Nun ist es passiert: Deutschland gewinnt gegen Costa Rica und ist dennoch raus. Im ARD-Studio und in Katar suchen alle nach Antworten. Gab es eigentlich noch andere Themen bei dieser WM?
WM-Kolumne „Wir schauen hin“Schlechter hätte die deutsche WM-Bilanz nicht ausfallen können
Hat die deutsche Nationalmannschaft genug gebrannt bei dieser WM? Glaubt man dem ARD-Experten Bastian Schweinsteiger, dann nicht. Für Menschenrechte und ein klares Signal in Richtung Fifa ja sowieso schon mal nicht, wie das Theater um die „One Love“-Binde gezeigt hat, aber über Kapitänsbinden in Regenbogenfarben oder andere kritische Punkte in Zusammenhang mit diesem Turnier in Katar ging es an diesem Abend in der ARD sowieso nicht. Die Rolle der Frau? Die Rechte Homosexueller? Der Umgang mit Gastarbeitern? Kein Thema mehr.
Immerhin ging es an diesem Abend des letzten Vorrundenspiels um die Frage, ob Deutschland weiterkommt im Turnier oder nicht. Da werden die anderen kritischen Punkte dann eben nebensächlich. 4:2 gewann Deutschland nach einem über weite Strecken überlegenen Spiel, das die Mannschaft allerdings zwischenzeitlich aus der Hand gab.
Fürs Achtelfinale reichte es trotzdem nicht, denn Japan gelang das Kunststück, zwar gegen Costa Rica in der Vorrunde zu verlieren, aber gegen Deutschland und Spanien jeweils 2:1 nach 0:1 zu gewinnen. Muss man auch erst mal schaffen. Zwischenzeitlich war nach Costa Ricas Führung ja sogar Spanien raus.
„Dieser Abend wird noch lange nachhallen“
„Dieser Abend wird noch lange nachhallen“, sagte Jessy Wellmer im ARD-Studio. Und damit meinte sie natürlich das erneute Scheitern in einer Vorrunde der ehemaligen Turniermannschaft Deutschland bei einer WM. Hansi Flick bemühte sich zwar, Schweinsteigers Analyse zu widerlegen - gebrannt habe das Team auf jeden Fall ausreichend. So richtig überzeugend klang das allerdings nicht.
Dieser Abend hat zwei Dinge deutlich gemacht: Deutschland hat endgültig kein Abo mehr aufs Weiterkommen bei großen Turnieren. Und alle Kritik am WM-Austragungsort verstummt, wenn der Fußball so richtig ins Rollen kommt.
Damit geht genau das Kalkül auf, dass die Fifa und Katar im Vorfeld hatten. Wer die Bilder von vor Glück weinenden japanischen Fans im einen und geknickten deutschen Spielern auf dem Rasen im anderen Spiel sieht, der ist dann eben doch schnell wieder drin im Strudel der Emotionen.
Und während der Flitzer mit Botschaft beim Spiel Uruguay gegen Portugal nicht gezeigt wurde, durfte man die Welle, die beim deutschen Spiel durch das Stadion rollte, selbstverständlich sehen. Der Plan der Fifa, mit den üblichen Jubel- und Tränen-Bildern all die Negativ-Schlagzeilen vergessen zu machen, er könnte durchaus aufgehen. Und jetzt startet die K.O.-Phase, da wird es solche Bilder zuhauf geben.
Politische Äußerungen gewünscht
In den „Tagesthemen“ durften Zuschauer im Anschluss an die Übertragung übrigens ihre „Enttäuschung, Wut und Traurigkeit“ in einer Berliner Kneipe äußern. Er habe auf eine WM wie 2014 gehofft, sagte ein Fan im Deutschland-Trikot. Auch eine interessante Sicht auf die Dinge.
Aber immerhin wurde es danach dann doch noch mal etwas politisch. Die Zahlen des Deutschland-Trends zeigten, dass das Interesse am Turnier deutlich geringer ist als sonst. Und 55 Prozent der Befragten hätten sich gewünscht, dass die Sportler sich politisch äußern.
So haben sie also bei dieser WM gleich zwei große Chancen verpasst: Sie konnten sportlich nicht überzeugen - und Haltung zeigten sie auch nicht. Schlechter hätte die deutsche WM-Bilanz eigentlich nicht ausfallen können.