Nach der viel kritisierten Fifa-Entscheidung zur „One-Love“Armbinde, haben die DFB-Profis im Auftaktspiel gegen Japan ein Zeichen gesetzt. Für die Aktion gab es sowohl Lob als auch Spott.
Missverständlicher Protest?DFB-Profis ernten Lob und Spott für „Mund-Zu“-Aktion
Keine Armbinde mit Regenbogenfarben, keine bunten Schnürsenkel, keine besonderen Shirts mit Botschaften: Viel ist über eine mögliche Reaktion der deutschen Mannschaft nach dem von der Fifa vorgegebenem Aus für die „One-Love“Armbinde spekuliert worden. Am Mittwochmittag, zum Auftaktspiel der deutschen Mannschaft in der Gruppe E gegen Japan, war es klar: Das deutsche Team zeigt einen stillen Protest.
Die Spieler von Bundestrainer Hansi Flick haben sich vor der Japan-Partie zum Mannschaftsfoto aufgestellt und dabei den Mund zugehalten. Die Botschaft an den Weltverband Fifa: Uns wurde der Mund verboten.
Für die Aktion gab es für das DFB-Team sowohl Lob als auch Spott. In der internationalen Presse fand es Beachtung, so berichtete etwa die "New York Times" über den Spieler-Protest.
Während einige Nutzerinnen und Nutzer in sozialen Netzwerken lobten, dass das Team doch noch ein Zeichen setzt, finden andere die Geste angesichts der Menschenrechtsverletzungen bei der WM in Katar zu schwach. Andere nutzen das Foto für kreative Witze. Ein Auszug der Reaktionen.
WM 2022: Lob, Kritik und Witze über Mund-Aktion von DFB-Profis
Zeitgleich zum Protest der Spieler veröffentlichte das DFB-Team eine Erklärung zum Protest auf seinem Twitter-Account: „Wir wollten mit unserer Kapitänsbinde ein Zeichen setzen für Werte, die wir in der Nationalmannschaft leben: Vielfalt und gegenseitiger Respekt. Gemeinsam mit anderen Nationen laut sein. Es geht dabei nicht um eine politische Botschaft: Menschenrechte sind nicht verhandelbar. Das sollte selbstverständlich sein. Ist es aber leider immer noch nicht. Deshalb ist uns diese Botschaft so wichtig. Uns die Binde zu verbieten, ist wie den Mund zu verbieten. Unsere Haltung steht.“
Lob für die Aktion gab es vom ehemaligen Nationalmannschafts-Kollegen Bastian Schweinsteiger. Der frühere Kapitän kommentierte die Aktion als ARD-Experte: „Das ist eine gute Aktion der Mannschaft und auch ein gutes Zeichen. Es war richtig so.“
Auch der deutsche Militärexperte Carlo Masala fand lobende Worte für die Aktion: „Ok. Das ist cool. Danke, DFB-Team“, schrieb er am Mittwochmittag bei Twitter.
Der oder die Twitter-Userin „lostinnippes“ schrieb, dass das Zeichen der Spieler völlig okay sei. „Mehr Symbolkraft als alle Lippenbekenntnisse von Bierhoff und Neuendorf“, ergänzte „lostinnippes“ in dem Tweet.
Zwiegespaltener zeigte sich der Journalist Deniz Yücel: „Mund aufmachen wäre zwar sinnvoller als Mund zuhalten. Aber ist schon okay, deutsche Nationalmannschaft. Wer sich so den Mund zuhält, macht ihn auf gewisse Weise auf“, twitterte er.
Protest der DFB-Elf missverständlich und nicht stark genug?
In der Kritik an dem deutschen Zeichen kommen besonders zwei Vorwürfe immer wieder zur Sprache. Erstens: Das Zeichen der deutschen Mannschaft ist missverständlich. Zweitens: Der Protest gegen die Fifa ist nicht stark genug.
So kritisierte die ZDF-Journalistin Hanna Herbst: „Wer genau ist auf die Idee gekommen, dass sich den Mund zuhalten ein gutes Zeichen dafür sein soll, dass man zu etwas steht und sich nicht den Mund verbieten lässt.“
In eine ähnliche Richtung ging Paul Schäfer, Pressesprecher der CDU Sachsen auf Twitter: „Oh Mann… Sorry, liebes DFB-Team. Aber es ist nicht die Zeit, sich den Mund zuzuhalten und zu schweigen, sondern gerade jetzt laut zu sein.“
Schärfere Worte schlug der „Zeit“-Journalist Quentin Lichtblau an: „Wenn der Mut gerade so ausreicht, um sich selbst als Opfer zu stilisieren“, schrieb er auf Twitter zu dem Foto des DFB-Protests.
Andere Nutzerinnen und Nutzer sahen in dem Symbol der deutschen Mannschaft die Möglichkeit, um Witze zu reißen. Viele kreative Texte fanden gemeinsam mit dem Foto so schnell den Weg in die Feeds.
WM 2022 in Katar: Nancy Faeser trägt „One-Love“-Armbinde
Während die Spieler auf dem Rasen vor der Partie für den Mund-Zu-Protest posierten, zeigte Nancy Faeser auf der Tribüne ein anderes Zeichen. Die deutsche Bundesinnenministerin trug die von der Fifa für Spieler verbotene „One-Love“-Armbinde.
Der Fußball-Weltverband Fifa hatte den sieben großen europäischen Mannschaften untersagt, die One-Love-Armbinde zu tragen. Zunächst war geplant, dass die Kapitäne, darunter Manuel Neuer (Deutschland) oder Harry Kane (England) die Binde als Zeichen für Toleranz und Vielfalt tragen werden.
Am Montag entschied der DFB jedoch, dass er der Vorgabe der Fifa folgen würde, um keine sportlichen Konsequenzen davonzutragen. Die Fifa hatte angedroht, dass die Kapitäne mit Gelben Karten verwarnt würden. Für die Absage des DFB und das Einknicken vor der Fifa gab es viel Kritik aus Gesellschaft, Sport und Politik. (mab)