Die Anhörung im Fall Potocnik vor dem Cas läuft, für den 1. FC Köln steht eine Menge auf dem Spiel.
Vor Verhandlung in LausanneFall Potocnik: 1. FC Köln versuchte Einigung im letzten Moment
Am Dienstagmorgen begann im Palais de Beaulieu an der Avenue Bergières zu Lausanne eine für die Zukunft des 1. FC Köln richtungsweisende Verhandlung. Vor dem Internationalen Sportgerichtshof (Cas) trat eine Kammer aus drei Richtern zusammen, um sich auf die Suche nach der Wahrheit zu begeben und zu urteilen, wer sich rund um den Wechsel des damals 16 Jahre alten Fußballtalents Jaka Cuber Potocnik von Olimpija Ljubljana zum 1. FC Köln schuldhaft verhalten haben könnte.
Vor jeder Urteilsfindung steht beim Cas die Anhörung der beteiligten Parteien, das unterscheidet das Gericht in Lausanne vom Tribunal des Fußball-Weltverbands (Fifa), der im Februar 2023 nach Aktenlage entschieden hatte. Potocnik hatte nach einem halben Jahr Vertragszeit fristlos gekündigt, weil mündliche Versprechen nicht gehalten worden waren. Am nächsten Tag hatte der 1. FC Köln 1000 Kilometer von Ljubljana entfernt Potocnik als neuen Spieler präsentiert. Olimpija hatte dagegen geklagt, die Fifa daraufhin Potocnik und den 1. FC Köln bestraft.
Der FC hofft, die Richter für sich einnehmen zu können
Nun sucht der 1. FC Köln die Chance, die Abläufe des Transferwinters 2021/22 im Detail zu erläutern und die Cas-Juristen davon überzeugen, dass man kein aus dem Ruder gelaufener Menschenhändlerverein ist, der kleinen Klubs die Talente abjagt. Experten sind der Auffassung, dass eine Reduzierung der Sperre auf nur eine Transferphase für den FC ein Erfolg wäre. Allerdings ist auch ein Freispruch nicht gänzlich ausgeschlossen — wenn auch nicht unbedingt wahrscheinlich.
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Die Kölner hatten sich im Fall Potocnik vom ersten Tag an zuversichtlich präsentiert. Als sie ihre Rechtsberatung austauschten und den Cas-erfahrenen Schweizer Anwalt Gianpaolo Monteneri engagierten, stellten sie einerseits unter Beweis, dass sie die Angelegenheit ernst nahmen. Andererseits blieb man bei der Darstellung, die Münchner Gesellschafter von Olimpija Ljubljana operierten im halbseidenen Bereich. Daher wies man auch den Einwand, einen Transferstreit wie den um Potocnik auch außergerichtlich lösen zu können, stets zurück. Mit solchen Leuten gebe es keine Basis für Verhandlungen.
Olimpijas Vereinsspitze reiste an und ohne Deal wieder ab
Stattdessen verwiesen die Kölner auf ihre starke Position und zeigten wenig Einsicht, als es um den 30. August 2022 ging. Damals reisten Olimpijas Präsident und Eigner Adam Delius sowie Vizepräsident Christian Dollinger per Zug aus München nach Köln, um einen Deal zu finden. Doch Christian Keller schickte den Besuch ohne Einigung nach Hause. Es folgte ein Szenario, das zumindest für die Kölner Verantwortlichen unvorstellbar schien: Die Klage vor der Fifa, die mit 3:0 Richterstimmen gegen den FC ausging und eine Lage schuf, unter der die Kölner nun zu leiden haben. Die Transferphase dieses Sommers war bereits belastet, nun drohen weitere Sperren und eine siebenstellige Strafzahlung. Doch Keller schien es darauf ankommen lassen zu wollen.
Zum Auftakt der Anhörung berichtete allerdings der „Geißblog“, die Kölner Geschäftsführer Keller und Philipp Türoff seien zuletzt mehrfach nach München gereist, um die Angelegenheit in letzter Sekunde zu klären. Das deckt sich mit Informationen des „Kölner Stadt-Anzeiger“, nach denen es zuletzt vor zwei Wochen zu Verhandlungen in München gekommen sein soll, in deren Verlauf man sich scheinbar auf Zahlung einer hohen sechsstelligen Summe geeinigt hatte sowie eine Beteiligung Lubljanas an einem möglichen Weiterverkauf Potocniks. Doch Olimpija machte einen späten Rückzieher.
Wobei fraglich ist, was den Kölnern eine Einigung gebracht hätte. In der Sportgerichtsbarkeit gilt Vertragstreue als hohes Gut, gerade im Fußball mit seinen enormen finanziellen Möglichkeiten will man verhindern, dass Vereine ihr Fehlverhalten per Geldkoffer korrigieren können. Den Tatbestand der unrechtmäßigen Kündigung sowie der Anstiftung dazu hätten die Richter daher wohl dennoch weitergeprüft. Womöglich aber im Licht einer angepassten Darstellung vor allem Ljubljanas. So aber schien es am Dienstag, als sei die Kölner Position durch die Kunde vom späten Versuch einer Einigung geschwächt – denn warum sollte man sich im letzten Moment einigen wollen, wenn man sich doch klar im Recht sieht und das seit Monaten offensiv vorträgt. Andererseits könnte sich die FC-Spitze auch versprochen haben, dass die Cas-Richter den Vorstoß als Beleg dafür interpretieren, um eine friedliche Lösung bemüht zu sein.
1. FC Köln würde die Strafe am liebsten im Winter antreten
Nach den Anhörungen der beteiligten Klubs sowie der Vertreter Potocniks steht am Mittwoch die Befragung der Fifa an. Wann mit einem Urteil zu rechnen ist, bleibt vorerst offen. In vergleichbaren Fällen vergehen zwischen Anhörung und Entscheidung bis zu vier Monate – was aus Kölner Sicht unglücklich wäre: Denn bei einer Reduzierung der Sperre auf nur eine Transferperiode dürfte es den FC-Verantwortlichen wohl am liebsten sein, die Strafe gleich in diesem Winter anzutreten und nicht im kommenden Sommer.
Steffen Baumgart hält in diesen Tagen in erster Linie Kontakt zu Christian Keller. „Wir gehen davon aus, dass wir auf die Anhörung sehr gut vorbereitet sind“, sagte der Kölner Trainer am Dienstag. Viel mehr könne er zum Thema öffentlich nicht beitragen, schon gar nicht könne er eine Prognose abgeben.
Er wisse nicht, ob und was die gegnerische Seite oder die Fifa noch vortrage. „Ich weiß aber, dass unsere Seite mit viel Fleiß und Engagement an alles herangegangen ist, um eine Lösung zu finden. In welche Richtung das dann ausgeht, das weiß ich nicht. Auch wenn alle nach zwei Tagen ein gutes Gefühl haben, kann es ja sein, dass wir das Urteil vielleicht erst nach drei oder vier Monaten erhalten. Wir müssen uns überraschen lassen.“
Doch das Urteil wird auch konkret Auswirkungen auf die Arbeit des Trainers haben – wenngleich Baumgart das eher verneinte und versuchte, das Thema pragmatisch zu sehen: „Wir wissen, dass es hier immer weitergeht.“ Doch fiele das Urteil nach Wunsch der Kölner aus, könnte der FC in der Winter-Transferperiode personell noch einmal nachlegen. Haben die Kölner dagegen keinen Erfolg, muss Baumgart mindestens im Winter Transfers abhaken.
Baumgart will notfalls mit dem Nachwuchs arbeiten
Wenn der FC keine Spieler mehr verpflichten könne, dann werde er, Baumgart, eben mit seinem aktuellen Kader weiterarbeiten und weitere Spieler aus der U21 oder U19 zum Bundesliga-Team hochziehen. „Und dann hoffe ich, dass meine Arbeit mit der Mannschaft so positiv weitergeht – natürlich mit mehr Punkten als jetzt. Aber das Urteil ändert an meiner Arbeit und Einstellung gar nichts. Ich nehme es, wie es kommt. Ich habe Spaß mit den Jungs zu arbeiten. Und das wird so bleiben – unabhängig von einem positiven oder negativen Ausgang.“