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Interview

Jeremie Frimpong
„Wenn ich als lustig oder verrückt eingestuft werde, dann ist das eben so“

Lesezeit 5 Minuten
14. April 2024: Jeremie Frimpong wird nach dem „Meisterspiel“ gegen Werder Bremen von den Fans auf Händen getragen.

14. April 2024: Jeremie Frimpong wird nach dem "Meisterspiel" gegen Werder Bremen von den Fans auf Händen getragen.

Der niederländische Nationalspieler Jeremie Frimpong spricht im Interview über seine Triumphe mit Bayer 04 und seine Zukunft in Leverkusen.

Herr Frimpong, Sie waren gerade erstmals in Ghana, der Heimat ihrer Eltern. Wie haben Sie das Land erlebt?

Ghana war unglaublich. Ich wollte schon immer mal Ghana besuchen und kennenlernen. Es war eine großartige Zeit mit meiner Familie dort. In den sozialen Medien habt ihr vor allem meine Partys im Urlaub verfolgen können (lacht). Aber ich habe auch andere Dinge gemacht. Ich war in einem Waisenhaus, habe die Kultur dort kennengelernt - es war wirklich gut, und ich werde sicher wiederkommen.

Über den Besuch im Waisenhaus haben Sie geschrieben, dass Gott Sie in eine privilegierte Position gebracht habe. Sind Sie ein religiöser Mensch?

Ja, ich bin religiös. Ich bin in einem sehr religiösen Elternhaus aufgewachsen. Meine Mutter und mein Vater gingen jeden Sonntag in die Kirche. Natürlich mag ich es trotzdem, Spaß zu haben und manchmal zu feiern. Aber ja: Ich glaube zu 100 Prozent an Gott.

Jeremie Frimpong unterschreibt eine Foto-Leinwand, die wir unter allen KStA-PLUS-Abonennten verlosen.

Jeremie Frimpong unterschreibt eine Foto-Leinwand, die wir unter allen KStA-PLUS-Abonennten verlosen.

Sie hätten auch für die ghanaische Nationalmannschaft spielen können, spielen aber für die niederländische. Warum?

Für mich waren die Niederlande immer die erste Wahl. Schon als ich 15 oder 16 Jahre alt war, zeigten sie Interesse an mir. Deshalb habe ich mich so entschieden und spiele heute für die Niederlande.

Sie stehen bei bisher zehn Einsätzen für die Niederlande, fünf von Beginn an. Was sind die Ziele mit Blick auf die WM 2026?

Als Fußballer möchte man immer in der Startelf stehen. Keiner mag die Bank. Als Fußballer will man spielen.

Haben Sie mit Trainer Ronald Koeman über ihre Rolle gesprochen?

Das muss der Trainer entscheiden. Ich muss einfach geduldig sein und mein Spiel spielen. So ist das im Fußball.

Sie haben mächtig Eigenwerbung betrieben. In der vergangenen Saison waren sie Stammspieler bei Bayer 04, wurden ungeschlagen Meister und Pokalsieger. Wann haben Sie gemerkt, dass dies eine ganz besondere Saison werden würde?

Als wir Bayern München hier in Leverkusen 3:0 geschlagen haben, wusste ich, dass etwas Großes passieren würde. Ich glaube, nach dem Spiel dachten alle: Das kann der entscheidende Schritt gewesen sein.

Sie haben das 3:0 mit einem Fernschuss ins leere Tor erzielt. Ist das ihr persönliches Lieblingstor?

Zu 100 Prozent. Der ganze Lauf bis zum Abschluss, der Jubellauf danach. Ich liebe das Tor genau so, wie es gefallen ist.

Sie haben gesagt, Sie feiern gerne. Sie waren dann auch einer der Anführer bei der Party nach dem Gewinn der Trophäen. Gibt es eine Partygeschichte, die noch niemand kennt, die Sie uns erzählen können?

Nein, eine Party ist einfach nur zum Spaß haben. Ich tanze einfach, lasse meine Energie raus. Man sieht mich nur tanzen, ich setze mich nie hin, habe Spaß mit den Jungs. Solange die Musik gut ist und die Stimmung gut ist und die Jungs gut drauf sind, tanze ich.

Sie werden stets als lustiger, sogar ein bisschen verrückter Typ beschrieben. Gefällt Ihnen diese Beschreibung?

Das ist meine Persönlichkeit. Wenn ich als lustig oder verrückt eingestuft werde, dann ist das eben so. Ich weiß nicht, ob es stimmt. Was auf jeden Fall stimmt: Ich habe unheimlich viel Energie. Entscheidend ist: Zur richtigen Zeit weiß ich, wann ich mich voll und ganz auf den Fußball konzentrieren muss. Und dann weiß ich auch wieder, wann ich meine lustige Seite zum Vorschein bringen kann. (lacht)

Jeremie Frimpong bei der EURO 2024 im Trikot der niederländischen Nationalmannschaft.

Jeremie Frimpong bei der EURO 2024 im Trikot der niederländischen Nationalmannschaft.

Wie ist denn die Stimmung in der Umkleidekabine?

Die Stimmung ist wirklich gut. Wir haben so viele Spieler und Trainer mit unterschiedlicher Herkunft und Persönlichkeit, aber wenn wir alle zusammenkommen, sind wir alle eins. Das ist so wichtig in einer Umkleidekabine. Jeder kann mit jedem reden. Wir haben die spanischsprachigen Jungs, die deutschen Jungs, uns Englischsprachler – das passt alles zusammen. Wir haben alle ein gutes Gefühl miteinander.

Es gibt also verschiedene Gruppen, aber die harmonieren miteinander?

Ja, in jedem Team gibt es verschiedene Gruppen, das ist ganz normal. Selbst in der Nationalmannschaft gibt es bestimmte Gruppen. Aber wenn wir alle zusammenkommen, stimmt einfach der Vibe. Einen Tag verbringe ich mit einem Spieler, den nächsten dann mit einem anderen und den dritten wieder mit einem anderen. Das ist großartig.

Wie sehen Sie denn Ihre persönliche Entwicklung, seit Xabi Alonso bei Bayer 04 übernommen hat?

Was sagen Sie denn?

Ich würde sagen, Sie spielen reifer, mannschaftsdienlicher, sind defensiv besser geworden.

Na sehen Sie, dann haben Sie ja Ihre eigene Frage beantwortet. (lacht)

Stimmt also?

Das ist wahr, ja, so sehe ich es auch. Der Trainer hat mir sehr geholfen, mein Spiel zu verbessern.

Ist Xabi Alonso der richtige Trainer zum richtigen Zeitpunkt für Sie?

Das kann man so sagen. Er hat auf jeden Fall einen großen Einfluss auf meine Karriere, auf meine Spielweise. Es gibt aber immer noch eine Menge zu verbessern, ich sage nicht, dass ich jetzt schon perfekt spiele. Es gibt noch viel zu tun, ich habe das Gefühl, ich kann noch mehr.

Wie hat der Trainer Ihnen am meisten geholfen?

Natürlich ist es auch wichtig, dass er mit dir redet und dir zeigt, was du tun sollst. Aber für einen Spieler ist es wichtiger, ob ein Trainer an dich glaubt. Wenn er daran glaubt, dass du da rausgehst und einfach dein Spiel spielst, dann bekommst du dieses Vertrauen. Das Wichtigste ist dieser Glaube an dich, dass der Trainer weiß, was du für die Mannschaft tun kannst.

Sie sagten, es gäbe noch Dinge an Ihrem Spiel zu verbessern. Welche?

Ich komme immer öfter in Positionen, in denen ich Tore schießen kann. Meine Entscheidungen im letzten Drittel, die Flanken, auch das Dribbling kann ich verbessern. Eigentlich kann ich noch alles verbessern, das Passen, das Verteidigen, das Kopfballspiel, mein Positionsspiel.

Der FC Bayern liegt im Moment vier Punkte vor Bayer 04. Holt Ihr Team die Münchner noch ein?

Der Fußball ist eine verrückte Sportart. Alles, was wir tun können, ist, uns auf uns selbst und die kommenden Spiele zu konzentrieren. Es wäre dumm, jetzt zu sagen: Wir gewinnen die Liga wieder. Also: Auf sich konzentrieren und den Fußball für sich sprechen lassen.

Gilt das auch für die Chancen im DFB-Pokal und der Champions League?

Ja, natürlich. Ich sage das immer: Mannschaften spielen nicht Fußball, nur um dabei zu sein. Man spielt Fußball, um etwas zu gewinnen. Also wollen wir alles gewinnen. Aber das ist hart, das wollen ja alle.

Sie haben hier noch einen Vertrag bis 2028. Aber in jeder Transferperiode gibt es Gerüchte über einen Wechsel zu irgendeinem der größten Weltklubs. Beeinflusst Sie das?

Ich bin im Kopf zu 100 Prozent hier - so wie ich es immer war, seit ich hier bin. Natürlich gibt es im Fußball immer Veränderungen. Man weiß nie, was passieren wird. Aber im Moment bin ich in Leverkusen und ich bin sehr glücklich. Jeder in Leverkusen sieht auch, dass ich glücklich bin. Ich habe immer wieder Dinge über mich gehört, dass ich da, da oder da hingehen werde. Und ich bin immer noch hier. Wenn dein Name mit einem der großen Vereine in Verbindung gebracht wird, könnte man schon den Fokus verlieren und zu aufgeregt sein. Aber man weiß ja nicht einmal, ob es stimmt oder nicht. Es ist nur ein Gerücht. Dann ist man ohne Grund aufgeregt. Diese Gerüchte sind Teil des Fußballs, also lasse ich mich davon nicht beeinflussen.

Nach 2028 oder schon davor: Gibt es etwas, von dem Sie in ihrer Fußballkarriere träumen? Gibt es eine Liga, in der Sie gerne spielen würden? Gibt es einen Verein, für den Sie gerne spielen würden?

Ganz einfach: Ich will mehr Trophäen gewinnen. Solange ich Trophäen gewinne, bin ich glücklich.

Und dann spielt es für Sie auch keine Rolle, ob Sie die Meisterschaft in Deutschland noch zwei oder drei Mal gewinnen, oder Trophäen in einem anderen Land?

Das spielt keine Rolle. Wenn es eine Trophäe ist, ist es eine Trophäe. Und: Ich will unbedingt die Champions League gewinnen. Das ist mein Traum. Und dann am liebsten noch die Weltmeisterschaft. Die größten Trophäen zu gewinnen, einmal mit meinem Land und einmal mit meiner Mannschaft. Das wär's schon. (lacht)