Im Spiel um Platz drei erwies sich Schweden beim 34:31-Sieg als zu stark. Nächstes Ziel ist die Olympia-Qualifikation.
Handball-EMDeutsches Team verpasst nach Aufholjagd Bronze
Kurzer Abschied von Bundestrainer Alfred Gislason, der oben auf dem Podium sitzen bleibt, um in der Pressekonferenz noch ein bisschen was über seine Mannschaft zu erzählen. Fragen an Glenn Solberg, seinen schwedischen Kollegen, gibt es nicht mehr. Solberg wird verabschiedet, findet das aber komisch: „Ist es in Ordnung für dich, wenn ich gehe, Alfred?“ Antwort: „Na klar, ab zu deinen Jungs und genieße es.“
Dass es nun ein paar Flaschen Bier zu leeren gebe in der schwedischen Kabine, verneinte Solberg noch grinsend, die Schweden gönnten sich stattdessen nach ihrem 34:31 (18:12)-Erfolg gegen die Deutschen im Spiel um Platz drei der EM ein anderes Getränk: „Gin Tonic“, präzisierte Solberg. Kamerabilder aus der schwedischen Kabine zeigten dann aber doch eine klare Tendenz zum Kölsch. Wie auch immer : Wer ein am Ende doch noch einmal enges Spiel gewinnt, braucht sich um die Stimmung bei den anschließenden Feierlichkeiten ohnehin keine Sorgen machen, egal mit welcher flüssigen Unterstützung.
Dem deutschen Team fehlt die Erfahrung
Es war nun allerdings nicht so, dass Gislason besonders traurig aussah nach der dritten Niederlage seines Teams in Folge. Er betrachtete das Spiel am Sonntag aus der Vogelperspektive, und sah von dort vor allem die Perspektive seiner jungen Auswahl: „Wir haben uns auf den steinigen Weg gemacht, diese Mannschaft umzubauen. Das ist nun geschehen, und es sieht sehr, sehr gut aus, was wir machen. Was meiner jungen Mannschaft jetzt noch fehlt, ist die Erfahrung.“
Davon gab es in diesem Turnier reichlich mitzunehmen für seine Spieler. Sie wissen nun vor allem, dass sie immer mal wieder erhebliche Fehlerbilder in den Abschlüssen aufweisen, dass sie bisweilen zu schnell aufs Tor werfen, und die nötige Ruhe beim Spielaufbau vermissen lassen. Das passierte dieser Mannschaft gleich drei Mal in diesem Turnier: Beim 22:22 gegen Österreich sowie beim bedeutungslosen 24:30 gegen Kroatien jeweils in der Hauptrunde und am Sonntag im Spiel um Platz drei gegen das Weltklasseteam aus Schweden mit ihrem überragenden Torhüter Andreas Palicka. Er kam auf 19 Paraden bei 42 Würfen.
Vor allem in der ersten Hälfte fand das deutsche Team nicht zu sicheren Toren. Die Partie begann ohnehin sehr wild,. Es dauerte ein paar Fehlversuche auf beiden Seiten, ehe die Schweden in der dritten Minute in Führung gingen, die Deutschland aber kontern konnte zur einzigen Führung dieses Spiels: 2:1 in der vierten Minute nach Toren von Timo Kastening und Renars Uscins, dem U21-Weltmeister vom TSV Hannover-Burgdorf.
Immer wieder bekam Schwedens Torhüter-Ikone Palicka (37) einen Arm oder ein Bein an Würfe der Deutschen, die zunehmend verzweifelten. Gislason zählte allein in der ersten Hälfte „16 Fehlwürfe, dazu vier technische Fehler, das ist Selbstmord gegen Schweden, weil du dann Tempogegenstöße bekommst, die sie eiskalt ausnutzen.“ Sieben Mal kam es dazu in Durchgang eins, die Folge davon war, dass sich die Schweden bis zur Halbzeit vorentscheidend auf 18:12 absetzen konnten. Es stand gar nicht gut um dieses junge Team, das zudem Gislasons Tipp nicht annahm, Palicka mit möglichst hohen Würfen zu überwinden.
Sehr viel besser, abschlussstärker und auch noch intensiver in der Abwehrarbeit trat das deutsche Team dann in der zweiten Hälfte auf. Der sensible Spielmacher Juri Knorr, der nach gut 14 Minuten der ersten Hälfte bereits die Platte verließ, kam nun mit neuem Selbstvertrauen zurück ins Spiel, seine Pässe kamen an und es gelangen ihm in schneller Folge drei Tore. Aber es war neben einer starken Defensive vor allem Renars Uscins, 21 Jahre jung, der nun aufblühte, das deutsche Spiel an sich riss und ein Tor nach dem anderen warf. Acht Treffer gelangen dem sprungstarken jungen Mann am Ende, klarer Bestwert bei den Deutschen. „Ich denke, dass ich gute Impulse ins Spiel gebracht habe. Es ist toll, dass ich in wichtigen Spielen so viel Spielzeit bekommen habe. Davon werde ich in der Zukunft profitieren .“ Auch Gislason lobte seinen Mann aus dem rechten Rückraum, er sei nicht nur ein riesiges Talent, sondern sogar „ein sehr riesiges Talent.“
In der 54. Minute schien es, als könne Deutschland, faszinierend unterstützt von der spektakulären Kulisse der mit 19 750 Zuschauern ausverkauften Kölner Lanxess-Arena doch noch einmal für eine Wende in diesem bereits verloren geglaubten Spiel sorgen. Uscins traf zum 29:30 aus deutscher Sicht, die Schweden konterten sofort, 29:31 durch Hampus Wanne, doch es blieb dabei: Palicka parierte glänzend. Letztlich wuchs der Vorsprung der Schweden bis zur Schlusssirene wieder auf drei Tore an.
Jetzt geht es um die Olympia-Qualifikation
Bei einem Sieg hätte sich das DHB-Team direkt für die Olympischen Spiele in Paris qualifiziert. Nach der Niederlage muss es zwischen dem 14. und 17. März in ein Qualifikationsturnier gegen Algerien, Österreich und Kroatien. Für die beiden bestplatzierten Teams ist dann der Weg nach Paris frei.
Eine kleine Unstimmigkeit gab es noch vor dem Spiel. Kölns Oberbürgermeisterin Henriette Reker wollte die deutsche Mannschaft bei einem Medaillengewinn im Rathaus empfangen. Die deutschen Spieler jedoch nahmen diese Einladung nicht an, sie seien laut Kapitän Johannes Golla noch nicht am Ende ihres Weges, weshalb sich eine solche Ehrung nicht richtig angefühlt hätte. Außerdem sei die Erschöpfung groß. Am Ende gab es ohnehin keine diplomatischen Verwicklungen mehr, denn das deutsche Team verpasste durch die Niederlage im Bronze-Spiel eine Medaille.