Erneut ist die gesellschaftliche Empörung über Rassismus-Vorfälle im Fußball groß – zurecht. Der DFB muss mehr tun, als Hashtags zu nutzen.
Rassismus gegen U21-SpielerDer DFB muss seine Spieler schützen und unterstützen
Rassismus hat es immer gegeben und wird es immer geben. Dennoch ist die Empörung über die rassistischen Beleidigungen gegen die U21-Nationalspieler Youssoufa Moukoko und Jessic Ngankam nach dem verkorksten EM-Auftakt gegen Israel groß – zurecht. Auch Ex-FC-Talent und U21-Kapitän Yann Aurel Bisseck wurde beschimpft.
Denn es ist jedes Mal erschreckend, wenn Menschen ihren Hass entblößen, egal ob im Internet oder im Stadion. Sie reduzieren die betroffenen Personen auf ein nichts aussagendes äußerliches Merkmal, grenzen sie aus und entmenschlichen sie.
Rassismus-Fall erinnert an ähnliche Situationen
Totenköpfe, Affen-Emojis und übelste Beschimpfungen: Nach dem Spiel sagte der erst 18-jährige Moukoko, dass er sich nicht das erste Mal mit derartigen Instagram-Kommentaren auseinandersetzen muss: „Aber dieses Mal hat es mir wehgetan. Langsam reicht es, so langsam müssen wir ein Zeichen dagegensetzen.“ Aber wie?
Erst vor wenigen Tagen erlebte Benjamin Henrichs nach dem DFB-Pokalsieg Ähnliches: Statt einen der größten Erfolge seiner Karriere zu feiern, machte er zum wiederholten Mal in dieser Saison Anfeindungen öffentlich, die Instagram-Nutzer privat an ihn geschrieben hatten.
Der Fall der U21-Talente erinnert auch stark an das EM-Finale 2021, als die englischen Nationalspieler Jaden Sancho, Bukayo Saka und Marcus Rashford im Elfmeterschießen verschossen. Auch sie mussten sich gegen Hassbotschaften wehren.
Dagegen halten, anstatt sich zurückzuziehen
Social-Media-Plattformen schenken Rassisten einen direkten Draht zu Spielern, um ihren Hass ungefiltert loszuwerden. Anstatt damit auf ihren Plattformen aufzuräumen, verabreden sich die Chefs von Meta und Twitter lieber zu einem Ringkampf.
Staatliche Versuche, die Unternehmen der Multimilliardäre gesetzlich zu regulieren, scheiterten bisher kläglich. Also besser, man zieht sich selbst aus den Kommentarspalten zurück? Nein, denn damit überlässt man sie denen, die dort am wenigsten zu suchen haben.
Zivilcourage im Stadion und im Internet
Unter Beiträgen der DFB-Junioren halten zahlreiche Nutzer dagegen und stellen sich hinter die Betroffenen. Eine Zivilcourage, die vielen im Netz leichter fällt, als in der Straßenbahn zum Stadion und auf den Zuschauerrängen.
Auch dort sind Betroffene auf die Unterstützung der vernünftigen Gesellschaft angewiesen. Und wenn es Rassismus immer geben wird, dann ist es letztendlich genau das, was jetzt noch bleibt: Schutz gegen Rassismus bieten.
Rechtsschutz muss der Fokus sein
Zum Beispiel kann der DFB Menschen damit beauftragen, Spielern zu erklären, wie sie sich rechtlich gegen Hassnachrichten wehren können. Denn auch wenn die Rassismus-Vorfälle im Fußball nicht weniger werden, machen Spieler die Anfeindungen nicht nur immer häufiger sichtbar. Die genannten Beispiele zeigen auch, dass es rechtliche Lösungen gibt. Henrichs erstattete diverse Anzeigen und erhielt zumindest von einem Absender eine Entschuldigung. Die britische Polizei nahm nach dem EM-Finale 2021 elf Verdächtige vorübergehend fest.
Keine Frage: Dabei kann es nicht bleiben. Auch der Rechtsstaat muss mehr Lösungen bieten, um Rassisten zur Rechenschaft zu ziehen. In einem Deutschland, in dem die AfD aktuell die zweitbeliebteste Partei ist, ist das unabdinglich. Im Fußball ist aber der DFB gefragt.
Ist man Rassismus ausgesetzt, dann fühlt man sich zunächst einsam und weiß nicht, wie man sie wehren kann. Hier muss der DFB jetzt ansetzen. Anstatt weitere Plattitüden als Hashtags zu verscherbeln oder nichts aussagende Image-Videos ins Leben zu rufen, sollten der DFB, aber auch die Uefa und die Fifa, konkrete Schutzmechanismen verankern, um ihre Spielerinnen und Spieler in Fällen von Rassismus zu unterstützen.