Der Werksklub steht im Halbfinale der Europa League und ist nach wie vor ungeschlagen. Gelingt etwas im Weltfußball bislang noch nie Dagewesenes?
KommentarBayer 04 Leverkusen hat gute Aussichten auf die Perfektion
Ein Kommentar von Christian Krämer
Lesezeit 3 Minuten
Die Werkself feiert mit ihren Fans den Einzug ins Halbfinale der Europa League.
Copyright: dpa
Und schon wieder kam der Gedanke auf: Ist es heute soweit? Könnte es einem Team tatsächlich gelingen, ein Fußballspiel gegen Bayer 04 Leverkusen zu gewinnen? Im 44. Anlauf in dieser Saison?
Die Aussichten schienen hervorragend für West Ham United am Donnerstagabend im Londoner Olympiastadion. Mitte der ersten Halbzeit hatten die Engländer den Deutschen Meister so hergespielt, wie es noch keiner Mannschaft in dieser Saison gelungen war. West Ham war aggressiver, gedanklich schneller und fußballerisch besser als der Werksklub. Lag aber nur mit 1:0 in Führung, was aus Leverkusener Sicht die bis dato beste Nachricht war.
Bayer 04 Leverkusen schien beeindruckt von Kulisse und Gegner
Bayer 04 schwankte bedrohlich, das Team schien beeindruckt von Kulisse und Gegner. Jeder Versuch eines kontrollierten Spielaufbaus aus der eigenen Hälfte hinaus kam als Boomerang in Form eines West-Ham-Angriffs postwendend zurück. Vermutlich wäre jede Leverkusener Mannschaft der vergangenen Jahrzehnte in ihre Einzelteile zerfallen und hätte die Heimreise mit vier oder fünf Gegentoren angetreten. Nicht so die Werkself 2023/24. Mit etwas Glück rettete der Meister das Ergebnis in die Pause. Was dann folgte, ist Ausdruck einer der größten Leverkusener Stärken.
Dank einer taktischen Umstellung und den Einwechslungen von Jeremie Frimpong und Victor Boniface startete Xabi Alonso das Spiel seiner Mannschaft neu. Von Minute zu Minute wurden die Kombinationen sicherer und das Selbstvertrauen größer. Nach einer Stunde war wieder das bekannte Bayer 04 zu sehen: dominant, zielstrebig, schnell. Das 1:1 und damit die Entscheidung war nur noch eine Frage der Zeit. Diese Erkenntnis machte sich wohl auch in den Köpfen der West-Ham-Profis breit, die das Tempo der ersten Halbzeit nicht beibehalten konnten. Dann tat Bayer 04 das, wofür es inzwischen europaweit gefürchtet ist: Mit einem Treffer in der Schlussphase für Tatsachen sorgen – in Frimpong traf erneut ein Joker.
Ja, es gab einen Spannungsabfall bei Bayer 04 Leverkusen
Längst ist klar, dass die massive Häufung von späten Leverkusener Toren kein Zufall ist, sondern der Lohn harter Arbeit und eines klaren Matchplans. Und das 1:1 in West Ham – wenige Tage nach dem größten Triumph der Leverkusener Sportgeschichte und einer durchzechten Nacht – beantwortete die spannende Frage, ob Bayer 04 einen Spannungsabfall nach der Meisterschaft erleben würde. Die Antwort lautet: Ja, den gab es. Aber die Werkself konnte ihn binnen 90 Minuten beheben und den Halbfinal-Einzug hintenraus souverän und verdient über die Bühne bringen. Diese Erkenntnis wird den Leverkusenern abermals neues Selbstvertrauen geben, falls dort noch Luft nach oben ist.
Der Gedanke kommt deshalb zwangsläufig auf: In einer fantastischen Saison hat Bayer 04 gute Aussichten auf etwas noch nie Dagewsenes im Weltfußball – ein Triple ohne Niederlage.