Gelsenkirchen – Als sich die Schalker Profis nach der kurzen Weihnachtspause am Sonntagmorgen bei Wind und Regen auf dem Vereinsgelände versammelten, fehlte Christian Gross noch. Am Nachmittag bestätigte der Klub dann endlich die seit Tagen öffentlich diskutierte Personalie: Der Schweizer Routinier übernimmt das Himmelfahrtskommando und soll als vierter Trainer in dieser so verkorksten Saison den drohenden Abstieg noch verhindern.
„Ich will den Ehrgeiz der Spieler in jeder Sekunde spüren. Wir brauchen in und um die Mannschaft herum eine positive Grundhaltung, um wieder erfolgreich zu sein. Ich werde alles dafür geben, damit wir unser Ziel gemeinsam erreichen werden“, sagte Gross, der einen Vertrag bis zum Saisonende erhält und noch am Sonntag eine erste „interne“ Einheit leitete.
Darum entschied sich Schalke 04 für Christian Gross
Für Sportvorstand Jochen Schneider war die Erfahrung des 66-Jährigen ein Hauptgrund für dessen Verpflichtung. „Es geht in den nächsten fünf Monaten ausschließlich darum, den Klassenerhalt in der Bundesliga zu schaffen“, sagte er: „Christian Gross wird die Mannschaft mit klarer Linie und einer unmissverständlichen Erwartungshaltung auf den richtigen Weg bringen.“ Davon sei er überzeugt.
Gross, der seine Laufbahn im Sommer eigentlich für beendet erklärt hatte, ist zugleich die letzte Patrone von Schneider, der längst selbst im Sturm der Kritik steht. Die schlechte Zusammenstellung der Mannschaft, die kaum Tore schießt, aber viele kassiert und seit 29 Spielen in der Liga nicht gewonnen hat, hat der 50-Jährige zu verantworten. Auch bei seinen Entscheidungen auf der Trainerposition lag Schneider daneben.
Christian Gross gilt als „harter Hund“
Nach dem zweiten Spieltag musste David Wagner gehen, der von Schneider präferierte Nachfolger Manuel Baum scheiterte kläglich – und Huub Stevens sprang ohnehin nur interimsmäßig für die letzten beiden Pflichtspiele des Jahres ein und hat ein Weitermachen ausgeschlossen.
Gross gilt als „harter Hund“, ein Arbeiter, der dem Team die im Abstiegskampf so dringenden Tugenden wie Kampf, Leidenschaft und Emotionen bringen soll. In Deutschland hat er 2009 und 2010 den VfB Stuttgart trainiert, es folgten Stationen in der Schweiz, Saudi-Arabien und Ägypten.
Eigentlich hätte Gross bereits vor den Feiertagen vorgestellt werden sollen. Schneiders Vorschlag war vom Aufsichtsrat grundsätzlich abgesegnet worden. Dennoch zog sich die Verkündung der Personalie länger hin. Wohl auch, weil sich die Verantwortlichen bewusst waren, welche Tragweite diese Entscheidung hat. Liegen sie nochmals falsch, wäre der Schaden womöglich nicht mehr zu reparieren – und der Abstieg unausweichlich.
Abstieg aus der Bundesliga wäre für Schalke 04 fatal
Ein solcher könnte für den finanziell schwer angeschlagenen Klub schlimme Folgen haben, schon jetzt schleppt Schalke etwa 200 Millionen Euro Schulden mit sich. Der Absturz in die 2. Liga würde Schalke schwer treffen – und womöglich in der Existenz bedrohen.
Die ersten 13 Saisonspiele, in denen S04 nur vier Punkte geholt und dafür 36 Gegentore kassiert hat, boten allerdings kaum Anlass für Hoffnung. Die nächsten Gegner heißen Hertha BSC (2. Januar) und TSG Hoffenheim (9. Januar). Gelingt auch dort kein Sieg, hätte S04 die historische Marke von Tasmania Berlin erreicht.
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Dass Schalke tatsächlich bald in einem Atemzug mit dem schlechtesten Team der Ligageschichte genannt wird, soll Gross unbedingt verhindern. Viel Zeit zum Ankommen hat er nicht: Bis zu seinem ersten Pflichtspiel sind es nur sechs Tage.
Am Sonntag konnte sich Gross bereits ein erstes Bild machen. Bei starken Windböen und Regen versammelte sich das Team für den obligatorischen Corona-Test und eine erste interne Trainingseinheit. Dass der Deutsche Wetterdienst eine amtliche Warnung vor Sturmböen für die Region Gelsenkirchen herausgegeben hatte, passte ins triste Bild, das Schalke 04 in diesen Tagen abgibt. (sid)