Gastkolumne von „Sun“-ReporterEngland hat diese WM gebraucht
Es ist so traurig. Für knapp vier Wochen, in denen der Ball in Russland rollte, erlebten England und ich Momente der Leichtigkeit, des Zusammenhalts, der Freude. Nun, nach dem Ausscheiden im Halbfinale gegen starke Kroaten, kehren wir zurück in den Alltag, in Brexit-Diskussionen und zusammenbrechende Politik. Trotzdem überwiegt der Stolz. England hat diese WM gebraucht.
Aber fangen wir vorne an: In England kennen wir Enttäuschung im Fußball, wir haben und während der vergangenen Turnier-Pleiten sogar fast daran gewöhnt. Und dementsprechend waren auch vor dem Beginn dieser Weltmeisterschaft die Erwartungen niedrig. Kaum jemand hätte den Three Lions etwas zugetraut – warum auch? Junge Mannschaft, keine Superstars und die Erinnerung an die vergangenen Misserfolge haben jeden Optimismus erstickt.
Jeder Sieg brachte die Nation enger zusammen
Aber dann kam alles anders: England konnte gewinnen, sogar im Elfmeterschießen! Mit jedem Sieg rückte eine ganze Nation näher zusammen. Die Fußballfans vergaßen sogar die eingefleischte Vereinstreue. Plötzlich jubelten Arsenal-Anhänger für Tottenhams Stürmer Harry Kane, United-Fans feuerten Citys Kyle Walker an. Abseits des Turniers wäre das undenkbar! Aber diese Weltmeisterschaft hat so viel Lächeln in die Gesichter gezaubert.
Es ist so schade, dass dies nun vorbei ist. Die Weltmeisterschaft war unser heller Moment. Das Land hat dieses verbindende Element durch den sportlichen Erfolg gebraucht. Er brachte uns Freude in einen schwierigen Alltag, der von Unsicherheit und Spaltung, Brexit und politischen Zerwürfnissen geprägt ist. Dass diese Freudezeit nun vorbei ist, macht mich sehr traurig.
Trauer und Stolz
Aber es bleibt auch eine tolle Erinnerung. Eine ganze Nation ist traurig über das Ausscheiden. Aber eine ganze Nation ist auch stolz auf das Erreichen des Halbfinals. Und zwar ohne alles überragende Superstars, sondern als ein Team. Schon am Tag nach dem WM-Aus titelten alle Zeitungen mit Stolz über das gemeinsam Erreichte. Den Fans geht es nicht anders. Das ist so herrlich an der WM. Sie bringt die Menschen zusammen. Von mir aus hätte es ewig so weitergehen können.
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Es hätte wirklich unser Jahr werden können. Denn wir wissen nicht, wann wir die nächste Chance kriegen werden, so nah am Titel zu sein. Bis zum Halbfinale hatten wir viel Losglück und haben gegen verhältnismäßig schwache Gegner gespielt. Die Euphorie ließ uns auf einen Sieg gegen Kroatien hoffen. Doch, das muss man einfach anerkennen, Kroatien – mit einer Population so groß wie ein Drittel Londons – war energisch und besser als England. So bleibt uns die Erinnerung. Eine schöne.