Xabi Alonso ist seit einem Jahr Trainer bei Bayer 04 Leverkusen. In 365 Tagen hat er einiges verändert.
In 365 Tagen zur SpitzenmannschaftWie Xabi Alonso Bayer 04 umgekrempelt hat
Am 5. Oktober 2022 trat Xabi Alonso seine Stelle als Cheftrainer bei Bayer 04 Leverkusen an. Was er in dieser Zeit geleistet hat, lässt sich wohl am besten an zwei Zahlen ablesen. Vor einem Jahr war die Werkself noch Tabellen-17., jetzt grüßt sie von der Bundesliga-Tabellenspitze.
Das vielleicht noch Beeindruckendere: Der Weltstar hat innerhalb von nur 365 Tagen ein neues Klima geschaffen bei einem Klub, der es sich über Jahre womöglich etwas zu gemütlich in der Komfortzone gemacht hatte. Zum Einjährigen wünscht sich der 41-Jährige vor allem eines: einen Sieg in der Europa-League beim norwegischen Vertreter Molde FK am Abend (21 Uhr, live bei RTL+).
Als der spanische Weltstar im vergangenen Herbst an der Dhünn anheuerte, lag in der Kabine der BayArena einiges im Argen. Die Mannschaft hatte kein Selbstbewusstsein, was vor allem daran lag, dass sie mit zu viel Selbstverliebtheit in die Saison gestartet war. Das Pokal-Aus bei Drittligist Elversberg war der Anfang vom Ende für Trainer Gerardo Seoane.
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Alonso – das berichten die Spieler rückblickend – setzte vor allem am Defensivverhalten an. Er forcierte kompaktes Abwehrverhalten, forderte grundlegende Tugenden und Automatismen auf dem Rasen ein. Einem durchwachsenen Start folgte dann eine Serie mit fünf Siegen in Folge, ehe es erneut Rückschläge mit Niederlagen gegen Augsburg und Mainz gab.
Facettenreiche Werkself
Auf eben dieses Mainz trafen die Leverkusener am vergangenen Wochenende. Es lagen nur sieben Monate zwischen dem 2:3 und dem 3:0 und doch war es ein komplett umgekrempeltes Bayer 04. Alonso hat zusammen mit den Geschäftsführern Fernando Carro und Simon Rolfes einen Kader zusammengestellt, der in der Lage ist, Fußball so kontrolliert zu interpretieren, wie er ihn liebt.
Die Werkself hat in dieser Spielzeit schon viele Facetten einer erfolgreichen Spitzenmannschaft gezeigt. Sie hat fantastischen Kombinationsfußball gespielt, sie hat Rückschläge wie beim 0:1 und 1:2 in München weggesteckt und sie hat ein Kampfspiel wie in Mainz auf ihre Seite gezogen.
Alonso wiederholte in der Sommerpause, als es darum ging, was in der Spielzeit wichtig werden würde, vor allem ein Wort immer wieder: Mentalität. Der Spanier hat schnell erkannt, woran es der Leverkusener Truppe der vergangenen Jahre gemangelt hat. Und wer könnte das besser einschätzen, als ein Mann, der als Spieler beim FC Liverpool, bei Real Madrid und beim FC Bayern gespielt hat. Alonso weiß, wie eine Kabine funktionieren muss, um Erfolg zu haben.
Einige Spieler wurden aussortiert, dafür wurden in Granit Xhaka, Jonas Hofmann oder Alejandro Grimaldo international erfahrene Größen verpflichtet, die auf und neben dem Platz vorleben, was zu tun ist. Es ist schwer vorstellbar, dass diese Spieler zu Bayer 04 gewechselt wären, würde dort nicht Xabi Alonso auf der Bank sitzen. Somit muss die Frage erlaubt sein: Wie abhängig ist der Klub denn mittlerweile von seinem Trainer?
Carlo Ancelotti wechselt 2024
Eine Antwort darauf wird es wohl erst geben, sobald Alonso nicht mehr da sein wird. Wann das so weit sein wird, entscheidet nur er selbst. Dass Real Madrid über ihn als Nachfolger für Carlo Ancelotti, der 2024 zur brasilianischen Nationalelf wechseln wird, nachdenkt, ist ein offenes Geheimnis. Alonso hat aber keinerlei Interesse an Gedankenspielen bis zum nächsten Sommer. Er spricht gerne über das „Projekt“ Bayer 04, zu dem sich nun auch Jeremie Frimpong bekannt hat. Der Niederländer hat seinen Vertrag bis 2028 verlängert.
Vielleicht hat Alonso auch mittelfristige Pläne mit Leverkusen, doch er weiß natürlich ganz genau, wie schnelllebig das Fußballgeschäft ist. Deshalb ist er vor allem an kurzfristigem Erfolg interessiert. Am Donnerstagabend soll die Serie von acht Pflichtspielen ohne Niederlage (sieben Siege, ein Remis) ihre Fortsetzung finden. In der Europa League wartet das Gastspiel bei Molde FK. Alonso und die Klubführung sind sich einig: Alles andere als der Gruppensieg wäre eine Enttäuschung.
Victor Boniface erzielte erstes Profitor gegen Molde FK
Einer, der helfen kann, die Sinne zu schärfen, um Molde nicht zu unterschätzen, ist Victor Boniface. Bayers neuer Torjäger kennt den Verein bestens, spielte von 2019 bis 2022 bei Bodø/Glimt in der norwegischen Liga und erzielte gegen Molde sein erstes Tor als Profi. Boniface betont: „Molde ist eines der Top-Teams der norwegischen Liga, das eigentlich jedes Jahr um den Titel mitspielt. Als ich 2019 zu Bodø/Glimt kam, war Molde der aktuelle Meister. In den zwei darauffolgenden Jahren, in denen wir die Meisterschaft geholt haben, war Molde als Vizemeister unser größter Konkurrent. Wir dürfen sie auf keinen Fall unterschätzen, auch, weil es ihr Stadion ist. Der Kunstrasen könnte für sie ein Vorteil sein.“