Nach 4:3 ein 3:2Die Glücksritter von Bayer 04 Leverkusen
Berlin – Bei der Dramaturgie des Spiels wäre es eigentlich nur logisch gewesen, wenn Union Berlins Torhüter Rafal Gikiewicz nach einer Ecke in der 98. Spielminute noch den Treffer zum 3:3 erzielt hätte. „Normalerweise ist das ein Tor“, sagte auch Peter Bosz, Trainer von Bayer 04 Leverkusen. Allerdings bekam Lukas Hradecky rechtzeitig die Hände nach oben und sicherte der Werkself den fünften Sieg im sechsten Pflichtspiel des Jahres. 3:2 (1:1) gewann Leverkusen am Samstag im Stadion an der Alten Försterei. Jener lauten und sympathischen Festung von Union Berlin, wo in dieser Saison Dortmund und Mönchengladbach bereits Niederlagen kassiert hatten. Bayer 04 wendete eine Pleite ab, die möglich gewesen wäre, gewann nach einer furiosen Schlussphase sogar und bleibt so dicht dran an den Champions-League-Plätzen. Nach dem 4:3 gegen Dortmund war es die zweite wilde Partie, die irgendwie noch zu Gunsten der Leverkusener Glücksritter kippte. „Mir hat es keinen Spaß gemacht, ganz ehrlich nicht. Union Berlin hätte heute mehr verdient gehabt“, bekannte Bosz.
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Dem Niederländer hatten in Kerem Demirbay, Charles Aránguiz und Exequiel Palacios wieder seine etatmäßigen Sechser zur Verfügung gestanden – doch in die Startelf schaffte es keiner von ihnen. Bosz vertraute den vom Dortmunder Offensiv-Feuerwerk gestählten Duo Nadiem Amiri und Lars Bender im Zentrum. Lange hatte der Plan allerdings nicht Bestand. Union bearbeitete jeden Leverkusener, der Anstalten machte, in Ballbesitz zu kommen. Dazu schlugen die Berliner viele lange Bälle in Richtung des Strafraums von Bayer 04 und sorgten für Gefahr, Christian Gentners starker Dropkick zum 1:0 (7.) war folgerichtig. „Wir mussten in vielen Phasen das Spiel von Union mitgehen“, sagte Kevin Volland.
Sven Bender ändert das taktische System
Richtig überraschend war die Ausrichtung des Aufsteigers nicht – so hatte Berlin den BVB und Gladbach bezwungen. Dennoch wusste sich Leverkusen anfangs nicht zu wehren. Erst als Sven Bender entschied, die Dreierkette aufzulösen und mit ins defensive Mittelfeld zu gehen, wirkte die Werkself stabiler. „Wir haben in den ersten Minuten gemerkt, dass wir so keinen Zugriff bekommen. Dann haben wir es umgestellt“, sagte Lars Bender. Das eigenverantwortliche Taktieren der Profis war in der Trainingswoche verabredet worden. Ein Lupfer, hauptsächlich vollführt von Kai Havertz, noch etwas unterstützt von Neven Subotic, führte zum 1:1 (22.).
Karim Bellarabi setzt dem Schlusspunkt
Zur Pause stellte dann auch Trainer Bosz um. Für die indisponierten Mitchell Weiser und Leon Bailey kamen Charles Aránguiz und Moussa Diaby aufs Feld. Die Partie verflachte etwas – zur Leverkusener Erleichterung. Als Joker Diaby dann in der Schlussphase zum 2:1 traf (83.) schien das Spiel entschieden. Doch Union, nach der intensiven Anfangsphase am Ende der Kräfte, warf die Reserven in die Waagschale und wurde belohnt: Der starke Marius Bülter überwand Keeper Hradecky mit einem wunderbaren Schlenzer zum 2:2 (87.) – die Alte Försterei erbebte, eine Bierdusche ergoss sich über die Journalisten-Ränge. Während die Reporter noch mit dem Trocknen ihrer Arbeitsmaterialien beschäftigt waren, setzte Karim Bellarabi den Schlusspunkt. Der eingewechselte Außenstürmer sprintete in den Strafraum und drückte den Ball aus schier unmöglichem Winkel über die Linie (90.+4).
Bayer 04 empfängt Porto am Donnerstag
„Perfekt spielen wir nicht. Aber wir sind auf einem guten Weg. Und wir haben einen guten Siegeswillen“, sagte Volland. Für Trainer Bosz waren die durch Kampf, taktische Umstellungen und seine Wechsel ermöglichten drei Punkte eine Genugtuung. „Plan B war das“, sagte der Niederländer, dem seit seiner unglücklichen Zeit in Dortmund ein Ruf der taktischen Unflexibilität nachhängt. „Man hat ja immer gesagt, dass ich keinen Plan B hätte.“ Für die anstehende Aufgabe in der Europa League gegen den FC Porto am Donnerstag (21 Uhr, Bay-Arena) könnte die Werkself auch einen Plan B gebrauchen. Denn Glück in diesem Umfang wird kein ständiger Begleiter von Bayer 04 sein.