Die Werkself feiert nach der Meisterschaft mit dem Pokalsieg die Krönung einer überragenden Saison.
Double-Sieger Bayer 04 LeverkusenXabi Alonso hat einen wahren Champion geformt
Xabi Alonso ließ sich die Frage noch einmal erklären, doch er hatte sie schon beim ersten Mal richtig verstanden. „Natürlich“ werde er als Trainer an der nächtlichen Leverkusener Feier am Potsdamer Platz teilnehmen, rief er vom Podium der Pressekonferenz im Berliner Olympiastadion und lachte herzlich.
„Morgen habe ich keine Arbeit, keine Gegner zu analysieren. Jetzt müssen wir genießen, um die Spannung loszuwerden.“ Nach dem 1:0 (1:0) im Pokalendspiel gegen den 1. FC Kaiserslautern zog der Baske ein paar erste Bilanzen dieser Saison, die historisch war für ihn und seinen Klub Bayer 04 Leverkusen. „Diese ganze Reise, die ganze Saison war wunderbar. Es ist unglaublich, bis zum letzten Tag mit dieser Energie und diesem Glauben zu spielen, auch nach dem Finale vom Mittwoch“, beschrieb er nach einem Spiel, das komplizierter gewesen war als erwartet.
Zwar war die Werkself gegen den frisch vor dem Abstieg geretteten Zweitligisten hoch überlegen gestartet und durch Granit Xhakas Traumtor nach einer Viertelstunde in Führung gegangen. Doch Odilon Kossounou hatte seinem bedenklichen Auftritt kurz vor der Pause die Krone aufgesetzt, als er sich mit einem Foul an der Mittellinie die zweite Gelbe Karte des Abends verschafft hatte. Eine Halbzeit in Unterzahl, mit dem verlorenen Endspiel gegen Atalanta in den Beinen. Das war in etwa die Situation, die sich FCK-Coach Friedhelm Funkel vor dem Spiel ausgemalt haben dürfte, als er über die Möglichkeiten einer Sensation nachgedacht hatte. Es war das erste Mal, dass Bayer 04 in dieser Saison in Unterzahl spielen musste, und Alonso reagierte bemerkenswert. Beorderte zunächst Frimpong und Grimaldo zurück und ergänzte damit Tah und Tapsoba zu einer Viererkette von Weltklasse-Format.
Bayer 04 Leverkusen: Nach der Roten Karte ändert die Werkself die Strategie
Doch nach der Pause brachte er Josip Stanisic für Jonas Hofmann, um die Ordnung zu behalten. Außerdem wechselte er Adli für Schick ein, um Tempo ins Portfolio zu bringen. Was er aber vor allem tat: Er wies seine Mannschaft an, sich auf die Lauer zu legen. Dem Spiel tat das nicht gut, denn wenn der Meister im Duell mit dem Zweitligisten versucht, das spielerische Element zu entfernen, bleibt nicht viel Fußball übrig.
Alonso jedoch wollte im Stadion nicht für Unterhaltung sorgen, das übernahmen die gewaltigen Fanblöcke aus Kaiserslautern und Leverkusen ohnehin gern selbst. Der Trainer wollte den Pokalsieg, der die Leverkusener Meisterschaft zum Double machte. Das zeigte sich besonders in einer Szene, als Florian Wirtz einen Einwurf schnell ausführen wollte und sein Trainer ihn per Umarmung stoppte. Ein selten gesehener Eingriff ins Spielgeschehen. Alonso lachte, als er später auf die Situation angesprochen wurde. „Florian will immer Spaß haben auf dem Platz, immer schnell spielen. Aber wir hatten in der Halbzeit besprochen, dass wir das Tempo kontrollieren wollen. Ohne Stress. Dann ergibt es keinen Sinn, einen Einwurf zu schnell auszuführen.“
So brachte Bayer 04 die zweite Hälfte im Verwaltungsmodus über die Bühne, was weniger gefährlich gewesen wäre, hätte die Werkself ihre Konter konsequenter ausgespielt. So blieb die Möglichkeit für Kaiserslautern, womöglich per Standard noch auszugleichen. Doch auch Funkels Mannschaft blieb vorsichtig, aus gutem Grund. „Die warten doch nur darauf, dass wir aufmachen“, sagte der 70-jährige Trainer nach dem Spiel, daher habe man dem Meister nicht die Chance geben wollen, ein paar unvorsichtige Momente zum schnellen zweiten und dritten Treffer zu nutzen.
Doch obgleich auch Funkels Idee grundsätzlich funktionierte, war es Alonsos Plan, der aufging. „Ich bin sehr stolz auf die Mannschaft. Sie hat mir in der Halbzeit Gründe gegeben, daran zu glauben, dass sie auch mit einem Spieler weniger kämpfen wird. Ich bin meinen Spielern sehr dankbar. Jetzt ist Zeit, zu genießen. Diese Saison werden wir nicht vergessen“, beschrieb der 42-Jährige, der auch einen Blick zurück richtete. „Unser Ziel im Juni war, eine gute Saison zu haben. Nach zwei, drei Spielen habe ich gesehen, dass die Mannschaft etwas erreichen konnte, wenn auch nicht in dieser Größe. 44 Siege, neun Unentschieden, nur eine Niederlage. Das ist unglaublich. Wir werden Zeit brauchen, um uns klar zu werden, was wir da geschafft haben.“
Aus einem stark besetzten Kader einen Champion zu formen, dürfte das entscheidende Verdienst des Trainers gewesen sein. „Wir hatten keine Geschichte darin. Wir haben diesen Glauben, diese Siegermentalität in diesem Jahr gebaut. Das war nicht einfach“, analysierte Alonso und lieferte damit eine recht gute Diagnose, warum es in all den Jahrzehnten davor nichts geworden war mit Leverkusener Doublesiegen.
Er habe „einige wichtige Prinzipien für unsere Zukunft gebaut“, sagte er noch, als er gefragt wurde, wie das alles denn nun weitergehen solle. „Die Latte liegt hoch. Wir werden von nächster Woche an Entscheidungen treffen. Die Erwartungen zu managen – das wird Teil der Aufgabe sein. Das Ziel war, eine gute Saison zu haben. Das wird in der kommenden Saison nicht anders sein.“
Wie in Alonsos Worten so vieles nicht nach Zufall klingt, schien auch der letzte Pflichtspieltreffer dieser historischen Leverkusener Saison das Ergebnis umfassender Planung gewesen zu sein. Granit Xhaka kam als Spitzenspieler vom englischen Vizemeister FC Arsenal und war vom ersten Trainingstag an der wichtigste Spieler der Werkself. Dass es der Schweizer war, der nach einer Viertelstunde das Können und die Überzeugung aufbrachte, die Partie mit einem Linksschuss aus der Distanz zu entscheiden, passte ins Bild. „Er hat meine Arbeit viel einfacher gemacht. Er ist sehr intelligent, hat einen großen Einfluss auf die Mannschaft und ist ein Vorbild für die jungen Spieler. Er hat eine wichtige Rolle in diesem Erfolg“, urteilte Xabi. Und wusste schon Minuten nach der Partie um die Bedeutung dieses Treffers. „Wir werden uns an dieses Endspiel so erinnern: Finale, 1:0, Tor: Granit. Das bleibt in unseren Köpfen.“
Kaiserslautern: Krahl - Zolinski (74. Tachie), Elvedi, Tomiak, Puchacz - Kaloc - Zimmer (90.+3 Toure), Ritter, Raschl (83. Klement), Redondo (83. Opoku) - Hanslik (46. Ache). Leverkusen: Hradecky - Kossounou, Tah, Tapsoba - Frimpong (90.+3 Tella), Xhaka, Andrich, Grimaldo (85. Hincapie) - Hofmann (46. Adli), Wirtz (90.+3 Hlozek) - Schick (46. Stanisic). Schiedsrichter: Bastian Dankert (Rostock); Tor: 0:1 Xhaka (16.); Zuschauer: 74322 (ausverkauft)