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Handball-EMWie Österreichs Torhüter Möstl die Deutschen entnervte

Lesezeit 3 Minuten
Überragend gehalten, große Freude über immer neue Paraden: Österreichs Torhüter Constantin Möstl.

Überragend gehalten, große Freude über immer neue Paraden: Österreichs Torhüter Constantin Möstl.

Der 23-jährige Torhüter zeigt beim 22:22 in Köln gegen die Deutschen das Spiel seines Lebens - 17 Paraden inklusive eines Siebenmeters.

Juri Knorr, der Spielmacher der Deutschen, erzählt gerade viel über das groteske Misslingen der eigenen Angriffe, als er sieht, neben wem er gerade steht. Und hat gleich auch die Begründung für das skurrile Vergeben der eigenen Chancen: „Lag an ihm hier“, sagt Knorr nach dem 22:22 gegen Österreich, und zeigt auf Constantin Möstl, Rückennummer 98 auf dem grellgelben Trikot, 23 Jahre jung, lockiger Schopf. Knorr spricht Möstl an: „Mega Leistung. Überragendes Spiel.“ Umarmung. Abklatschen. Weiterreden.

Möstl hatte zuvor auf der blauen Platte der Kölner Lanxess-Arena das Spiel seines Lebens absolviert. Denn das Versagen der Einen lässt sich ja umgekehrt auch mit dem bravourösen Auftritt des anderen erklären. Und der war nun wahrlich extrem außergewöhnlich. 32 Fehlwürfe hatten die Deutschen nach dem Spiel in ihrer Statistik stehen, 17 davon inklusive eines Siebenmeters, parierte Möstl, ein Gesandter des Alpla HC Hard aus Vorarlberg, ganz im Westen Österreichs gelegen, direkt am Bodensee.

Vor den Pfosten geknallt - und weiter überragend gehalten

Nach 28 Minuten und 45 Sekunden sprintete Möstl nach einem Überzahlspiel seines Teams von der Bank kommend zurück in sein Tor, um einen Wurf des deutschen Kapitäns Johannes Golla auf sein verwaistes Gehäuse doch noch abzuwehren. Es misslang, Tor für Deutschland, 11:12, aber Möstl knallte gegen den hinteren Pfosten, zuerst mit dem Ellenbogen. Das sah schlimm aus, doch dieser fabelhafte Torhüter, Adrenalingetränkt, setzte das Spiel fort und hielt danach einfach weiter überragend. Hinterher sagte er: „Nun ja, der Ellbogen ist angeschwollen, tut halt scheiß-weh, aber was willst du machen? Muss ja weitergehen.“

Wenn du einmal im Kopf der Gegenspieler bist, werfen sie genau das, was sie immer werfen.
Constantin Möstl

Zu Beginn, erzählt er, habe er Schwierigkeiten gehabt, ins Spiel zu kommen, „da war ich nicht ganz da, da war ich ein bisschen aufgewühlt vor dieser Kulisse von fast 20 000 Zuschauern, das kenne ich ja nicht.“ In seine Heimspielstätte, der „Sporthalle am See“, passen 2500 Menschen, also in etwa zehn Prozent dessen, was am Samstagabend in der Kölner Arena an Menschen versammelt war. Aber mit jedem abgewehrten Ball „bin ich mehr und mehr ins Spiel gekommen“. 90 Prozent seiner abgewehrten Bälle habe er gemäß der Wurfbilder der Deutschen abgewehrt, auf die ihn sein Torwarttrainer Nikola Marinovic eingestellt hatte: „Da war ich extrem gut vorbereitet. Und wenn du einmal im Kopf der Gegenspieler bist, werfen sie genau das, was sie immer werfen. So ist es auch gekommen“, sagt Möstl.

Nach der Partie bekam Möstl sofort ein Lob von Andreas Wolff, Deutschlands ebenfalls überragender Nummer eins (14 Paraden): „Andi Wolff hat mir gesagt, dass ich gut gehalten habe.“ Wolff lobte sogar noch deutlich offensiver: „Möstl hat seine fantastische Turnierform erneut unter Beweis gestellt. Er hat uns zur Verzweiflung gebracht und seinem Team völlig verdient einen Punkt gesichert.“ Dabei spielte Möstl mit einem seltsamen Schuh-Konstrukt voller silbernem Tape über der schwarzen Oberfläche auf beiden Exemplaren. „Sie sind kaputt“, sagte er dazu: „ich musste sie zusammenkleben, weil ich keine Ersatzschuhe dabei habe. Die habe ich leider daheim vergessen. Gute Vorbereitung, nicht wahr.“ Jetzt schmunzelt Möstl.

Solche Leistungen wie seine am Samstag bleiben bei einer derart großen Handball-Messe selbstredend nicht unentdeckt, der TBV Lemgo soll sich dem Vernehmen nach sehr für diesen Torhüter interessieren, der noch zwei Jahre Vertrag in Hard besitzt: „Ich würde mich sehr freuen, wenn ich in der Bundesliga spielen dürfte, das ist schon ein Traum von mir. “ Jetzt aber lasse er Gedanken an einen neuen Verein nicht zu, am Montag steht ja gegen die sportlichen Riesen aus Frankreich auch schon das nächste schwere Spiel an bei dieser EM, bei der der große Außenseiter Österreich immer noch ungeschlagen ist. „Wenn wir gegen die auch noch einen Punkt holen, spielen die Handball-Götter verrückt.“ Endgültig ließe sich noch ergänzen.