Leverkusen überzeugt bei der Generalprobe auf ganzer Linie. Im Prinzip eine gute Sache, es kann aber auch gefährlich sein.
KommentarBloß nicht übermütig werden, Bayer 04
Wer den teils zauberhaften Werkself-Fußball am Samstag beim 4:0 gegen West Ham United gesehen hat, erliegt beinahe zwangsläufig der Versuchung, dieser Mannschaft eine große Zukunft zu prophezeien. Zu gut war es, was die Elf von Trainer Xabi Alonso bei der Generalprobe vor dem Pflichtspielstart auf den Rasen brachte. Die entscheidende Frage lautet: War Bayer 04 wirklich so gut, oder war West Ham so schwach? Wie immer liegt die Wahrheit in der Mitte. Und so sollte das Spiel dann auch intern eingeordnet werden.
Schließlich hatten die Leverkusener nur drei Tage zuvor bei Olympique Marseille einen deutlich intensiveren Test gegen eine aggressive Mannschaft zu bestreiten. Zwar endete der mit einem 2:1-Erfolg ebenfalls erfolgreich, doch im Stade Velodrome war die Werkself - in anderer Besetzung - keineswegs so spielbestimmend wie am Samstag. Im Gegenteil, die größeren Spielanteile und besseren Chancen hatten die Gastgeber, Bayer 04 war einfach durch Standardsituationen effektiver.
Wohltuend realistisch waren daher dann auch die Aussagen von Sport-Geschäftsführer Simon Rolfes und Führungsspieler Jonas Hofmann nach der Partie gegen den englischen Conference-League-Siger. Das Motto: Euphorie bei den Fans ist angebracht, Euphorie in der Mannschaft ist deplatziert. Gut so, schließlich wäre Leverkusen nicht das erste Team, das nach erfolgreichen Testspielen dem Übermut verfällt und in den Pflichtspielen dann das böse Erwachen erlebt. Da braucht es nicht mal den Blick auf andere Vereine, die eigene Vergangenheit aus der Vorsaison mit dem Pokal-Aus in Elversberg reicht aus.
Standortbestimmung gegen RB Leipzig
Deshalb sollte die Aufgabe am kommenden Samstag gegen Regionalligist Ottensen am Hamburger Millerntor mit einer gewissen Portion Demut angegangen und professionell abgearbeitet werden. Erst wenn diese Pflichtaufgabe erfüllt wurde, kann sich die Mannschaft der ersten echten Standortbestimmung beim Bundesliga-Heimauftakt gegen Leipzig widmen. Danach wird klarer sein, wie groß die Zukunft dieser Mannschaft wirklich werden kann.