Bayer-04-Geschäftsführer hat seiner Wut auf Max Eberl Luft gemacht. Hintergrund ist die Hängepartie um Jonathan Tah.
Carro attackiert Eberl scharfEine denkwürdige Breitseite aus Leverkusen – FC Bayern reagiert
Auf einer kleinen Bühne stehen die Meistermacher von Bayer 04 Leverkusen nebeneinander: Fernando Carro, Simon Rolfes und Xabi Alonso. Ihnen gegenüber sitzen auf der Nordtribüne der Bay-Arena beim Fanclub-Meeting hunderte Anhänger des Doublesiegers. Eingeladen hatte die Leverkusener Fanbetreuung. Geplant war für den Dienstagabend eine lockere Einstimmung auf die Saison 2024/25, in der an die Triumphe der vergangenen Spielzeit angeknüpft werden soll. Der emotionale Höhepunkt sollte die Verabschiedung von Andreas „Paffi“ Paffrath sein – nach über 36 Jahren hatte der beliebte Fanbetreuer seinen Posten abgegeben. Doch weil Geschäftsführer Carro einer zu großen Anzahl von Menschen zu offen seine Meinung präsentierte, bestimmte das Event am Mittwoch die Sport-Schlagzeilen in Deutschland.
Die entscheidenden Sätze des Spaniers kursieren in einem kurzen Videoclip im Internet. „Ich halte von Max Eberl nichts, absolut nichts. Und ich würde nicht mit ihm verhandeln“, sagte Carro, wohl mit Bezug auf die Transfer-Hängepartie um Jonathan Tah, der gerne zum FC Bayern München wechseln würde, wo Eberl Sportvorstand ist. Carros Äußerungen werden von den Leverkusener Fans johlend beklatscht, Sport-Geschäftsführer Rolfes, der sich zuvor diplomatisch zu den Verhandlungen geäußert hatte, kann sich ein Lachen nicht verkneifen. Nur Trainer Xabi Alonso, einst Profi beim FC Bayern, wirkt in den wenigen Sekunden des Videos peinlich berührt.
Fernando Carro entschuldigt sich für Aussagen
Am Tag darauf verbreitet Carro auf Anfrage des „Kölner Stadt-Anzeiger“ eine schriftliche Entschuldigung. „Ich bin ein emotionaler Mensch. Die Aussagen zu Max Eberl habe ich in einem informellen Austausch mit Bayer-04-Fans getätigt. Dass sie in dieser Form aufgegriffen und multipliziert werden, war nicht beabsichtigt. Das ändert aber auch nichts mehr an der Aussage, für die ich mich hiermit entschuldige“, schreibt Carro. „Ich respektiere selbstverständlich den FC Bayern, seine Verantwortlichen und die Leistungen, die dieser Verein für den deutschen Fußball erbracht hat.“
Wer im letzteren Teil nicht explizit erwähnt wird, ist Eberl, Ziel von Carros Breitseite. Zwischen beiden Bundesliga-Managern gibt es offenbar größere Animositäten, die ihren Ursprung in dem seit Monaten andauernden Gezerre um Leverkusens Abwehrchef Tah haben könnten.
Jonathan Tah könnte am Samstag im Supercup für Bayer 04 Leverkusen auflaufen
Der 28 Jahre alte Innenverteidiger, dessen Vertrag beim Werksklub 2025 ausläuft, trainiert immer noch in Leverkusen und kann, stand heute, am Samstag im DFL-Supercup gegen den Vizemeister VfB Stuttgart (20.30 Uhr/Bay-Arena) für die Werkself auflaufen. Dabei ist Tahs großer Wunsch, zu den Bayern zu wechseln, längst ein offenes Geheimnis. Auch über die Modalitäten und einer Ablösesumme in Höhe von 25 Millionen Euro plus Boni soll zwischen den Klubs zuletzt weitestgehend Einigung bestanden haben. Einzige Voraussetzung: Bayern München gibt vorher noch Spieler ab.
Die Verkäufe von Matthijs de Ligt und Noussair Mazraoui für insgesamt rund 60 Millionen Euro zu Manchester United sind mittlerweile offiziell. Dennoch soll der Rekordmeister Abstand von einer Tah-Verpflichtung genommen haben. In der Klubspitze sei nicht jeder Verantwortungsträger vom Nationalspieler überzeugt.
Für Fernando Carro hat Max Eberl sein Wort gebrochen
Laut „Kicker“ hatte es zwischen den beiden Bundesligisten eine mündliche Vereinbarung gegeben, keine bindende schriftliche. Aus Sicht von Bayer 04 – und Geschäftsführer Carro speziell – war es dennoch ein Wortbruch von Eberl, dem Münchener Verhandlungsführer. Seiner Wut verlieh der Katalane am Dienstagabend Ausdruck. Eine Einigung im Poker um Nationalspieler Tah ist durch Carros Attacke unwahrscheinlicher geworden. Zumal Bayern-Sportdirektor Christoph Freund im Anschluss an Münchens jüngstes Testspiel gegen den österreichischen Erstligisten WSG Tirol (3:0) sagte: „Die Transferphase geht noch lange. Wir sind sehr zufrieden mit dem Kader, der uns aktuell zur Verfügung steht.“
Schon vor dem nun eskalierten Streit um den Tah-Transfer hatte es Sticheleien zwischen dem FC Bayern und Bayer 04 gegeben. Auslöser war die Asienreise der Münchener, in Südkorea betrieb der Klub für sich und die Bundesliga Marketing-Arbeit. Dass der Deutsche Meister Leverkusen auf eine vergleichbare Tour verzichtete, kam in München nicht gut an.
Carro hatte auf die Kritik der Bayern im „Kölner Stadt-Anzeiger“ reagiert. „Was wir in der vergangenen Saison erreicht haben, hat für die Strahlkraft und Wertigkeit der Bundesliga eine wesentlich höhere Bedeutung als jede Reise um den Globus“, sagte der 60-Jährige, der dazu die große Belastung der Spieler und Mitarbeiter betonte. „Ich denke, diese Umstände sollte man berücksichtigen. Ich empfinde die Kritik deshalb als eher pauschal – aber ich akzeptiere sie. Jeder darf seine Meinung sagen, das mache ich ja auch oft.“ So auch am Dienstagabend in großer Runde.
FC Bayern München reagiert auf Fernando Carros Aussagen
Für neuen Zündstoff im in Kürze beginnenden Kampf um die Meisterschaft 2025 dürfte mit Carros Worten gesorgt sein. Auch mögliche Gespräche über einen millionenschweren Verkauf von Superstar Florian Wirtz im kommenden Sommer nach München dürften seit Dienstagabend nicht leichter geworden sein.
Am Mittwochnachmittag reagierte der FC Bayern dann. „Uns hat die persönliche Attacke von Fernando Carro auf Max Eberl enorm irritiert. Das habe ich Fernando Carro in einem persönlichen Gespräch auch mitgeteilt, denn wir können und werden solche unsachlichen Angriffe auf den FC Bayern niemals dulden, geschweige denn akzeptieren“, sagte der Vorstandsvorsitzende Jan-Christian Dreesen. „Dass er hier einen Fehler gemacht hat, hat er mit seiner öffentlichen Entschuldigung eingeräumt. Bei aller sportlichen Konkurrenz sollten wir uns dennoch von gegenseitigem Respekt leiten lassen.“