„Equal Pay“ beim DFBBeim Geld hört die Gleichheit auf
Frankfurt – Noch immer steht im Hause von Martina Voss-Tecklenburg in Straelen nahe der deutsch-niederländischen Grenzen das berühmte Kaffeeservice, das einst nach dem ersten Titel bei einer Frauen-Europameisterschaft 1989 an die siegestrunkenen deutschen Spielerinnen ausgereicht wurde. Die Bundestrainerin benutzt es bis heute regelmäßig – Porzellan ist zwar nicht zeitlos, aber eben beständig. Gerne betont die 54-Jährige in diesem Zusammenhang, dass damals niemand auf die Idee gekommen wäre, sich dereinst bei den Funktionären des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) zu beschweren, weil es sich um eine „symbolhafte Geste“ gehandelt habe. Und: „Wir waren Amateure, der DFB durfte uns damals gar kein Geld zahlen.“
Seit jenem legendären Finale in Osnabrück an der ausverkauften Bremer Brücke hat Deutschland noch sieben weitere Male dieses Frauen-Turnier gewonnen. Irgendwann gab es auch Bares. Inzwischen lobt der Verband für die EM in England (6. bis 31. Juli) die Rekordsumme von 60 000 Euro beim Titelgewinn aus – deutlich mehr als bei der EM vor fünf Jahren in den Niederlanden (37 500 Euro). Der Finaleinzug brächte diesmal 30 000 Euro, das Halbfinale 20 000 Euro. Immer noch bleibt die Diskrepanz zu den Männern gewaltig: Die hätten im Vorjahr für einen EM-Triumph in Wembley, wo nun auch das Frauen-Endspiel steigt, 400 000 Euro kassiert. DFB-Präsident Bernd Neuendorf hat zuletzt ausdrücklich betont, dass die deutschen Frauen dieselben Bedingungen wie die Männer vorfinden – das geht bei einem annähernd großen Team hinter dem Team los und mit demselben Camp am Stammsitz des DFB-Ausrüsters weiter, doch bei der Entlohnung hört die Gleichberechtigung derzeit auf.
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Andere Verbände trauen sich mehr: Nach Norwegen und England hatten auch Spanien und die Niederlande angekündigt, gleiche Prämien an Männer wie an Frauen zu bezahlen. Zuletzt stellte der Schweizer Fußball-Verband (SFV) ein abgestuftes Modell vor, bei dem bis 2024 Gleichheit bei den „partnerbezogenen Erfolgsprämien“ herrscht. Und weil die Schweiz auch der Gegner für den einzigen Härtetest des achtfachen Europameisters in Erfurt (Freitag, 17 Uhr/ZDF) sein wird, schwappt die Equal-Pay-Debatte automatisch ins Trainingslager nach Herzogenaurach.
Voss-Tecklenburg ist eine facettenreiche Betrachtung wichtig, die sich nicht in ein Schlagwort fassen lässt. „Man kann darüber nachdenken, irgendwann die Prämien für die Nationalmannschaften der Männer, der Frauen und die U21 anzugleichen, weil diese drei Teams vorneweg marschieren. Aber es ist nicht möglich, dass die Frauen für einen Titel 400 000 Euro bekommen. Das kann sich kein Verband in Europa leisten, solange der Männer-Fußball die Sportart Nummer eins ist, die alles andere überstrahlt“, so die Bundestrainerin. Irgendwann, sagt sie, seien Fifa und Uefa gefordert, ein Prämiensystem zu schaffen, dass für alle gleich ist. Positiv findet Bundestrainerin, „dass Frauen und Männer auch in unserem Verband immer mehr zusammenwachsen“.
331 Millionen Euro für Männer-EM, 16 Millionen für die Frauen-EM
DFB-Direktor Oliver Bierhoff verweist auf die unterschiedlichen Erlösströme, die einer Prämienangleichung entgegenstünden. Die Uefa verteilt bei einer Männer-EM rund 331 Millionen Euro, bei den Frauen sind es nur 16 Millionen – die Dachorganisation in Nyon, so heißt es, erwirtschaftet mit diesem Turnier keinen Cent Gewinn. Beim DFB bietet sich ein ähnliches Bild: Die Männer-Nationalmannschaft hat in 2020 laut Finanzbericht durch Spielbetrieb und Vermarktung ein Plus von mehr als 40 Millionen Euro reingeholt, während bei den Frauen ein Minus von 1,5 Millionen Euro zu Buche schlug. Sponsoren und Medien pumpen Millionensummen in den Männerfußball, für den Frauenfußball bleiben die Brosamen.
Sara Däbritz sieht ein „tolles Zeichen“
Bierhoff hat außerdem festgestellt, dass die Erwartungshaltung für eine Angleichung in den Verhandlungen mit den Spielerinnen „gar nicht da gewesen“ sei. Diskutiert die Öffentlichkeit also mit mehr Verve als die Protagonisten selbst? Sara Däbritz aus dem Mannschaftsrat wirkte bei der Pressekonferenz am Mittwoch jedenfalls ziemlich entspannt. Die jüngsten Entwicklungen in anderen Verbänden seien „ein tolles Zeichen“, sagte die 27-Jährige. Aber: Nicht überall wo Equal Pay draufsteht, sei auch Equal Pay drin. „Man muss das differenziert sehen, weil die Verbände das jeweils anders handhaben. Wir sind mit unserer Prämie zufrieden, sie ist auf einem höheren Niveau als vor vier Jahren. Wir stehen aber auch in der Verantwortung, wollen ein gutes Turnier spielen und die Menschen begeistern.“