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Kölner Schiedsrichter streikenViele Spiele fallen aus – FVM reagiert verärgert

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Die Kölner Schiedsrichter streiken.

Köln – Gewalt auf Fußballplätzen ist ein häufig diskutiertes Thema. Fast jeder Amateurfußballer in Köln hat von Übergriffen auf Schiedsrichter, Handgreiflichkeiten oder Prügeleien gehört oder war schon einmal selbst in einen solchen Vorfall involviert. Sehr häufig ist der Leidtragende der Schiedsrichter, gegen den sich Wut, Emotionen und Gewalt einzelner Spieler oder Zuschauer richten. Trauriger Tiefpunkt in diesem Zusammenhang war eine Jagdszene vor zwei Wochen bei einem Spiel in der Kölner Kreisliga D 1 zwischen Gastgeber Blau-Weiss Köln V und Germania Ossendorf. Nach dem Abpfiff beschimpften Spieler der Gastmannschaft den Schiedsrichter massiv und jagten ihn anschließend über den Platz. Der Unparteiische wurde verletzt. Ein Zuschauer hatte das Szenario mit dem Handy gefilmt.

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Dies war der berühmte Tropfen, der das Fass zum Überlaufen brachte. Die Entscheidung des Schiedsrichter-Ausschusses des Fußballkreises Köln, an diesem Sonntag im Kreisgebiet keine Unparteiischen zu den Spielen der Herren von der Kreisliga A bis runter in die Kreisliga D zu entsenden, kann man in diesem Zusammenhang als einen Weckruf, wenn nicht sogar als Hilferuf interpretieren. Vor einigen Wochen hatten die Schiedsrichter in Berlin zu einem ähnlichen Streik aufgerufen, diesen allerdings im Vorfeld angekündigt. In Köln wurden die Schiedsrichter erst kurz vor den Partien informiert. Die Verantwortlichen wollten den Überraschungseffekt offensichtlich als medialen Multiplikator für ihre Aktion nutzen. Wohlwissend, dass sie sich damit nicht nur Freunde machen würden. „Wir haben uns mit der Aktion im Gegensatz zu den Kollegen in Berlin mit Absicht lange bedeckt gehalten“, sagt Kai Köhler, Vorsitzender des Kreis-Schiedsrichterausschusses. „Hätten wir es früher angekündigt, wäre der Spieltag vermutlich einfach abgesagt und irgendwann unter der Woche nachgeholt worden.“

So leicht aber wollten die Schiedsrichter die Mannschaften nicht davonkommen lassen. „In den Kreisligen B bis D muss auch gespielt werden, wenn kein Schiedsrichter erscheint“, erklärt Köhler. „Es muss in diesem Fall jemand von einem der beiden Vereine die Partie leiten. Passiert das nicht, wird das Spiel für beide Mannschaften als verloren gewertet.“

Gestörtes Vertrauensverhältnis zum FVM

Beim Fußball-Verband-Mittelrhein (FVM) rief der Streik keine Begeisterungsstürme hervor. „Bei allem Verständnis für die Aktion, hat uns die Art und Weise der Kommunikation natürlich nicht gefallen“, sagte der Kreisvorsitzende Werner Jung-Stadié. Die Tatsache, dass die Verantwortlichen derart von der Aktion überrascht wurden, zeigt auch, dass das Vertrauensverhältnis zwischen Schiedsrichtern und FVM nicht ungetrübt zu sein scheint.

Oft hört man in diesem Zusammenhang den Vorwurf, die Täter kämen mit viel zu milden Strafen davon. „Es gab auch schon einige drakonische Strafen, aber wir müssen uns dabei auch an Vorschriften halten. Aber niemand versucht, diese Vorfälle wegzudiskutieren oder kleinzureden. Doch es gibt eben kein Allheilmittel oder Patentrezept, dafür ist das Thema zu komplex“, sagt Jung-Stadié.

Der Fußball steckt in einem Dilemma

Ob es in den vergangenen Jahren eine Häufung der Angriffe gegenüber Schiedsrichtern gab, lässt sich nicht zweifelsfrei beweisen. Vermutlich werden die Übergriffe heutzutage besser dokumentiert als früher. Wie bei allen Statistiken bereitet aber die Dunkelziffer Grund zur Sorge. Denn wie oft werden Schiedsrichter aus Angst und Scham die Vorfälle gar nicht erst zur Anklage gebracht haben?

Alle Verantwortlichen wissen um die Problematik. Ihre Präventionsversuche haben allerdings nicht immer genug Chancen gegen das aggressive Verhalten einzelner oder mehrerer Chaoten, die verbal oder mit Fäusten ihren Neigungen nachgeben. Da steckt der Volkssport Nummer eins in einem Dilemma, das der Verband lösen muss, zumal er sich nach eigenen Angaben große Mühe gibt. „Es sind kleine Mosaik-Steinchen, die wir in Angriff nehmen. Allen ist klar, dass im Vorfeld etwas in puncto Deeskalation passieren muss“, sagt Jung-Stadié.