Nationalelf-KommentarHansi Flick gibt uns eine Ahnung davon, was Joachim Löw wegwarf
Köln – Die Fußball-Nationalmannschaft hat ihre erste Etappe unter Hansi Flick unfallfrei zurückgelegt. Das Ergebnis ist nur mittelbar an den Siegen über die Außenseiter Liechtenstein, Armenien und Island mit insgesamt 12:0 Toren ablesbar, für die es nicht zwingend neue Idee und kein neues Miteinander benötigt hätte.
Das prinzipiell wichtige Ergebnis lautet: Die Lähmung der letzten Jahre unter Joachim Löw ist abgelegt. Fußball wird als Spiel begriffen, das Spaß machen soll und kann. Dafür werden die besten Profis berufen, auf die richtigen Positionen gestellt und mit einem Plan ausgerüstet, der ihre Klasse auf dem Platz sichtbar macht. Das ist das auf Anhieb Neue an Hansi Flick: Er übt den Job als Bundestrainer einer der führenden Fußball-Nationen der Welt mit seinem Team zeitgemäß aus. Anders als sein Vorgänger Joachim Löw, der spätestens seit 2016 zur Weltmeister-Mumie erstarrt war, sich fünf Jahre lang mitsamt der alternden Mannschaft keinen Millimeter vorwärts bewegt hat und bei allen Turnieren seitdem frühzeitig gescheitert ist.
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Die Qualifikation für die Dezember-WM 2022 in Katar ist dank Flick vier Spiele vor Ende der Runde sozusagen unvermeidbar. Vier weitere Siege im Stil der ersten drei sind zu erwarten, sie würden die entscheidende Frage aber nicht beantworten: Ist Deutschland wirklich zurück auf dem Weg zu alter Klasse und ein ernsthafter Anwärter auf den Titel in der Wüste?
Bislang existieren nur Indizien: Deutschland hat eine seltene Mischung aus Erfahrung und Talent, das sich allerdings nicht gleichmäßig auf alle Positionen verteilt. Es existiert auch in der Liga eine große Bereitschaft, dem Bundestrainer mit seinen Ideen auf dem Weg in die Moderne zu folgen. Hansi Flick erreicht die Mannschaft, mit deren Bayern-Kern er die Welt des Klubfußballs im Sturm erobert hatte, auf direktem Weg. Vieles wirkt frisch und unbelastet.
Die Schattenseite dieser erfreulichen Entwicklung ist eine Ahnung davon, was in den letzten Jahren weggeworfen wurde, weil keiner dazu in der Lage war, die Ära Löw zur rechten Zeit mit Würde zu beenden. Aber das hätte ja Stärke erfordert in einem Verband, der so schwach ist, dass er sich nun an den erhofften Aufschwung seiner Nationalmannschaft klammern muss.