsley Ehizibue ins Team und hinten rechts in die Abwehrkette rücken. Man denke trotz einer sehr ordentlichen Leistung von Ehizibue im Derby darüber nach, sagte Baumgart: „Kingsley hat es gut gemacht. Doch Benno hat beim aggressiven Anlaufen des Gegners vielleicht bessere Lösungen.“ Auf allen anderen Positionen sehe er keinen Grund für Wechsel. Warum auch: „Besser als in der ersten Halbzeit gegen Gladbach habe ich uns noch nicht gesehen“, lobte Baumgart. Schmitz hatte sich beim 1:1 gegen Dortmund vor rund einem Monat verletzt und war in der Schlussphase des Derbys erstmals wieder eingesetzt worden.
Personell kann der Coach ohnehin fast aus dem Vollen schöpfen. Es fehlen weiter nur Angreifer Sebastian Andersson, der nach seiner Erkrankung in der kommenden Woche wieder einsteigen soll und Rechtsaußen Kingsley Schindler, der Samstag im Spiel der U21 gegen Fortuna Köln Spielpraxis sammeln soll. „Es ging ihm nach der Krankheit nicht so gut, wie wir uns das erhofft hatten. Wir werden noch checken, ob er wieder richtig fit ist“, sagte Baumgart über Andersson. Somit dürfte Baumgarts 20er-Kader unverändert bleiben.
In einem Sondertrikot läuft die Mannschaft am Samstag im Rahmen des Nachhaltigkeitsspieltags auf. Die FC-Profis präsentieren auf ihrer Brust statt des Sponsoren-Logos den Schriftzug „Lebe nachhaltig“ der gleichnamigen Klub-Kampagne. „Unsere gemeinsame Kampagne vereint eines der dringendsten Themen unserer Zeit: Unser Leben nachhaltiger zu gestalten, damit nachkommende Generationen auf diesem Planeten nicht nur leben, sondern lebenswert leben können“, sagt Präsident Werner Wolf. An der Aktion ist auch FC-Hauptpartner Rewe beteiligt. (LW)