Kommentar zum deutschen GruppensiegNagelsmanns Elf bleibt eine unfertige, doch sie lernt dazu

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Julian Nagelsmann erlebte an der Seitenlinie einen stressigen Abend, doch letztlich entging seiner Mannschaft der ersten Turnierniederlage.

Julian Nagelsmann erlebte an der Seitenlinie einen stressigen Abend, doch letztlich entging seiner Mannschaft der ersten Turnierniederlage.

Die deutsche Nationalmannschaft stellte gegen die Schweiz ihrer bislang größten Herausforderung bei der EM. Und bestand sie trotz Schwierigkeiten. 

Noch immer ist Julian Nagelsmann vergleichsweise neu im Amt; ist seine Mannschaft eine eilig zusammengestellte. Vollendet ist sie auch nach drei Turnierspielen noch nicht, das zeigte sich am Sonntagabend beim 1:1 gegen die Schweiz. Zwar ist der deutsche EM-Kader eine Gruppe voller erfahrener Spieler. Doch wenn es darum geht, im Wettkampf zu improvisieren und auf Widerstände zu reagieren, offenbaren sich die Problemstellen eines noch unfertigen Konstrukts. Eines Konstrukts allerdings, dem man beim Zusammenwachsen zuschauen kann.

Gegen einen auch individuell starken Gegner, der die Deutschen gut analysiert und kluge Maßnahmen ergriffen hatte, musste Nagelsmanns Elf ihre Evolution unter großem Druck fortsetzen. Um eine nächste Stufe zu erreichen, von der aus sie aussichtsreich in das starten kann, was nun ansteht: K.o.-Fußball auf dem Niveau einer Europameisterschaft, deren Gastgeber man ist. Das Turnier beginnt nun mit jedem Spiel neu. 

Nicht alles war schlecht am so schwer erkämpften Unentschieden gegen die Schweizer, bei weitem nicht. Die deutsche Mannschaft präsentierte sich willensstark und schwierig zu schlagen, das wird ein Faktor sein, wenn nach dem nächsten Spiel weitere folgen sollen.

Nagelsmanns Bank kann ein Spiel verändern

Nagelsmann vergewisserte sich in Frankfurt zudem erneut, dass er Spieler auf der Bank hat, mit denen er nicht nur personell, sondern auch taktisch Einfluss nehmen kann. Dass er in der Schlussphase die Formation veränderte und durch zwei eingewechselte Akteure in der Lage war, den Ausgleich zu erzwingen, dürfte den Coach zufrieden gestimmt haben.

Weniger wird ihn freuen, dass seine Innenverteidigung im dritten EM-Spiel nicht nur erneut anfällig war. Er wird sie zum Achtelfinale nach Tahs Sperre auch umstellen müssen. Eine derart tiefgreifende Veränderung in einem K.o.-Spiel hätte der Bundestrainer nicht freiwillig riskiert. Für Nico Schlotterbeck wird sich nun die Möglichkeit auftun, seine Klasse auch in der Nationalelf unter Beweis zu stellen.

Das Publikum jedenfalls goutierte den Auftritt der deutschen Mannschaft, die dem Gegner in allen relevanten Werten überlegen war. Ballbesitz, Passquote, Torabschlüsse. Zwar garantiert Dominanz im Fußball keine Ergebnisse. Doch ist die deutsche Elf eine lernende. Noch allerdings fällt es ihr schwerer als gedacht, Ergebnisse zu produzieren. Im K.o.-Fußball bleibt jedoch stets die Möglichkeit der Verlängerung. Wenn eine Partie 120 statt 90 Minuten dauert, wächst die Wahrscheinlichkeit, dass das bessere Team gewinnt. Sogar im Fußball.

Sechs Tage liegen nun zwischen dem Abschluss der Vorrunde und dem Achtelfinale in Dortmund. Zeit, um Kräfte zu sammeln, Blessuren zu pflegen. Und weitere Entwicklungsschritte einzuleiten.

Damit es bei diesem Turnier auch über das Achtelfinale hinaus Gelegenheiten gibt, die nächste Evolutionsstufe zu erreichen.

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