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Kölner FußballerVom SC West nach St. Louis - der wundersame Weg des Max Schneider

Lesezeit 4 Minuten
Max Schneider

Max Schneider im Trikot seiner Uni

Köln – Im Leben von Söhnen ehemaliger Fußball-Profis tauchen irgendwann einmal unausweichlich zwei Fragen auf: „Will ich das auch? Kann ich es überhaupt?“ Wie wir wissen, lautet die Antwort auf zumindest eine dieser Fragen bei den allermeisten Söhnen ehemaliger Fußball-Profis: Nein. Dem Kölner Max Schneider (21) hätte sie sich um ein Haar überhaupt nicht gestellt. Er hat lange nicht gewusst, was sein Vater Hansjörg früher beruflich so getrieben hatte. Es hat ihn auch nie interessiert, lieber war er ein ganz normaler Neu-Ehrenfelder Junge, der beim SC West das Kicken begann und ganz gut darin war.

Schließlich hat ein Fußball-affiner Nachbar, der „Sportschau“-Kommentator Jürgen Bergener, für Erhellung gesorgt, indem er Max und seinem jüngeren Bruder Luca eine CD mit ausgewählten Szenen aus dem Leben des Fußball-Profis Hansjörg Schneider gebrannt hat. „Da wurde mir erst klar, was für ein guter Verteidiger er war. Ich hatte ja keine Ahnung, was für eine Legende er bei Fortuna Köln war“, sagt Sohn Max im Gespräch mit dem „Kölner Stadt-Anzeiger“.

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Es war vermutlich gar nicht so einfach für den Vater, Jahrgang 1966, sein Vorleben vor den Söhnen zu verheimlichen. 336 Profi-Spiele für die Fortuna, viele davon als Kapitän, haben Spuren in der Kölner Fußball-Historie hinterlassen. Hansjörg Schneider, seit Jahren Physiotherapeut in der Reha-Abteilung von Bayer 04 Leverkusen, hat dazu eine klare Haltung: „Ich habe für mich schon lange mit dem Kapitel Profi-Fußball abgeschlossen. Es gibt Wichtigeres.“

Schneider hat seine Söhne Luca und Max einfach beim SC West spielen lassen, ohne sich einzumischen. Im Alter von elf Jahren qualifizierte sich Max für den Nachwuchs von Bayer 04 Leverkusen. Damit begann für ihn die Jugend aller Jugendlichen in den Talentschmieden von Profi-Klubs: Schule, trainieren, wieder Schule, wieder trainieren, Stunden in Bus, Bahn oder Auto, spät nach Hause, spät Hausaufgaben, erschöpft einschlafen und früh wieder aufstehen.

Max Schneider merkte schnell, dass es im Kreis der Auserwählten noch Auserwähltere gab, denn das Genie Kai Havertz, nur ein Jahr älter, trainierte zeitweise in denselben Kadern wie er. „Als ich 16 war, da wurde mir klar: Du wirst mit 18 nicht können, was hier von dir verlangt wird“, sagt er, „ich wusste: In Leverkusen werde ich wahrscheinlich nicht meinen ersten Profivertrag unterschreiben.“So ist es gekommen. Doch der Weg in die USA, in den vorläufigen Kader des Projektes St. Louis City SC, das 2023 in der Major League Soccer (MLS) starten wird, war kurios und voller spektakulärer Wendungen.

Nachdem er das letzte A-Junioren-Jahr bei Bayer 04 als defensiver Mittelfeldspieler zu Ende gespielt hatte, ging es für Max Schneider in Leverkusen nicht weiter. „Da habe ich mir Gedanken gemacht, wie mein Weg sein kann“, erzählt er, „ich hätte mich über die Vierte und Dritte Liga vielleicht in die Zweite Liga kämpfen können, aber darauf hatte ich keine Lust.“ Die USA und die Chance des dortigen College-Systems reizten ihn mehr. Vier Angebote großer, namhafter Universitäten lagen Max Schneider vor, ehe im Frühjahr 2020 Corona kam. Scouten und Reisen wurden unmöglich. Diese Chancen zerschlugen sich. Eine andere blieb. „Der Trainer der fünften Uni aber hatte mich schon beobachtet und kannte mich. So bin ich dann an die Marshall-Universität in Huntington, West Virginia, gekommen.“

Im Kampf der großen Unis um die Vorherrschaft im hart umkämpften US-College-Sport ist diese Fakultät wenig bedeutend. Ihre Mannschaften, die Thundering Herd, donnernde Herde, genannt werden, scheiden in der Regel früh aus. Mit Max Schneider, dem deutschen Mittelfeldspieler, begann jedoch eine Traumreise, die im Herbst 2021 mit dem sensationellen Gewinn des US-College-Titels endete.

Brüder Schneider

Max Schneider (rechts) im Trikot von St. Louis mit Bruder Luca

West Virginia war im Ausnahmezustand und feierte seine Herde. Und Schneider bekam das Angebot aus St. Louis, wo Lutz Pfannenstiel, der ehemalige Sportchef von Fortuna Düsseldorf, gerade ein neues Team aufbaut. Stars mit großen Namen wie der BVB-Torhüter Roman Bürki sind bereits verpflichtet. Talente ohne großen Namen wie Max Schneider können sich mit der bereits aktiven U-23-Mannschaft qualifizieren. Für den Deutschen sieht es gut aus. Er ist eine der Säulen des neuen Teams und hat bisher alle Begegnungen als Stammspieler absolviert.

"Da war alles dabei: Interessierte, Fans und Hooligans"

Wenn die Anzeichen nicht trügen, beginnt in Missouri ein Projekt voller Emotionen. „St. Louis betrachtet sich als Heimat des europäischen Fußballs in den USA. Hier hat das erste offizielle Spiel stattgefunden, es herrscht eine unglaubliche Begeisterung“, sagt Schneider, „als wir unser erstes Spiel in der MLS-Next-Pro Liga gewannen, war das kleine Stadion an der dortigen Uni mit 6500 Zuschauern ausverkauft. Da war alles dabei: Interessierte, Fans und Hooligans. Wir werden 2023 in einem ganz neuen reinen Fußball-Stadion für rund 30 000 Zuschauer spielen. Die Tickets für die ersten beiden Spielzeiten waren in 28 Minuten ausverkauft.“

Die Geschichte des Kölner Jungen vom SC West geht weiter. Und der Vater mit der großen Fußball-Vergangenheit schaut aus der Ferne zu.