Beim 1:1 zwischen Schottland und der Schweiz in Müngersdorf war das Spiel intensiv und die Stimmung grandios.
Deutschland reicht Remis für GruppensiegDenkwürdige Stimmung in Köln bei Schotten-Remis gegen die Schweiz
Als am Mittwochabend in Müngersdorf der Schlusspfiff ertönte, applaudierten vor allem die schottischen Fans ihrer Mannschaft lautstark und feuerten sie immer wieder mit „Scotland-Rufen“ an. Zwar waren die Bravehearts gegen die Schweiz nicht über ein 1:1 hinausgekommen, doch immerhin hatte sich das Team mit einer kampfstarken Vorstellung für die ganze schwache Leistung zum EM-Auftakt beim 1:5 gegen Deutschland rehabilitiert. Sollten die Schotten am kommenden Sonntag gegen die bisher punktlosen Ungarn gewinnen, dürfen sie sogar noch vom Einzug ins Achtelfinale träumen. Denn auch die vier besten Drittplatzierten kommen weiter. Die Schweiz ließ zwar Punkte, ist dafür aufgrund der deutlich besseren Tordifferenz wohl nur noch theoretisch von Platz zwei zu verdrängen und steht mit mehr als einem Bein bereits im Achtelfinale.
Klar ist damit: Die deutsche Mannschaft, die zuvor Ungarn bezwang (2:0), reicht am Sonntag (21 Uhr) zum Abschluss gegen die Schweiz ein Unentschieden zum Gruppensieg.
So etwas hatte Köln sicherlich noch nie erlebt: Schon seit Tagen sind die Fans der „Tartan Army“, wie die schottische Mannschaft wegen der Stoffmuster ihrer Kilts genannt wird, nicht mehr aus dem Stadtbild wegzudenken. In den vergangenen Tagen kamen dann Zehntausende Bravehearts in Köln an, feierten frenetisch, freudig, stimmgewaltig und durstig in der Altstadt, aber auch in den Veedeln der Stadt. Dazu gesellten sich auch noch einige Tausende Schweizer, die schon ihr erstes Spiel gegen Ungarn (3:1) in Köln ausgetragen hatten. Ein friedliches Fußballfest im Herzen von Europa.
Köln: Gänsehaut-Stimmung bei der schottischen Hymne
Am Spieltag wurde das Spektakel noch einmal getoppt, bei der friedlichen Kilt-Invasion vor Dom verzauberten die Schotten dann regelrecht die Stadt, ein optischer Hingucker war auch ihr Fanmarsch, der am Technologiepark startete. Ihr Sangesrepertoire kann sicherlich auch schon so mancher FC-Fans textsicher mitsingen: „Scotland’s on fire, your defence ist terrified’”, „No Scotland, no party! Steve Clarkes Tartan Army”. Vor dem Anpfiff im Stadion intonierten dann die Anhänger eine der schönsten Nationalhymnen der Welt, „Flower of Scotland“, so inbrünstig, dass das Rhein-Energie-Stadion in seinen Grundfesten bebte und Stadion-Chef Lutz Wingerath vielleicht kurz um die 20 Jahre alte Bausubstanz fürchtete. Eine denkwürdige Gänsehautstimmung in Müngersdorf.
Wie wäre es erst, wenn die Bravehearts auch noch richtig gut kicken könnten? Beim 1:5 zum Auftakt gegen Deutschland hatte das schottische Team schließlich nicht einen einzigen eigenen Torschuss, dafür aber ein äußerst dürftiges Bild abgegeben.
Doch gegen die Schweiz, die beim 3:1 gegen Ungarn in Köln noch überzeugt hatte, ging die nur auf zwei Positionen veränderte Elf der Schotten mit der ersten Chance doch tatsächlich in Führung. Das Stadion erlebte eine weitere Eruption, und den schottischen Anhängern und auch der Mannschaft war es reichlich egal, dass wieder ein Spieler des Gegners der Torschütze war. Nach einem Konter über Andrew Robertson und Callum McGregor hatte Scott McTominay sofort abgezogen. Den eigentlich zu zentralen Schuss fälschte Fabian Schär unglücklich ins eigene Tor ab. Torhüter Yann Sommer war machtlos (13.).
Schottland geht früh in Führung, doch die Freude währt nur kurz
Doch die schottische Freude währte nicht lange. Und den Ausgleich in der 26. Minute hatte sich das Team selbst zuzuschreiben. Nach einem ohnehin schon unzureichenden Spielaufbau leistete sich dann Anthony Ralston einen haarsträubenden Fehlpass in den Lauf von Xherdan Shaqiri. Der Ex-Bayern-Profi, neu für Kwadwo Duah in die Startelf gekommen, fackelte nicht lang und jagte den Ball aus rund 20 Metern in den linken Winkel. Ein Traumtor, das auch die durchaus zahlreiche Schweizer Fangemeinde lautstark jubeln ließ.
Die spielerisch besseren Eidgenossen waren fortan am Drücker, einen Schuss von Dan Ndoye parierte Angus Gunn stark (33.). Eine Minute später zappelte der Ball im Netz, doch Ndoye stand vor seinem Treffer knapp im Abseits. Nun intensivierten die Schotten wieder ihre Offensivbemühungen. Es entwickelte sich ein munteres, intensives Spiel, allerdings keines auf sonderlich hohem Niveau. Was in erster Linie aber an der Schweiz lag, die ihre Form aus dem Ungarn-Spiel bis dato nicht konservieren konnte.
Doch die Schotten waren aufgrund des Zwischenstands natürlich unter Zugzwang, sie durften zumindest nicht verlieren. Nach dem Wechsel brachten beide Mannschaften im Offensivspiel erst einmal wenig zusammen. Bis zur 58. Minute, da hatte die Schweiz die dicke Chance zur Führung. Nach einem Zuspiel von Vargas stand Ndoye nach gewonnenem Zweikampf gegen Tierney frei vor Gunn, doch der Stürmer zielte knapp am Tor vorbei. Die Schweiz schnupperte an der Führung, die Schottland kurz darauf um ein Haar gelungen wäre. Nach einem Freistoß stieg Grant Hanley hoch und köpfte den Ball an den linken Pfosten (67.), im Anschluss können die Schweizer vereint in höchster Not klären. Das war sie, die große schottische Chance zur Führung. Der Abnutzungskampf zwischen beiden Mannschaften ging weiter, Schottland war nun alles rein.
Schweiz jubelt zu früh und hat danach erneut den Siegtreffer vor Augen
Doch in der 82. Minute jubelten die Schweizer – allerdings zu früh. Der eingewechselte Breel Emobolo, der bereits gegen Ungarn getroffen hatte, stand nach einem Steckpass frei vor Keeper Gunn und lupfte den Ball ins Tor. Doch der Treffer zählte nicht, der Ex-Gladbacher stand beim Zuspiel knapp im Abseits. In der 90. Minute verpasste zudem der soeben eingewechselte Zeki Amdouni den Siegtreffer knapp, der Stürmer köpfte ganz knapp am Tor vorbei. Da auch die schottischen Bemühungen nichts mehr einbrachten, blieb es beim Unentschieden.