Aus dem Kreis der herausragenden Spieler bei dieser WM ragt der Franzose Kylian Mbappé noch hervor – dank seiner Schnelligkeit und seiner famosen Treffsicherheit.
Kolumne „Wir schauen hin“Kylian Mbappé – mit der Kraft des Genies
Diese Fußball-WM wird in der offenen Klasse ausgetragen, das heißt, es gibt für ihre Teilnehmer keine Beschränkungen in Sachen Geschwindigkeit, Torgefahr oder Schusstechnik. Das Problem ist nur: Was tun, wenn ein junger Franzose das alles auf einmal beherrscht, und zwar besser als der ganze Rest?
Mbappés bemitleidenswerte Gegenspieler
Die Auflösung gab es spätestens am Sonntag zu bestaunen, als Kylian Mbappé, 23 Jahre jung, Sohn eines kamerunischen Vaters und einer algerischen Mutter, geboren in Bondy bei Paris, seinen bemitleidenswerten polnischen „Gegenspielern“ im Achtelfinale immer wieder aus dem Stand davon sprintete und sie stehen ließ, als seien sie mit Schlafmitteln abgefüllte Faultiere. Von null auf 35 Kilometer pro Stunde hat er beschleunigt, das ist auf Fußballfeldern unfassbar und würde in Tempo-30-Zonen die Blitzer auslösen.
Hinzu kam noch eine frisch antrainierte extreme Schusstechnik mit dem rechten, nun ja, was eigentlich genau? Innen- und Vollspann gleichzeitig? Jedenfalls flatterte der Ball unhaltbar für den polnischen Torhüter Szczesny zum 2:0 ins Netz, nachdem Mbappé zuvor schon das 1:0 für Olivier Giroud aufgelegt hatte. Aus Frankreich heißt es, diese Technik wolle Mbappé demnächst häufiger anwenden.
Das 3:0 erzielte Mbappé mit der Innenseite, ein Schlenzer in Bedrängnis im Sechzehner in den entfernten Torwinkel. Mbappé ist der zurzeit begabteste Fußballer, den es auf der Welt gibt. Er fügt seinem ungeheuren Talent allerdings auch eine ungeheure Prise Fleiß hinzu, anders sind seine Täuschungen, Drehungen, Schüsse und Tore nicht zu erklären.
Gleichwohl wohnt diesem Genius bisweilen eine Spur Arroganz inne, beim Jubeln ist das zu sehen oder auch in Form unnötiger Tricks auf dem Feld, die andere bloßstellen und ansonsten keinen Effekt haben. Mbappé-Kritiker monieren zudem, dass er ein Spielzeug katarischer Geldgeber ist, die ihn für ein unvorstellbares Honorar an ihren Klub Paris Saint-Germain gebunden haben.
Miroslav Klose wohl bald in Reichweite
Doch Mbappé liefert einfach weiter. Fünf Tore hat er bei dieser WM schon erzielt, mehr als jeder andere, neun Tore sind es bereits bei zwei Turnieren, bald schon dürfte er den Rekordschützen Miroslav Klose eingeholt hat, der bei 16 Treffern steht. In Frankreichs Nationalelf hat der von Mbappé bediente Giroud gegen Polen seinen 52. Länderspieltreffer erzielt – französischer Rekord. Doch nach dem 3:1-Sieg sagte Giroud: „Das ist nur ein Moment. Morgen, spätestens übermorgen hat mich Kylian überholt.“ Der steht derzeit bei 33 Treffern in 63 Länderspielen. Am Samstag geht es im Viertelfinale weiter, gegen England. Giroud ist ein Realist.