Am Samstag empfängt der SC Fortuna zum Regionalliga-Auftakt den SV Rödinghausen. Präsident Hanns-Jörg Westendorf und Geschäftsführer Niklas Müller im Interview
Fortuna Köln vor Saisonstart„Die Hoffnung ist, dass einer durch die Decke geht“
Herr Westendorf, Herr Müller, Fortuna Köln startet am Samstag mit einem Heimspiel gegen Rödinghausen in die neue Regionalliga-Saison. Wie ist ihr Gefühl?
Hanns-Jörg Westendorf: Mein Gefühl ist gut. Wir haben uns kompakt präsentiert, auch gegen Leipzig. Wir haben keines der Testspiele verloren. Unsere beste Leistung haben wir sicherlich beim Blitzturnier in Monheim gezeigt. Die Abwehr erwies sich ebenfalls als stabil. Der Eindruck aus der Vorbereitung ist daher positiv. Die Neuzugänge haben sich gut präsentiert, angefangen von Seymour Fünger bis Hendrik Mittelstädt, auch Max Fischer und Robin Afamefuna. Das hat mir gut gefallen, es hat eine gewisse Erwartungshaltung geweckt. Wir konnten einige Stammspieler halten. Und die bisherigen Neuzugänge haben das Potenzial, Stammspieler zu werden. Ich sehe uns nicht schlechter aufgestellt als in der letzten Saison.
Niklas Müller: Das stimmt. In der Breite des Kaders ist es weniger geworden, aber in der Spitze haben wir alle gehalten.
Wie ist das Zusammenspiel zwischen Mannschaft und Trainer Matthias Mink?
Westendorf: Die vergangene Saison haben wir leider etwas austrudeln lassen, insbesondere mit der Pokalniederlage gegen den 1. FC Düren. Da herrschte eine gewisse Unruhe. Ich habe aber den Eindruck, dass die Stimmung in der Mannschaft nach den Testspielen und einem Teamevent sehr gut ist.
Müller: Es ist eine junge Truppe. Was man raushören kann, ist, dass sich die jungen Spieler noch wohler fühlen, wenn die anderen Spieler auch jünger sind. Das kann zu einem sehr guten Zusammenhalt führen. Spieler wie Dominik Ernst, der die Rolle als ältester Spieler sehr gut annimmt oder Arnold Budimbu, der trotz eines Alters von 29 schon der Drittälteste ist, kommen sehr gut an. Und generell hat die Mannschaft aus meiner Sicht einen sehr positiven Charakter.
Wie steht es um die wirtschaftliche Lage der Vereine in der Regionalliga West?
Westendorf: Die Liga ist insgesamt wirtschaftlich unter Druck geraten, das sieht man anhand der Aussagen in Oberhausen oder Wuppertal, wo weniger Geld zur Verfügung steht. Auch wir mussten den Etat zurückdrehen. Jetzt ist der MSV Duisburg als Absteiger hinzugekommen, der ganz sicher über andere Mittel verfügt.
In der vergangenen Saison ist Alemannia Aachen aufgestiegen, davor Preußen Münster und Rot-Weiss Essen. Drei Großklubs sind also weg – ist das die Chance für Fortuna Köln im Aufstiegsrennen?
Westendorf: Ich sehe uns schon in einer guten Position, aber keineswegs als Meisterschaftsfavorit. Vieles hängt vom Saisonstart ab. Ich würde mir wünschen, wenn wir gut aus den Startlöchern kommen, dass wir es nicht so herschenken wie in der letzten Saison.
Müller: Unser Saisonstart ist anspruchsvoll. Erst Rödinghausen zuhause, dann Bocholt auswärts. Danach wissen wir, wo wir stehen.
Wo siedelt sich Fortuna Köln etatmäßig in der Regionalliga West ein?
Westendorf: Wir sind irgendwo im Mittelfeld. Es gibt sicher Vereine, die weniger Geld als wir haben, insbesondere die Aufsteiger. Es kommt ja noch immer hinzu: Wir konzentrieren unsere Gelder nicht nur auf die erste Mannschaft, sondern natürlich auch auf den Jugendbereich. Die zweite Mannschaft hat uns in den letzten Jahren weitergeholfen. Wir haben Spieler hochgezogen, die dauerhaft Spielpraxis bekommen haben. Beispielsweise haben wir Younes Derbali in die erste Mannschaft integriert, der sich prompt zum Stammspieler entwickelt hat. Das muss Sinn und Zweck der Nachwuchsarbeit sein. Und die Hoffnung ist natürlich da, dass einer durch die Decke geht.
Fortunas Fokus liegt weiter auf der Nachwuchsarbeit?
Westendorf: Ja, definitiv! Dies sieht man auch in der Kaderzusammenstellung. Die Breite, die wir eben haben müssen, haben wir durch die Jugendspieler bekommen, die wir hochgezogen haben. Nehmen wir noch Finn Bauens und Younes Derbali hinzu, sind es neun Spieler, die aus der Fortuna-Jugend stammen.
Zur Person: Niklas Müller (28) begann 2018 als Praktikant beim SC Fortuna Köln und arbeitete sich über verschiedene Positionen hoch bis zum Geschäftsführer der Spielbetriebs-GmbH. Dieses Amt bekleidet Müller seit dem 1. Januar 2024.
Wie beeinflusst der wirtschaftliche Druck den Umgang mit den Sponsoren?
Westendorf: Wir merken in Gesprächen, dass sich die schlechte wirtschaftliche Gesamtstimmung in Deutschland in der Zahlungsbereitschaft der Sponsoren widerspiegelt. Manche Sponsoren können sich Zahlungen vielleicht noch erlauben, sagen aber, Sie müssen trotzdem sparen. Andere können sich das nicht mehr erlauben. Die Sponsoren sind noch immer unser Rückgrat, aber es wird immer schwieriger diese zu motivieren. Das hat jedoch nichts mit der Ligazugehörigkeit zu tun, sondern mit der schlechten Grundstimmung in Deutschland.
Müller: Seit gut anderthalb Jahren gehen wir den Weg, dass Sponsoren nicht zur Fortuna gehen, um ein Gegengeschäft zu generieren, sondern um eine emotionale Verbindung zu kreieren, sodass man auch Fan wird. Auch wenn Fortuna sportlich vielleicht nicht immer gut performt, so sollte das Gefühl des Fan-Seins bleiben. Natürlich herrscht dabei das Risiko, wenn Fortuna mal nicht gute Leistungen zeigt, dass diejenigen, die eben nicht so eine Verbindung spüren, sagen: „Für was bezahle ich hier?“ Da ist uns ein Fortschritt gelungen, sodass vielen Partnern zunächst einmal egal ist, in welcher Liga wir spielen, auch weil wir ein regionaler Betrieb sind, ganz nach dem Motto: „Ich möchte das Projekt Fortuna unterstützen“.
Zur Person: Hanns-Jörg Westendorf (59) ist seit 2009 im Vorstand des SC Fortuna Köln, zunächst als Vize-Präsident. Nach dem Tod von Klaus Ulonska wurde der Unternehmer im März 2015 zum Vorsitzenden des Südstadt-Klubs gewählt.
Der Zuschauerschnitt im Südstadion ist in den vergangenen Jahren gewachsen.
Westendorf: Als wir 2014 in die Dritte Liga aufgestiegen sind, hatten wir einen Schnitt von etwa 1100 Zuschauern, als Meister. Letzte Saison hatten wir in etwa 2600. Das macht eine ganz andere Kulisse, die Stimmung ist besser geworden. Und das sehen auch die Leute. Wir werden diese Saison inklusive der VIP-Tickets 700 Dauerkarten verkaufen – die Preise haben wir nicht erhöht.
Müller: Wenn wir uns die Maßstäbe des Erfolges anschauen, sprich Zuschauer, Merchandise oder die Verkaufszahlen der Dauerkarten: Das ist alles sehr stark gewachsen. Wir hatten letzte Saison das anvisierte Ziel im Merchandising-Umsatz schon am 26. Dezember erreicht, also sechs Monate vor Saisonende. Das zeigt, dass Fortuna an Beliebtheit gewinnt, auch auf Social-Media-Plattformen. Wir haben jetzt schon die Anzahl der Hin- und Rückrunden-Dauerkarten aus der letzten Saison erreicht.
Herr Westendorf, wo sehen Sie den SC Fortuna in drei Jahren?
Westendorf: Am Ende ist der SC Fortuna Köln von der Definition und vom Selbstverständnis kein Verein, der sich in der Regionalliga sieht. Natürlich wollen wir aus der Vierten Liga raus. Wir dürfen aber nicht so vermessen sein, dass wir mit dem Etat, den wir jetzt liefern können, die Meisterschaft anpeilen. Da muss schon viel zusammenkommen. Das heißt, man darf keine Übermannschaften haben: Letzte Saison war es Alemannia Aachen, deren Etat so weit weg von unseren war. Davor hatte man Münster und davor Essen. Das waren immer drei Vereine, gegen die man keine Chance hatte. Diese Saison haben wir den MSV Duisburg. Unser Anspruch muss es mittelfristig sein, aus dieser Liga herauszukommen.