KEC-Trainer Krupp„Im Vordergrund steht, dass Eishockey die Krise überlebt“
- Uwe Krupp, Trainer der Kölner Haie, spricht im Interview über die Auswirkungen der Corona-Krise auf seinen Sport.
- Er hofft, dass die neue DEL-Saison Mitte September beginnen kann.
- Bis dahin ist Krupp mit der Planung des KEC-Kaders beschäftigt.
Köln – Herr Krupp, Ende März haben Sie Stürmer James Sheppard von den Eisbären Berlin für die Kölner Haie verpflichtet. Wie kam der Transfer zustande?
Unmittelbar, nachdem ich am Rosenmontag nach Köln gekommen bin, war es ein Thema. Er war auf dem Markt, wir wussten, dass sein Vertrag in Berlin ausläuft. Die Gespräche haben sofort begonnen, und als die Saison für uns vorbei war, waren wir in der Lage, den Sheppi für uns zu verpflichten. Was mich sehr freut.
Hat es geholfen, dass Sie den Spieler aus Ihrer Zeit als Trainer der Eisbären Berlin kannten?
Es ist immer ein Vorteil, wenn du Leute unter Vertrag nehmen kannst, die du kennst, mit denen du schon gearbeitet hast. Das ist in der Regel verlässlicher als jegliches Scouting.
Was ist mit dem Augsburger Center Drew LeBlanc, der schon in Köln unterschrieben hat, aber von den Panthern nicht als Abgang geführt wird?
Ich möchte dazu eigentlich keinen Kommentar abgeben.
Zur Person
Uwe Krupp (55), geboren in Köln, ist seit Februar 2020 Trainer der Haie und hat einen Vertrag bis 2022. Schon von 2011 bis 2014 hatte Krupp den KEC gecoacht, wurde dabei zweimal Vizemeister. Der frühere Verteidiger absolvierte 810 NHL-Einsätze, gewann 1996 mit Colorado als erster Deutscher den Stanley Cup, 2002 holte Krupp den Titel mit Detroit. Mit Köln zweimal Deutscher Meister (1984 und 1986). (ksta)
Der Markt ist nun durch die Coronavirus-Krise lahmgelegt?
Ja, es ist in gewisser Hinsicht eine interessante Situation. Die Marktführer Mannheim und München sagen, dass sie ihre Verhandlungen beschränken und alles eindämmen. Das ist nachvollziehbar, aber ein Faktor ist sicher, dass sie den Großteil ihrer Mannschaften unter Vertrag haben. Bei denen gibt es sowieso wenig Bewegung. Aber es gibt andere Mannschaften, darunter die Kölner Haie, die noch einige Positionen besetzen wollen und abwarten, bis sich die Lage stabilisiert.
So lange, bis man weiß, ob und wie es weitergeht in der DEL?
Wir halten Kontakt zu den Spielern, die auf dem Markt und für uns interessant sind. Von den Spielerberatern bekommt man Informationen, falls es konkrete Angebote geben sollte. Wenn ein Konkurrent bereit ist, einen Spieler unter Vertrag zu nehmen, den wir im Auge haben – dann muss man eine Entscheidung treffen. Bis dahin ist alles in der Warteschleife.
Wer wird der neue Haie-Torwart?
Wir sind in Kontakt mit ein paar Torhütern. Es gibt Gespräche, aber auch hier heißt es, mit Seriosität in der jetzigen Lage zu agieren. Und vieles kann sich ändern, je nachdem, wie sich der Markt entwickelt.
Großveranstaltungen sind in Deutschland bis Ende August verboten, die Saison soll am 18. September starten. Glauben Sie, dass es funktioniert?
Es wird meiner Meinung nach darauf ankommen, wie die Zeit bis Ende August verläuft. Wenn die Lockerungen nicht zu einer neuen Infektionswelle führen und die Lage in den Krankenhäusern sich nicht zuspitzt, dann kann man, glaube ich, der Sache positiv entgegen schauen. Wichtig wird sein, dass die Maßnahmen zur Virusbekämpfung greifen, die Tendenz positiv ist und das Gefühl aufkommt, dass wir auf dem richtigen Weg sind. Dann können auch wir Entscheidungen treffen.
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In Berlin sind Veranstaltungen mit mehr als 5000 Besuchern bis zum 24. Oktober untersagt. Könnten Sie sich vorstellen, dass in der DEL mit begrenzter Zuschauerzahl gespielt wird?
Das ist eine Frage, die am Ende die Ökonomen der Liga beantworten müssen. Aus sportlicher Sicht steht im Vordergrund, dass wir spielen, dass es überhaupt eine Saison gibt, dass Eishockey vor Zuschauern als fester Bestandteil unserer Kultur diese Krise überleben kann und weiterhin in Deutschland existiert. Für mich ist die Frage viel größer und bezieht sich nicht nur auf Eishockey, sondern auf das gesamte Sport- und Kulturgut in unserer Gesellschaft. Im Moment tappen wir im Dunkeln. Niemand weiß genau, wie die Infektionszahlen nächste Woche aussehen, aber es werden langfristige Entscheidungen getroffen, die auf gefühlt täglich neuproduzierten Faktoren basieren. Ich bin kein Virologe, und meine Familie hält sich auch diszipliniert an die Regeln, aber der Entschluss des Berliner Senats, Großveranstaltungen für die nächsten sechs Monate abzusagen erscheint mir überhastet. Wir reden von Schritt-für-Schritt-Maßnahmen, die im besten Interesse unserer Gesellschaft mit einer gewissen Flexibilität in beide Richtungen getroffen werden sollten. Meiner Meinung nach hat Berlin sich die Sache leicht gemacht. Bleibt alle schön zu Hause, und wir sprechen wieder in sechs Monaten.
Wie nehmen Sie die Stimmung in der DEL wahr? Gibt es viel Panik und Existenzangst?
Auf der Eishockey-Ebene beschäftigen wir uns alle mit den gleichen sportlichen Problemen: Wie kann die Vorbereitung laufen? Werden Testspiele gegen ausländische Mannschaften möglich sein? Können sie nach Köln kommen – oder wird unser Vorbereitungsturnier im August, der Köln-Cup, eine rein deutsche Angelegenheit? Ich hätte gern eine finnische oder russische Mannschaft, aber das ist im Moment sehr schwierig. Niemand will sich festlegen auf zusätzliche Reisekosten.
Es ist nicht einmal sicher, ob die nordamerikanischen DEL-Spieler Ende Juli nach Deutschland einreisen können.
Ja, das könnte eine Baustelle sein, aber noch relevanter ist die Problematik des geregelten Trainings in dieser Zeit. Eine normale Sommervorbereitung unserer Spieler ist unter den Corona-Beschränkungen momentan nirgendwo gegeben. Wir halten Kontakt mit ihnen und sie kriegen von mir in regelmäßigen Abständen Informationen über die Situation und unsere Planungen. Wichtig ist, nicht den Glauben zu verlieren, dass wir im Herbst eine Saison starten.
Gesucht wird auch noch ein neuer Sportdirektor für den KEC, wie sieht es da aus?
Ich denke, das Thema reiht sich etwas weiter hinten ein. Für alle sportlichen Entscheidungen, die wir momentan treffen, hat sich im Verein ein Kompetenzteam gebildet. Wir haben ausreichend Personal mit viel Eishockey-Erfahrung in unserem Hockey Department, und wir sind in der Lage die Aufgaben, die sich stellen, ausgiebig zu diskutieren und gute Entscheidungen zu treffen.
Im Moment kommen Sie also gut ohne Sportdirektor aus?
Wie gesagt, wir sind gut aufgestellt und arbeiten eng zusammen. Alle sportlichen Aspekte werden durch gute Zusammenarbeit mehrerer kompetenter Personen abgedeckt. Mit ein bisschen Abstand in den letzten Jahren kann ich behaupten, dass die Kölner Haie eine gute Organisation sind.