Rund um das Länderspiel am Samstag gegen die Türkei hatte die Polizei viel zu tun. Kritik gibt es an den Pfiffen gegen Deutschland.
Krawalle, Pyrotechnik92 Festnahmen rund um DFB-Länderspiel gegen Türkei – Politiker verurteilen Pfiffe
Rund um das Länderspiel der deutschen Fußball-Nationalmannschaft gegen die Türkei am Samstagabend (18. November) in Berlin (2:3) ist es zu Ausschreitungen gekommen. Wie die Polizei am Sonntag mitteilte, wurden 92 Personen festgenommen und 71 Strafermittlungsverfahren eingeleitet. Zudem wurden mehrere Personen verletzt, darunter zwei Einsatzkräfte der Polizei.
Beim „Fanmarsch“ der Türkei-Anhänger am Nachmittag auf dem Theodor-Heuss-Platz in Charlottenburg-Wilmersdorf kam es zu einem Flaschenwurf auf Einsatzkräfte. Beim Marsch in Richtung Preußenallee mit rund 1900 Personen wurde mehrfach Pyrotechnik gezündet. Zudem wurde der Gruß der rechtsextremistischen Bewegung „Graue Wölfe“ gezeigt, so die Polizei. Bei der Ankunft des Marsches am Olympischen Platz nahmen dann 5000 Menschen teil.
Länderspiel gegen Türkei: Strafverfahren wegen Kennzeichen verfassungswidriger und terroristischer Organisationen
Ein Polizist wurde mit der Faust ins Gesicht geschlagen, als er einen Pkw anhielt, aus dem heraus eine Fahne geschwungen wurde. Der mutmaßliche Täter wurde festgenommen, was zeitweise zu einem empörten Menschenauflauf führte. Die Einsatzkräfte sprachen daraufhin Platzverweise aus.
Im Stadion wurde erneut Pyrotechnik gezündet und es kam es zu vereinzelten körperlichen Auseinandersetzungen zwischen Fans. Mehrere Personen wurden festgenommen. Ein deutscher Fan zeigte einen Hitlergruß, auch er wurde festgenommen. Weil die Lage ab 22 Uhr im Stadion zunehmend aggressiv wurde, musste die Polizei verstärkt einschreiten.
Die 71 Strafermittlungsverfahren wurden eingeleitet unter anderem wegen des Verdachts der gefährlichen Körperverletzung, des Verstoßes gegen das Vereinsgesetz, des Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger und terroristischer Organisationen, des schweren Landfriedensbruches, des tätlichen Angriffes auf und des Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte und des Verdachts der Gefangenenbefreiung.
Länderspiel: FDP und CDU verurteilen Pfiffe der türkischen Fans
Nach dem Spiel wurde von vielen die „Auswärtsatmosphäre“ für die deutsche Mannschaft im Olympiastadion kritisiert, da die Anhänger der türkischen Elf nicht mit Pfiffen und Buhrufen sparten. Während RTL-Kommentator Marco Hagemann und Experte Steffen Freund das Thema bewusst auszusparen schienen, um die Atmosphäre nicht noch mehr anzuheizen, war dies für viele in der späteren Berichterstattung ein Thema.
Auch Stimmen aus der Politik wurden laut. „Es muss uns alle schmerzen, wenn in Deutschland geborene oder aufgewachsene Menschen bei einem Länderspiel in Deutschland die deutsche Nationalmannschaft auspfeifen“, sagte FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai der „Bild“-Zeitung. Hier zeigten sich „die Versäumnisse und Defizite in der Integrationspolitik“, so der FDP-Politiker.
Auch aus der CDU kam Kritik, die sich aber stärker als bei der FDP an die Menschen mit Migrationshintergrund selber richtete und aggressiver ausfiel. Gregor Golland, CDU-Innenexperte im NRW-Landtag, sagte der „Bild“: „Sie sind freiwillig hier und dennoch nicht bereit, sich zu integrieren!“ Golland nutzte die Pfiffe für eine Rundum-Kritik an der Migrationspolitik.„Migrationsanreize“ müssten endlich gekürzt werden, verlangte er. Kenntnisse darüber, wieviele von den Fans der türkischen Mannschaft deutsche Staatsbürger sind oder auch wie lange sie sich schon in Deutschland befinden, gibt es allerdings nicht.
BVB: Hans-Joachim Watzke hat Mitgefühl mit Ilkay Gündogan
Mitgefühl mit dem früheren Dortmunder Profi İlkay Gündoğan, der ein paar Pfiffe mehr ertragen musste als seine Mitspieler, zeigte BVB-Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke: „Das finde ich absolut nicht in Ordnung und dafür fehlt mir jegliches Verständnis, weil es einfach intolerant ist“, sagte der 64-Jährige der „Bild“.
Kapitän Gündogan ist türkischstämmig, wurde aber in Gelsenkirchen geboren und besitzt die deutsche Staatsbürgerschaft. Derzeit spielt er beim FC Barcelona. Er pflegt enge Verbindungen in die Heimatstadt seiner Eltern und unterstützt dort karitative Projekte. (cme, mit dpa)