Der Vizepräsident des 1. FC Köln gibt sich kämpferisch: „Ich werde alles dafür tun, damit ihr nicht gewählt werdet“, so Wettich in Richtung Kritiker.
FC-Talkrunde „Dreierkette live“Wettichs Kampfansage an Dieter Prestins Team
Am Montagabend saßen Carsten Wettich und Stefan Jung im selben Boot, allerdings war das nur tatsächlich zu verstehen, nicht bildhaft. Denn die Runde, die sich im Podcast „Dreierkette“ mit wechselnden Gästen üblicherweise montags dem Schicksal des 1. FC Köln widmet, kam diesmal auf dem Schiff „Rhein Roxy“ im Schatten der Rodenkirchener Brücke als Live-Veranstaltung vor Publikum zusammen. Und so traf Stefan Jung, der dem Vorstands-kritischen Team um Doublesieger Dieter Prestin angehört, auf den amtierenden FC-Vizepräsidenten Carsten Wettich sowie Stephan Schell, der Mitglied der Ultra-Gruppe „Wilde Horde“ ist sowie Vorsitzender der Vereinigung „Südkurve Köln e.V.“.
Männer mit Einfluss also im ausverkauften Saal. Jung, der als Prinz im Kölner Dreigestirn 2017 bekannt wurde und im Zivilberuf Hochschullehrer ist, hat mit seiner Initiative zuletzt den 1. FC Köln aufgefordert, die Kontaktdaten der mehr als 130.000 Mitglieder herauszugeben, um über eine Außerordentliche Mitgliederversammlung abstimmen zu lassen, auf der das amtierende Präsidium abgewählt werden soll. Jung will den Wechsel, einen Neuanfang: „Wer den Karren vor den Baum gefahren hat, sollte sich nicht als Fahrlehrer anbieten“, sagte er am Montag.
Laut Satzung hätte der Mitgliederrat des 1. FC Köln das Recht, eine solche Versammlung einzuberufen. Angesichts des Abstiegs und der Transfersperre wäre das grundsätzlich ein denkbares Szenario, und tatsächlich hat der Mitgliederrat darüber auch nachgedacht. Im Falle einer Abwahl des Vorstandes müsste der Mitgliederrat jedoch unverzüglich eine weitere Versammlung einberufen, auf der sich ein neues Präsidium zur Wahl stellen müsste. Inklusive der regulären Mitgliederversammlung im September wären also innerhalb dreier Monate drei Zusammenkünfte abzuhalten, die neben einem großen organisatorischen Aufwand auch hohe Kosten bedeuteten. Die Rede ist von 300.000 Euro pro Veranstaltung. „Das darf aber nicht der Grund sein, aus dem demokratische Rechte nicht ausgeübt werden“, erklärte Jung: „Das ist der Kern der Demokratie in unserem Verein, und die muss man auch leben.“ Der Mitgliederrat hat dafür votiert, das Präsidium bis zur turnusmäßigen Vorstandswahl im Amt zu belassen. Ein geordneter Übergang sei dem Machtvakuum vorzuziehen, das einer vorzeitigen Abwahl folgen könnte.
Prestin hatte erklärt, nicht als Präsident kandidieren zu wollen, sondern als Verantwortlicher für das Ressort Sport in einem neuen Vorstand. Auf einer Pressekonferenz am 10. Juni werde man Programm und Team vorstellen, bis dahin bittet das Team „FC-Zukunft“, das mittlerweile auch auf einer Internet-Präsenz sein Vorhaben präsentiert, um Geduld.
Der FC-Vorstand prüft derzeit, wie mit den Mitgliederlisten umzugehen ist, es gelten strenge Datenschutz-Vorschriften. Wettich gab sich im Grundsatz kooperativ. „Wenn eine bestimmte Zahl Mitglieder eine außerordentliche Mitgliederversammlung will, gibt es die und dann auch zurecht. Und wenn eine entsprechende Personenzahl den Vorstand abwählen möchte, gilt das genauso. Dafür sind wir der 1. FC Köln“, sagte der Vize.
Carsten Wettich stellt die Stilfrage
Er habe „kein Problem damit, dass es ein anderes Team gibt. Vielleicht ist es sogar förderlich, wenn es einen Wettstreit der Ideen gibt“, hob der Anwalt an, um an Jung gerichtet anzufügen: „Die Frage ist: Wie macht man das? So wie ihr das gemacht habt, kann man es nicht machen. Ich werde alles dafür tun, dass ihr nicht gewählt werdet, um das so deutlich zu sagen.“ Prestin hatte zu Jahresbeginn einen Termin mit FC-Präsident Werner Wolf vereinbart, anschließend allerdings ein Zeitungsinterview gegeben, in dem er den Vorstand heftig angegangen war. Wolf hatte das Gespräch daraufhin abgesagt, Prestin wiederum erklärte anschließend, das alles sei von ihm so geplant gewesen. Für Wettich eine Stilfrage. „Man kann keinen Termin mit dem Präsidenten ausmachen, dann ein Interview geben, in dem man den Vorstand zerlegt. Und anschließend sagen, man habe das Interview gegeben, um den Termin platzen zu lassen. So können wir nicht miteinander umgehen.“
Stefan Jung stimmte dem zu. Er habe das Vorgehen im Gespräch mit Prestin ebenfalls kritisiert: „Ob das der goldene Weg war, darüber kann man diskutieren“, räumte er ein. Allerdings finde er, man könne Prestins Eignung für ein Vorstandsamt nicht an diesem Vorgang festmachen: „Das ist für mich Polemik.“
Stephan Schell vertritt weite Teile der Aktiven Fanszene, die auch bei Mitgliederversammlungen stark engagiert ist und einigen Einfluss darauf hat, wer beim 1. FC Köln in ein Amt gewählt wird. „Wir müssen uns noch mit den angeschlossenen Fanklubs treffen. Aber für mich seid ihr keine Alternative, ich kann mir nicht vorstellen, dass ich euch in welcher Form auch immer unterstützen werde“, sagte Schell, der von zwei Telefonaten mit Prestin berichtete: „Ich habe verstanden, dass man unsere Unterstützung bekommen möchte. Aber wir lassen uns nicht vor den Karren spannen. Ich glaube, dass hier einige Leute ein Pöstchen wollen.“
Allerdings werde auch Schell abwarten, was am 10. Juni präsentiert wird. „Ich bin gespannt, was ihr da von euch geben werdet“, sagte er – und schaffte es auch damit nicht, Jung zum Plaudern zu bringen. Der ließ sich auch zu den personellen Ideen seiner Initiative nicht in die Karten blicken. Die Frage, ob Geschäftsführer Christian Keller unter seiner Führung weitermachen dürfe, sei ihm „zu tiefgehend“, zumal es zunächst wenig Gestaltungsspielraum gebe: „Sein Vertrag ist im Frühjahr 2023 verlängert worden, was nicht kommuniziert wurde. Verträge müssen eingehalten werden, aber natürlich ist vieles möglich.“