Seit Jahren ist Andreij Kramaric das Gesicht der TSG Hoffenheim. Wie lange er allerdings noch Lust auf den Klub hat, ist nach einem denkwürdigen Interview fraglich.
„Fühle große Scheiße im Klub“TSG-Star Kramaric rechnet in beispiellosem Interview mit eigenem Verein ab
Dieses Interview wird die TSG Hoffenheim noch lange beschäftigen: Als Andrej Kramaric nach der 0:5-Niederlage am Mittwochabend beim FC Bayern München zum Interview mit dem Sender ESPN schritt, war klar, dass seine Laune nicht die beste sein dürfte. Was dann aber folgte, dürfte selbst der Reporter nicht geahnt haben.
Archie Rhind-Tutt nämlich wollte eigentlich über das Spiel sprechen und fragte den Star-Stürmer, der bereits seit knapp einer Dekade für die TSG erfolgreich auf Torejagd geht, was heute schiefgelaufen sei. Doch Kramaric wollte sich nicht mit Details aus der Partie aufhalten und setzte zu einer Wutrede an, wie man sie in einer Zeit, in der Medienschulungen für Fußball-Profis längst Standard sind, selten sieht.
Denkwürdiges Interview: Andrej Kramaric rechnet mit Saison von TSG Hoffenheim ab
„Ich will mit Ihnen überhaupt nicht über das Spiel sprechen“, stellte der Kroate klar. Stattdessen holte er gleich zum Rundumschlag aus. „Es war für mich sowas von klar, dass genau das hier passieren wird. Es war ein Abbild der gesamten Saison. Ich werde kein Blatt vor den Mund nehmen: Das ist eine ganz große Scheiß-Saison.“
In der Form derbe kam die Aussage grundsätzlich nicht überraschend. Schließlich steht der Bundesligist nach der Niederlage gegen den Rekordmeister mit nur 14 Punkten aus 17 Spielen auf dem Relegationsplatz. Doch Kramaric störte offenbar nicht nur die fehlende Punkteausbeute, sondern die Gesamtentwicklung im Klub.
Kramaric über TSG Hoffenheim: „In diesem Verein funktioniert nichts mehr“
Er sei in seiner Aussage dabei noch zurückhaltend, fügte der 33-Jährige an, „denn wenn ich die Wahrheit über den Verein und die aktuelle Situation sagen würde, müsste ich wahrscheinlich die höchste Strafe in der Geschichte der Bundesliga zahlen“, so Kramaric nun am Mikrofon von ESPN. Von Zurückhaltung war in der Folge allerdings wenig zu sehen.
„In diesem Verein funktioniert nichts mehr, seitdem sich bei uns was geändert hat“, sagte Kramaric, der damit wohl auf die personellen Veränderungen in der Führungsebene anspielte. Vor Beginn der Saison hatte sich die TSG Hoffenheim überraschend von ihrem langjährigen Geschäftsführer Sport, Alexander Rosen, getrennt. Dass die Trennung mitten in der Vorbereitung vollzogen wurde, hatte bei Beobachtern für Irritationen gesorgt. Begleitet wurden die Veränderungen von massiven Protesten der Fans.
Andrej Kramaric hat offenbar wenig Verständnis für jüngste Personalentscheidungen im Klub
Wie Kramaric im Gespräch andeutete, hatte auch er offenbar wenig Verständnis für die Personalentscheidung, gleiches gilt möglicherweise auch für den im November 2024 vollzogenen Trainerwechsel von Pellegrino Matarazzo zu Christian Ilzer.
„Wir haben so viel Geld investiert, für absolut nichts. Das ist der Grund, warum ich nicht über das Spiel reden will, sondern über unsere Situation. Die ist brandgefährlich. Wir können mit einem richtig guten Kader absteigen, weil einfach nichts passiert, seit diesen Veränderungen.“
Es bestehe die Gefahr, dass der Verein absteige, sagte Kramaric. Die in ihrer Form beispiellose Kritik ist auch deswegen so bemerkenswert, weil der 102-fache kroatische Nationalspieler, der seit 2016 in Hoffenheim spielt, zu den größten Identifikationsfiguren im Klub gehört. In 308 Pflichtspielen hat er 138 Tore geschossen und zudem 58 Vorlagen beigesteuert. Kaum ein Spieler im Kader ist länger im Verein als Kramaric.
„Wir gehen durch eine sehr, sehr schwierige Phase. Zum ersten Mal in meiner Karriere fühle ich mich so, weil ich eine große Scheiße in diesem Klub fühle. Wenn niemand das ändert, werde ich versuchen, das zu ändern. Wenn ich wirklich rede, werden mir alle zuhören“, kündigte der 33-Jährige im denkwürdigen Interview an.
Der Verein hat sich bislang noch nicht öffentlich zur Kritik seines Profis geäußert. Ob dieser eine Strafe zu erwarten hat, ist nicht bekannt.