KommentarGerardo Seoane ist gescheitert, doch er ist nicht der Alleinschuldige
Porto/Leverkusen – Gerardo Seoane ist bei Bayer 04 gescheitert. Als Trainer ist er für das miserable Abschneiden der Werkself im Herbst 2022 hauptverantwortlich – aber keinesfalls der Alleinschuldige. Jede Ebene im Klub hat ihren Teil zur Notlage beigetragen. Doch ist es das Schicksal eines Fußballtrainers, das schwächste Glied der Verantwortungskette zu sein.
Leverkusens sportliche Situation spiegelt mittlerweile ziemlich exakt das wider, wozu Bayer 04 in seiner aktuellen Konstellation im Stande ist. Der Faktor des fehlenden Spielglückes spielt keine Rolle mehr. Ein wenig emotionaler Trainer gibt bei einer Gruppe Hochtalentierter den Projektleiter. Doch fehlt diesem Konstrukt fast alles, was eine funktionierende Fußballmannschaft auszeichnet: Zusammenhalt, Emotionen auf dem Platz und zuverlässige Führungsspieler. Ohnehin beanspruchen diese Rolle nur wenige Profis für sich – keiner erfüllt sie derzeit mit Leistung und Leben.
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Während Anführer fehlen, gibt es dank einer verkorksten Sommer-Transferperiode Mitläufer und Aussortierte im Überfluss: Nadiem Amiri und Timothy Fosu-Mensah kamen in Porto zum Einsatz. Daley Sinkgraven wurde nicht für die Champions League nominiert, Paulinho nicht in den Kader berufen – dafür zwei Ersatzkeeper. Weil die Alternativen fehlen, können sich formschwache Profis wie Lukas Hradecky, Callum Hudson-Odoi, Patrik Schick oder Mitchel Bakker sicher sein, dass sie leistungsunabhängig zu regelmäßigen Einsätzen kommen. Die Rückkehr von Florian Wirtz wird sehnlichst erwartet – doch ist ein Comeback in diesem Jahr keinesfalls gewiss. Und auch der 19-Jährige ist kein Allheilmittel.
Xabi Alonso als schillernde Lösung
Aufgrund der individuellen Qualitäten der Profis wäre es wohl auch ohne tiefgreifende Veränderungen immer wieder vorgekommen, dass Bayer 04 Spiele gewinnt und dabei gut ausschaut. Womöglich bereits am Samstag gegen Schalke. Doch wäre der nächste Kollaps immer nur eine misslungene Szene auf dem Rasen entfernt – wie dem verschossenen Elfmeter von Schick in Porto.
Unter Xabi Alonso soll es nun bergauf gehen. Eine Mammutaufgabe. Der Spanier, einer der größten Mittelfeldspieler aller Zeiten, hat als Trainer keine Erstliga-Erfahrung. Er ist eine schillernde, mutige Lösung von Fernando Carro und Simon Rolfes. Aber auch eine riskante. Sollte der Versuch misslingen, werden die Hauptverantwortlichen in der Leverkusener Geschäftsführung zu finden sein.